Neues aus der Bike-Region
Schilder sind für viele Radler nicht mehr zwingend
Die Panoramatour auf dem Sonnenplateau, die die Verbandsgemeinde Herrstein-Rhaunen auf den Höhnzügen zwischen Fischbach- und Hahnenbachtal ausgeschildert hat, ist ein gutes Beispiel für eine Genusstour, wie sie viele Urlauber, aber auch Einheimische lieben.
Christian Fabiola

Wie kann man den Radtourismus im Hunsrück voranbringen? Mit dieser Frage beschäftigt sich Katharina Martini, Projektmanagerin für die Bike- Region, seit mehr als vier Jahren. Dabei kann sie schon einige Erfolge vorweisen.

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Seit Anfang 2021 ist Katharina Martini Projektmanagerin für die „Bike Region Hunsrück-Nahe“. Ziele des bei Hunsrück-Touristik und Naheland-Touristik angesiedelten Projekts sind „ein zielgruppenspezifisches, gebietsübergreifendes Streckennetz und eine zukunftsfähige Marketingstrategie unter einer gemeinsamen Dachmarke“. Dabei sollen Hunsrück und Naheland besser vernetzt werden als bisher.

In Herrstein gab sie jetzt Interessierten aus Politik, Verwaltung und Gastgewerbe einen Zwischenstand ihrer Bemühungen und auch Tipps bei der Umsetzung eines fahrradfreundlichen Betriebs. Dafür wurde eine Checkliste erarbeitet, von der Gastgeber vier von fünf Punkten abdecken müssen, um künftig in den Buchungsportalen als radfreundlich geführt zu werden. Nur so können Betriebe auch in Pauschalangeboten eingebunden werden.

Kriterien für einen fahrradfreundlichen Gastgeber

Als Pflichtkriterium ist eine sichere Abstellmöglichkeit (ebenerdig, abschließbar, überdacht) gesetzt – das ist Grundvoraussetzung für die Zertifizierung. Von fünf weiteren Kriterien müssen die Gastgeber vier erfüllen:

  • Waschplatz
  • Reparaturservice (Werkzeug und Luftpumpe)
  • Kontakt zu einer Fahrradwerkstatt
  • Lademöglichkeit für E-Bikes
  • Wasch- und Trockenmöglichkeit für Bekleidung

Wünschenswert ist zudem die Möglichkeit, Tourenradler auch nur für eine Nacht aufzunehmen. Welche Gastgeber diese Kriterien erfüllen, soll künftig auf Internet-Seiten und bei der Buchung ersichtlich sein.

Schon weit gediehen sind laut Martini die Bemühungen bei der Entwicklung qualitativ hochwertiger Angebote für unterschiedliche, radtouristische Zielgruppen und die überregionale Vermarktung. Dabei wird in vier Kategorien unterschieden zwischen Genussradfahrern und sportlich ambitionierten Gästen.

Bei Radwanderern geht man davon aus, dass sie Touren- oder Trekkingräder mit oder ohne Elektroantrieb nutzen und täglich 30 bis 70 Kilometer mit bis zu 700 Höhenmeter zurücklegen. Sie suchen beschilderte Radwege mit guter Oberfläche, natürliche und kulturelle Sehenswürdigkeiten, die auch gerne besichtigt werden. Sie nutzen Einkehrmöglichkeiten und wollen bei ihren Touren Land und Leute kennenlerne.

Bei Rennradlern sieht das schon anders aus: Sie sind sportlich unterwegs, bewältigen auch schon mal Strecken jenseits der 100-Kilometer-Marke mit mehr als 2000 Höhenmeter. Da bleibt wenig Zeit für Einkehr und Kulturgenuss, gute Straßen benötigen aber auch sie – aber nicht zwingend eine Beschilderung, da das Gros der „Racer“ mittlerweile (wie auch bei den Mountainbikern) Navigationsgeräte nutzt.

