Bad Kreuznach
Sexueller Missbrauch der Tochter: Tatverdacht gegen Vater aus der VG Herrstein-Rhaunen verdichtet sich
Ein 40-Jähriger muss sich vor dem Landgericht Bad Kreuznach für den mutmaßlichen Missbrauch an seiner minderjährigen Tochter verantworten.
Kevin Rühle. Kevin Ruehle

Ein 40-Jähriger aus einem Ort der Verbandsgemeinde Herrstein-Rhaunen soll seine Tochter missbraucht haben. Der Angeklagte sieht sich als Opfer eines Komplotts. Doch nun belastet ihn die letzte Zeugin des für sieben Tage terminierten Prozesses schwer.

Ein 40-Jähriger muss sich vor dem Landgericht Bad Kreuznach für den mutmaßlichen Missbrauch an seiner minderjährigen Tochter verantworten.
Kevin Rühle. Kevin Ruehle

Einem 40-jährigen Kfz-Mechaniker aus einem Ort der Verbandsgemeinde Herrstein-Rhaunen wird vorgeworfen, in sieben Fällen zwischen März 2013 und Dezember 2017 sexuelle Handlungen bis hin zum Beischlaf an seiner damals minderjährigen Tochter vorgenommen zu haben. Die sexuellen Übergriffe sollen im Alter von acht Jahren begonnen und erst im Alter von etwa zwölf Jahren geendet haben. Die vorgeworfenen schweren Sexualdelikte bestritt der Mann bisher.

Auch wenn die Jugendschutzkammer unter Vorsitz von Richter am Landgericht Folkmar Broszukat akribisch arbeitet und nach wie vor eine Unschuldsvermutung im Blick haben muss: Am Montagnachmittag hatte die letzte Zeugin eine rund vier- bis fünfjährige Beziehung zum Angeklagten Revue passieren lassen. Und für belastende Überraschungen in Richtung des seit August in Untersuchungshaft sitzenden Angeklagten gesorgt. Jener schweigt nach wie vor, lässt aber weiterhin erkennen, dass er durch eine Art Komplott zu Unrecht beschuldigt werde.

„Er trank täglich einen Kasten Bier“

Die 34-jährige Betreuungskraft in Elternzeit erklärte vor Gericht, dass die Beziehung seit August 2018 bestand. Zwei Mädchen seien in der Beziehung ohne Trauschein geboren worden. Die Zeugin sei wegen dessen anhaltendem Alkoholmissbrauch zerbrochen: „Er trank täglich einen Kasten Bier. Und auch zeitweise eine ganze Flasche Schnaps mit 0,5 Liter Inhalt“. Die Frau schilderte, dass es mehrfach zum Sex gegen den erklärten Willen gekommen sei. Der Angeklagte habe ihr zudem haltlos eine Affäre mit dem Vater ihres erstgeborenen Sohns unterstellt.

Es sei zu unschönen Szenen gekommen. Beleidigungen wie „Schlampe, Hure, Fotze“ wären immer wieder im Alkoholrausch gefallen. Dabei sei er auch gewalttätig und rücksichtslos gegen sie vorgegangen, selbst wenn sie keinen Sex mit ihm wollte. Er habe sie dabei an den Haaren gezogen und gegen Arme und Beine geboxt, wenn sie sich ihm verweigert habe. „Ich hatte gegen ihn körperlich keine Chance. Also habe ich es über mich ergehen lassen“, belastete auch sie den Angeklagten schwer.

Das Ende der Beziehung

Wenn er gesoffen hatte und Sex wollte, habe er sich am Ende durchgesetzt. Die gemeinsame, damals zweijährige Tochter im gleichen Raum sei für ihn kein Hindernis gewesen. Sie sei sich sicher, dass die zweite Tochter in einer solchen Situation gezeugt worden war – gegen ihren Willen. In ihrer Verzweiflung habe sie die Schwangerschaft lange verschwiegen und an Abtreibung gedacht.

