Birkenfeld
Schulprojekt gegen Desinformation im Kreis Birkenfeld: Ist die Generation Z leicht zu beeinflussen?
V.l.n.r: Josephine Macfoy, Leiterin des Schulprojekts der Medien-App Buzzard, bespricht mit den Schülern Aleksei (14), Cedric, Nodin (beide 15) und ihrer Englischlehrerin Lena Wendels die Vor- und Nachteile von Filtern in sozialen Medien.
Niels Heudtlaß

Wie können Jugendliche mit Polarisierung in den sozialen Medien umgehen und Schulen sich gegen Extremismus wappnen? Um dabei Unterstützung zu leisten, bietet das Journalismus-Startup Buzzard gemeinsam mit Förderern aus der Region ein Projekt gegen Desinformation und Polarisierung an Schulen des Kreises Birkenfeld an.

V.l.n.r: Josephine Macfoy, Leiterin des Schulprojekts der Medien-App Buzzard, bespricht mit den Schülern Aleksei (14), Cedric, Nodin (beide 15) und ihrer Englischlehrerin Lena Wendels die Vor- und Nachteile von Filtern in sozialen Medien.
Niels Heudtlaß

„Seid ihr leicht beeinflussbar?“, fragt Josephine Macfoy Leiterin eines Schulprojekts der Medien-App Buzzard. Die Schüler einer neunten Klasse der Realschule plus mit Fachoberschule Birkenfeld schauen sich gegenseitig an. In den Köpfen der 14- bis 15-Jährigen arbeitet es – mit dieser Frage haben sie augenscheinlich nicht gerechnet. „Ja vielleicht“, sagen manche, andere schweigen und überlegen.

Jugendliche sind mehr als sieben Stunden am Tag online

Zumindest prasselt online eine Vielzahl von Informationen auf die Jugendlichen ein – nicht alle aus seriöser Quelle. Und online ist die Generation Z, wie Menschen, die zwischen 1997 und 2012 geboren wurden, vereinfacht genannt werden, anscheinend dauerhaft. Zumindest, wenn die neunte Klasse der Realschule Birkenfeld repräsentativ ist.

Zu Beginn des Workshops fragt Macfoy: „Wer ist am Tag mehr als eine Stunde online?“ Auf wen das zutrifft, der solle sich auf die rechte Seite des Raumes stellen. Das Ergebnis: Alle der rund 20 Schüler drängen sich in die Ecke. Nun will Macfoy es genau wissen – sie erhöht die Stundenanzahl langsam. Erst bei mehr als sieben Stunden Online-Zeit dünnt sich die Schülerzahl auf der rechten Seite des Raums langsam aus. Doch die Mehrheit – alle außer sechs Schüler – sind am Tag mehr als sieben Stunden online.

TikTok und Instagram als einzige Informationsquelle

„Was macht ihr so lange online?“, fragt die Projektleiterin. „Unterhaltung und viel lachen“, antwortet eine Schülerin. „Man lernt auch was“, entgegnet ein anderer. Zu den beliebtesten sozialen Medien der Schülerschaft gehören TikTok und Instagram. Für viele der Schüler sind die Apps nach eigener Aussage die einzige Informationsquelle neben der Schule – auch für gesellschaftliche Themen. „Es gibt viel Informationen in einem kleinen Video. Wenn mir jemand den Text zum Beispiel aus einer Zeitung zusammenfasst, muss ich den Text nicht selbst lesen“, fasst einer der Schüler die Vorteile zusammen.

Doch das berge auch Gefahren, sagt Macfoy. Denn die meisten sozialen Medien arbeiten mit Algorithmen. Nutzer bekommen immer mehr von den Inhalten angezeigt, die sie besonders oft angesehen haben – sie landen in einer Filterblase. „Eine Vielfalt von Meinungen geht verloren“, sagt Macfoy. „Es gibt da viel mehr Meinung als Infos“, merkt auch eine Schülerin während des Workshops kritisch an.

