Revision: 13 Verhandlungstage angesetzt
Spektakulärer Fall um AfA-Mitarbeiter: Prozess wird in Bad Kreuznach neu aufgerollt
Hammer auf Richterbank
Symbolbild
U. Deck/Archiv. dpa

2018 war der Fall am Schöffengericht Idar-Oberstein populär, jetzt wird in Bad Kreuznach erneut verhandelt. Es geht um einen früheren Dolmetscher und Mitarbeiter der AfA in Birkenfeld, der Flüchtlinge betrogen haben soll.

Es war einer der spektakulärsten Fälle, der jemals am Schöffengericht Idar-Oberstein verhandelt wurde: 19 Verhandlungstage gab es zwischen August und Dezember 2018, gut 60 Zeugen wurden gehört. Die Anklageschrift beinhaltete 72 Punkte. Und das Urteil, das Richter Johannes Pfeifer fällte, war eindeutig: Er sah es gemeinsam mit seinen Schöffen als erwiesen an, dass ein früherer Dolmetscher und Mitarbeiter der AfA in Birkenfeld Flüchtlinge betrogen hat – und das in 57 Fällen.

Das Urteil: Zwei Jahre und neun Monate Haft für den 41 Jahre alten Idar-Obersteiner Familienvater, der aus dem Libanon stammt. Verteidiger Oliver Conradt, der einen Freispruch gefordert hatte, ließ direkt nach der Urteilsverkündung durchblicken, dass er eine Berufung anstrebt, bei der der gesamte Prozess noch einmal neu aufgerollt würde. Nun wird der Sachverhalt am Bad Kreuznacher Landgericht vor der dritten Strafkammer verhandelt. Los geht es am Dienstag, 21. Januar, 9.30 Uhr. 13 Fortsetzungstermine sind geplant.

Der Prozess bot 2018 einige Überraschungen und Wendungen: Unter anderem hatte sich der Angeklagte am 18. Verhandlungstag als V-Mann des LKA Mainz ausgegeben. Der LKA-Mann bestätigte, dass der Angeklagte tatsächlich als V-Mann tätig war. Wann und in welchem Umfang? Darauf gab der LKA-Mann damals im Zeugenstand in Idar-Oberstein keine Antwort.

Immer wieder hatte der Angeklagte betont, dass er die ihm vorgeworfenen 72 Betrugsfälle nicht, wie in der Anklageschrift dargelegt, begangen habe. Er soll unter anderem Asylunterkünfte aufgesucht haben – mit der nicht den Tatsachen entsprechenden Behauptung, Mitarbeiter der ADD, Anwalt oder ähnliches zu sein. Er habe Einfluss auf die Anhörungstermine beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), hatte er offenbar angegeben. Gegen Zahlung eines Entgelts – zwischen 100 und 500 Euro je nach Personenzahl – könne er alle Vorgänge beschleunigen. Der Angeklagte soll durch dieses Vorgehen rund 8695 Euro kassiert und die Summe zur Finanzierung seiner Spielleidenschaft verwendet haben.

Die Bad Kreuznacher Staatsanwältin Patricia Richter hatte in ihrem Schlusswort am Schöffengericht herausgearbeitet, dass sie den Vorwurf des Betrugs klar bestätigt sehe. Als „haarsträubend und jede Rechtsstaatlichkeit ad absurdum führend“ hatte sie die Geschichte, das Handeln sei durch die Tätigkeit als V-Mann gedeckt gewesen, bezeichnet. Richter Pfeifer betonte damals in seiner Urteilsbegründung: Es habe eine eindeutige Differenz zwischen der versprochenen und der tatsächlich erbrachten Leistung des Angeklagten gegeben. Ein Zitat, das ausdrückt, wie Pfeifer die Geschichte bewertet: „Sie können sich selbst Dinge einreden, haben ein hohes Maß an Autosuggestion.“ Und: „Sie haben dieses Land und die Hilfsbereitschaft der Menschen hier beschmutzt.“

Von unserer Redakteurin Vera Müller

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