Nach einem erneuten heftigen Streit im Januar 2021 habe ihr der Kindesvater des Sohnes beigestanden. Der Angeklagte habe zuvor einen heftigen Streit mit ihrem Sohn gehabt. Nach Erscheinen des Kindesvaters sei es weiter eskaliert, sodass die Polizei anrücken musste. Das Ende der Beziehung und Verweis aus ihrer Wohnung.

Zeugin glaubt fest an die Schuld des Angeklagten

Nachdem im Juni 2021 sexueller Missbrauch an seiner erstgeborenen Tochter aus einer anderen Beziehung bekannt geworden sei, sei sie noch etwas skeptisch gewesen: Er soll mit sexuellem Übergriff versucht haben, in seine erste Tochter im damaligen Kindesalter einzudringen. Dies habe sie später von der Tochter selbst gehört.

Sie habe über die knappe Schilderung der Tochter und das eigene Erlebte inzwischen nachgedacht. Die Zeugin habe zudem von der späteren und bislang letzten Freundin erfahren, dass auch jene Sexerfahrungen mit Gewalt und Beleidigungen habe durchmachen müssen. Insoweit glaube sie nun auch fest, dass das Tatopfer die Wahrheit sage.

Angeklagter sendet Selbstmord-Video

Auf die Frage des Vorsitzenden nach einem etwaigen „Kontrollverlust des Angeklagten“ beantwortete die Zeugin vielsagend: „Ja, er ist auch besoffen Auto gefahren. Obwohl er sich nicht mehr auf den Beinen habe halten können und keinen Führerschein mehr hatte“. Von einem sexuellen Missbrauch an der älteren Schwester des Angeklagten habe sie erst jetzt erfahren, obwohl Kontakt bestand.

Um das Persönlichkeitsbild des Angeklagten zu verifizieren, wollte Staatsanwältin Katharina Bode wissen, ob der geschilderte Sex in Anwesenheit des damals zweijährigen Kindes explizit absichtsvoll vom Angeklagten so beabsichtigt war. „Er meinte, dass sie noch zu klein sei, um den erneut erzwungenen Sex mit mir einzuordnen.“ Abschließend berichtete die Zeugin, dass er ihr im Dezember 2022 oder Januar 2023 ein Video mit Suiziddrohung geschickt habe. Deswegen habe sie aus Angst die Polizei informiert, die ihn aufsuchte und ins Klinikum Idar-Oberstein brachte.

Angeklagter fast immer betrunken

Im Video habe er sich ein Messer an den Hals gesetzt. Auf Nachfrage von Verteidiger Knut Kirchhoff (Idar-Oberstein), betonte sie, dass er fast immer betrunken gewesen sei, wenn er sich den Sex von ihr erzwungen hatte. Seine nächste Frage ging in Richtung weiterer Suiziddrohungen des Angeklagten.

Auch hier konnte die Zeugin anschaulich ein Beispiel schildern, als er Sex und sie keinen wollte. Daraufhin sei er in die Küche gegangen und habe ein Messer ins Schlafzimmer mitgebracht. Er habe sich das Messer selbst an den Hals gehalten. Sie habe aus Angst, auch vor ihm, laut geschrien, sodass ihr Sohn den Schrei gehört hatte und am Morgen entsprechend nachgefragt habe.

Hat der Angeklagte weitere Mädchen missbraucht?

Gott sei Dank habe sie den Angeklagten aber beruhigen können. Die weitere Nachfrage der beisitzenden Richterin, ob es eventuell auch einen sexuellen Übergriff an der eigenen Tochter gegeben habe, blieb offen. „Das weiß ich nicht. Wurde ich schon häufig gefragt. Ich habe keine entsprechenden Erkenntnisse.“

Aber ihre ältere Tochter verweigerte Kussversuche des Angeklagten und mache noch in die Windeln. Sie sei deswegen mit ihr in psychotherapeutischer Behandlung. Während der Ausführungen der früheren Freundin blätterte der Angeklagte gedankenverloren in einem Papierstapel, der zuvor im Selbstleseverfahren übergeben worden war. So, als ob ihn die Aussage überhaupt nicht beträfe.

Man darf auf das Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen Christoph Summa, Chefarzt der forensischen Rheinhessen-Fachklinik Alzey, gespannt sein.

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