Projekt gegen Desinformation und Polarisierung an Schulen

Deswegen hat das Journalismus-Startup Buzzard es sich zur Aufgabe gemacht, Schülern und Lehrern dabei zu helfen, diesen Informationsdschungel zu durchdringen. Mit einer App für Meinungsbildung und einem gemeinwohl-orientierten Schulprojekt will Buzzard der „gesellschaftlichen Spaltung entgegenwirken“. „Der Mehrwert der App liegt vor allem darin, dass in den Artikeln alle großen Argumentationslinien zu einem Thema abgebildet werden“, sagt Macfoy. So sollen Filterblasen durchbrochen werden.

„Durch unser Schulprojekt haben wir festgestellt, dass es bei jungen Menschen und Lehrern eine besonders große Nachfrage nach unserem Konzept gibt“, erklärt Macfoy. So stellt Buzzard neben den Workshops auch Unterrichtsmaterial und Themenanregungen für Schüler und Lehrer bereit.

Pilotprojekt im Kreis Birkenfeld

Bereits vor drei Jahren startete das Buzzard -Schulprojekt an zwei Schulen des Kreises Birkenfeld – der Realschule und dem Gymnasium in Birkenfeld. Der Kreis wurde somit Pilotregion für Rheinland-Pfalz. Mittlerweile nehmen mit dem Göttenbach-Gymnasium und dem Heinzenwies-Gymnasium in Idar-Oberstein zwei weitere Schulen im Kreis teil.

In einer Zeit, in der bundesweit bei politischer Bildung gespart wird, haben wir im Kreis Birkenfeld eine Luxussituation

Josephine Macfoy, Leiterin des Buzzard-Schulprojekts

„In einer Zeit, in der bundesweit bei politischer Bildung gespart wird, haben wir im Kreis Birkenfeld eine Luxussituation“, sagt die Leiterin des Schulprojekts. Denn mit der Roland Stiftung und der Kreissparkasse Birkenfeld gebe es in der Region zwei großzügige Förderer, die das Projekt finanzieren. Nur so sei die Arbeit überhaupt möglich, so Macfoy.

Ist die Generation Z leichter beeinflussbar?

Auch Sigrid Schöpfer, Schulleiterin der Realschule plus mit Fachoberschule Birkenfeld, ist begeistert von dem Projekt: „Ausdruck von Meinung ist ein Ausdruck von Demokratie“. Deswegen sei es wichtig für die Schüler, sich in der Vielzahl von Meinungen online sicher zu bewegen und so eigene Meinungen zu bilden.

Allerdings nimmt sie die Schülergeneration auch in Schutz. „Wir schätzen sie oft falsch ein. Sie sind nicht leicht zu manipulieren. Wir müssen anfangen zu akzeptieren, dass diese Generation ihre eigenen News hat. Sie bewegen sich dort selbstsicher und bilden eigene Meinungen.“ Trotzdem sei Prävention in Form des Workshops und im Schulunterricht wichtig. Sie nehme die Inspiration auf jeden Fall mit.

Im Workshop zeigen die Schüler, dass sie so manchem Erwachsenen etwas voraus haben. „Natürlich weiß ich, dass ich Sachen, die ich auf Social Media höre, nachprüfen muss. Du entwickelst irgendwann ein Gefühl dafür, welches Video, welcher Creator seriös ist und was nicht“, beschreibt ein Schüler seinen Umgang mit sozialen Medien. Viele der anderen nicken zustimmend.

Unterstützungsmöglichkeit:

Nicht überall habe das Schulprojekt so eine Luxussituation wie im Kreis Birkenfeld, sagt Josephine Macfoy. Deswegen hat Buzzard die Crowdfunding-Kampagne „Rette die politische Bildung“ gestartet. Hier können Schulen aus ganz Rheinland-Pfalz – ebenso wie die Zivilgesellschaft – sich beteiligen, um landes- und bundesweit Schulen dabei zu unterstützen, am Buzzard-Projekt teilzunehmen

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