Katharina Martini (links) und Caroline Conradt von der Tourist-Info Edelsteinland begrüßten die an der Bike-Region interessierten Besucher im Tagungsraum der Feuerwehr.
Isabelle Hahn/Edelsteinland

Relativ neu ist das Feld der Gravelbiker, das sind Fahrräder in Rennradoptik, aber mit breiteren, profilierten Reifen und in stabilerer Bauart, die sich auch auf Feld- und Waldwegen wohlfühlen. Die Grenzen zwischen diesen drei Gruppen ist fließend. Alle sind auf der Suche nach abwechslungsreichen Landschaften und Höhenprofilen, wie sie im Hunsrück vorzufinden sind. Auch sportlich- und fitnessorientierte Radler brauchen Verpflegung unterwegs, da sie meist lange im Sattel sitzen und wenig mitnehmen können – neben Gaststätten, Ausflugslokalen, Cafés und Eisdielen taugen da auch Tankstellen und Lebensmittelgeschäfte.

Wieder anders sieht es bei den Mountainbikern aus, die es am liebsten holprig und naturnah haben und schmale Pfade lieben. Doch auch hier ist das Feld breit gefächert: Die einen suchen Trail- und Bikeparks wie am Erbeskopf, die anderen machen gerne Strecke auf ruhigen Wegen in unberührter Natur. Auch da ist jede Abwechslung landschaftlicher Art oder in Form von Ausflugslokalen und Aussichtspunkten willkommen.

Gut 50 Tourenvorschläge liegen bereits vor

Mittlerweile bietet die Hunsrück-Hochwald-Region mit Mosel und Nahe viele Streckenvorschläge, die auf einer speziellen Karte („Bike-Region Hunsrück-Nahe“) verzeichnet sind: Für Radwanderer gibt es mehr als 25 Tourenvorschläge, für Rennradler 13, für Mountainbiker sechs. Ausgearbeitete Gravel-Touren fehlen in der Mitte und im Osten noch, ihre Ballung im Westen rund um Kell und Thalfang rührt daher, dass hier einst ausgearbeitete Mountainbiketouren heutigen Ansprüchen nicht mehr genügen, aber nun prima die Zielkriterien für Gravelbiker erfüllen.

Nicht aufgeführt in der Karte ist übrigens die Nationalpark-Route, die das Nationalparkamt rund um das Schutzgebiet beschildert hat, um Besucherströme zu kanalisieren. Allerdings sind deren 90 Kilometer mit rund 1500 Höhenmeter zu anspruchsvoll für Genussradler, gleichzeitig ist die Strecke zu langweilig für Mountainbiker. Rennradler sind außen vor, da die Route nur auf kurzen Teilstücken asphaltiert ist. Für Gravelbiker passt das eher, aber auch ihnen wird sie als Zweitagestour ans Herz gelegt. Ideal bei der NLP-Route ist die Anbindung an den Bahnhof Neubrücke, was eine Anreise ohne Auto ermöglicht – ein Reisetrend, der europaweit im Radsektor im Kommen ist: nur mit Rucksack aus eigener Kraft Landschaft erleben und Berge bezwingen.

Bemühungen sind noch nicht angekommen

Alle Touren sind nicht nur auf der Papierkarte, die es in allen Touristbüros gibt, aufgeführt, sondern auch in den wichtigsten Online-Tourenportalen wie Komoot oder Outdooractive zu finden. Das Team um Katharina Martini hat sich über die Jahre darauf verlegt, sie bei Facebook und Instagram zu bewerben, wo man auch kurzfristig auf Besonderheiten wie Streckensperrungen hinweisen kann.

Leider merke man von den Bemühungen noch nicht so richtig etwas im Gastgewerbe, kritisierte Guido Steuer vom gleichnamigen Hotel in Allenbach: Buchungen von Radfahrern seien immer noch die Ausnahme. Seine Miet-E-Bike-Flotte, die er sich schon vor Jahren angeschafft hat, werde kaum nachgefragt. „Ich weiß auch nicht, welche Touren ich den Gästen anbieten sollte“, monierte er fehlende Unterstützung auf diesem Gebiet. Katharina Martini und Caroline Conradt von der Tourist-Info Edelsteinland empfahlen den Austausch mit anderen Bike-Betrieben in der Region sowie die Einbettung der vom Projektbüro bereitgestellten Links zu Touren, Angeboten und der Radwegeübersicht in der Region auf den jeweiligen Hotelseiten.

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