Wederath- Die neueste Entdeckung im Archäologiepark Belginum ist eine kleine Sensation. Bei Grabungen in diesem Jahr ist man auf den ersten historischen Töpferofen gestoßen. Das fast 2000 Jahre alte Fundstück steht in unmittelbarer Nähe zu einem der vier Tempel und wurde gebaut, noch bevor an der Stelle eine Siedlung existierte.
Seit 1954 wird eines der bedeutendsten archäologischen Denkmäler im Hunsrück erforscht. Museumsleiterin Rosemarie Cordie leitet die Ausgrabungen in Belginum, einem Ensemble aus Siedlung, Tempeln und Gräberfeld bei Wederath. Sie weiß: Die Ausbeute eines Jahres kann sehr unterschiedlich sein. Mal gibt es eine eher „müde Saison“, mal wird es richtig spannend. Doch in diesem Jahr stießen die Mitarbeiter der Trierer Bürgerservice gGmbH, die dort seit zehn Jahren engagiert ist, lauf einen „Knaller“: Ein Töpferofen, einen Meter breit, 1,20 Meter lang und einen Meter hoch. Er entpuppte sich als wahre Fundgrube: Überreste von Tellern, Krügen, Schalen, Bechern, Töpfen und Reib- schüsseln wurden im Ofen oder in unmittelbarer Nähe gefunden – bis zu 1000 Fundstücke, vor allem Fehlbrände oder kaputte Keramiken, die nicht mehr verwendet wurden.
Manche Scherben tragen einen Stempel mit der Aufschrift „Acutio“ oder „Acutius“. Der Name ist im Trierer Land häufig zu finden. Dafür dass er jetzt auch in Belginum auftaucht, gibt es laut Cordie mehrere Erklärungen. Die wahrscheinlichste: Eine Trierer „Töpferfirma“ hatte eine Filiale in Belginum. Die Objekte wurden inzwischen komplett geborgen. Lediglich ein Teil des Ofens bleibt noch in der Erde, damit er im kommenden Jahr an Ort und Stelle weiter untersucht werden kann.
Nicht nur die Zahl der Scherben ist außergewöhnlich. In Belginum ist man laut Cordie auf den ersten Töpferofen im Hunsrück überhaupt gestoßen. Die nächsten vergleichbaren Exemplare gibt es in Trier. Derartige Anlagen in der Nähe von Tempelbezirken, wie es in Belginum der Fall ist, seien generell selten.
Der Lehmofen wurde um 30 nach Christi Geburt gebaut und ist damit nahezu 2000 Jahre alt. Besonders interessant: In der Zeit gab es in Belginum noch keine Siedlung, lediglich ein großes Gräberfeld. Der eigentliche „Wohnort“ entstand erst Jahre später. Laut Cordie unterstreicht dies, wie groß die Bedeutung des Tempels war. Dass in der Anlage selbst Devotionalien, kleine Figuren, die der Verehrung dienten, und Gebrauchskeramik hergestellt wurde, zeige, dass die Anlage „recht autonom“ ohne nahe gelegene Siedlung funktionierte. Unklar ist noch, welche Gottheit oder Gottheiten hier verehrt wurden. In Belginum spielt die Göttin Epona eine große Rolle, eine Schutzgöttin der Pferde und Fuhrleute.
Für 2010 ist die Grabungssaison in Belginum zu Ende. Doch die Arbeiten im Zusammenhang mit dem Ofen sind längst nicht abgeschlossen. Hier beginnt ein Puzzle-Spiel: Welche Scherben passen zusammen? Anschließend werden Vergleichsstücke gesucht. Cordie bereitet zudem die nächste Saison vor. Die Fundstelle soll dann auch naturwissenschaftlich untersucht werden.
Der Ofen war nicht die einzige Entdeckung 2010. In unmittelbarer Nähe kam ebenfalls eine Zisterne mit einem Außendurchmesser von 2,40 Meter zum Vorschein. „Auch das ist ein Hinweis auf die Autonomie der Anlage“, sagt Cordie.