Von unserer Redakteurin Vera Müller
An einer Umwandlung in eine gemeinnützige GmbH führe aus vielerlei Gründen kein Weg vorbei. Bei den zeitgleich in Rhaunen und Herrstein stattfindenden Sitzungen der VG-Räte wurde das Thema allerdings recht unterschiedlich diskutiert und bewertet.
Während in Rhaunen ein einstimmiger Beschluss zur Umwandlung erfolgte (siehe Bericht „Alle sind für die neue Geschäftsform“), enthielten sich bei der Sitzung des Herrsteiner VG-Rates in Bruchweiler zehn Mitglieder der SPD-Fraktion. Zwei Sozialdemokraten stimmten wie auch alle anderen Mitglieder des VG-Rates dafür. Beschlossen wurde: Baldmöglichst, spätestens jedoch zum 1. Januar 2016, soll der jetzige Regiebetrieb der Sozialstation Herrstein-Rhaunen in eine gGmbH umgewandelt werden.
Das Steuerberatungsbüro Dr. Benzel und Partner aus Rhaunen wird im Rahmen der Optimierungsberatung beauftragt, alle dazu notwendigen Maßnahmen in die Wege zu leiten. Um jeder beteiligten VG ein angemessenes Mitspracherecht einzuräumen, sollen als kaufmännischer Geschäftsführer Hans-Dieter Weyand (Fachbereichsleiter bei der VG-Verwaltung Rhaunen) und zum operativen Geschäftsführer Ortwin Rech (Fachbereichsleiter der VG-Verwaltung Herrstein) vorgeschlagen werden. Aus Kostengründen werden beide Geschäftsführer im Rahmen der Geringfügigkeit entlohnt.
Den Mitarbeitern der Sozialstation wird Tarifbindung zugesichert. Aus Uwe Webers Sicht wichtig: Weitere Vereinbarungen sollen im Einvernehmen mit dem jetzigen Personalrat der VG Herrstein und mit den Tarifparteien getroffen werden. Otmar Glöckner (FDP) und Karin Feulner (Die Linke) waren sich einig: Die gGmbH ist eine gute Lösung, Nachteile sind nicht erkennbar. Margot Klaar von Pro Region stimmte der neuen Rechtsform ebenfalls zu, wünscht sich aber Transparenz mit Blick auf Verträge und die Eröffnungsbilanz.
Retzler-Schupp: Druck aus Rhaunen
Eine ganz andere Ansicht vertrat Kerstin Retzler-Schupp, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD: „Erstmals in der Septembersitzung des Ausschusses wurde die Absicht, eine GmbH zu gründen, ausgesprochen, verbunden mit erheblichem Druck aus Rhaunen.“ VG-Chef Dräger habe „energisch mehr Einflussmöglichkeiten für seine VG“ gefordert. Ein „künstlich straffer Zeitrahmen“ sei präsentiert worden. Auch der heutige Termin für den Grundsatzbeschluss sei da bereits fix gewesen. Die Fischbacherin führte weiter aus: „Wir sind bereits gemeinnützig, dazu benötigen wir die GmbH nicht. Es bleiben offene Fragen, die sich auf diese Rechtsform, ihre Ausstattung, den Vertrag an sich und daraus resultierende Folgen beziehen. Fragen, über die geredet wurde, aber die konkrete Antworten zum Teil vermissen ließen. Wir warten noch immer auf die zugesagte schriftliche Beantwortung.“
Da würden „blühende Landschaften“ nach der Umwandlung skizziert: „Was geschieht in einer GmbH, wenn sich die Blüte nicht wie erhofft einstellt? Die SPD wäre froh über die schwarze Null. Gewinne sind doch nicht das politische Ziel einer kommunal geführten Sozialstation, sondern die Versorgung der Menschen.“ Mit der gGmbH kämen bekanntlich erst einmal weitere Kosten auf die VG zu, auch laufende, zum Beispiel zwei Geschäftsführer, jährliche Prüfung etc. Diese Mehrkosten, vorsichtig geschätzte 20 000 Euro, wie auch die Kosten der externen Buchführung müssten erst einmal erwirtschaftet werden: „Wollen wir also ein Defizit erst einmal mit Mehrkosten ausgleichen?“
Deutlich werde, „dass viele Defizite in der Vergangenheit eigentlich Führungsmängel auf der Leitungsebene waren und sich erst dadurch organisatorische Nachlässigkeiten und Schwachstellen eingeschlichen hätten. Lange Krankheitsphasen, Fluktuation und Krankheit in der Pflegedienstleitung blieben nicht ohne Auswirkungen. “Die eingeleiteten Maßnahmen greifen bereits, und die Zahlen sind nicht mehr gar so dunkelrot. Aktuell reden wir groben Schätzungen zufolge von weniger als 20 000 Euro Fehlbetrag, entgegen den prognostizierten 64 000 Euro. Ein deutliches Signal. Wir hatten nicht die falsche Rechtsform. Wir hatten zu wenig Leitung.„ Die SPD-Sprecherin kritisiert mit Blick aufs Ganze: “Da wurde sich an Allgemeinplätzen mit Worthülsen aufgehalten, die uns keine nachvollziehbare Argumentation boten. Diesbezüglich ist die einzig konkrete Veränderung, dass Rhaunen zukünftig die Zahlen kontrolliert.„ Optimierungsschritten habe die SPD nicht nur zugestimmt, sondern sei daran aktiv beteiligt gewesen: “Lediglich die Frage, ob dazu unsere Sozialstation zur GmbH werden muss, ist für uns noch nicht zweifelsfrei geklärt.„
Weber: Unterschiedliche Stile
Weber kommentierte die Rede nicht, philosophierte aber über “unterschiedliche Führungsstile und Charaktere„ der Verwaltungschefs. Sascha Spindler (CDU) erläuterte die Gründe, die für eine gGmbH sprechen. Zudem sagte er mit Blick auf die SPD-Fraktion: “Es haut einfach nicht hin, wenn sich Politik in Wirtschaft einmischt." Beispiele gebe es ja zur Genüge.