Das Amtsgericht Bad Kreuznach unter dem Vorsitz von Richterin Theresa Pleschko hat die beiden Angeklagten am Ende des dritten Verhandlungstags in einem sogenannten beschleunigten Verfahren jeweils zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr ohne Bewährung verurteilt. Das heißt: Die 40-jährige Frau und ihr Partner, die beide bereits zahlreiche Vorstrafen aufweisen, müssen nun hinter Gitter.
Richterin Pleschko folgte mit ihrem Urteil wegen Betrug in Tateinheit mit Diebstahl, Sachbeschädigung, Beleidigung und Bedrohung dem Strafmaß, das Oberstaatsanwalt Kai Fuhrmann beantragt hatte. Hans-Gert Dhonau und Felix Welker, die Pflichtverteidiger der Angeklagten, hatten hingegen dafür plädiert, die Strafen noch einmal zur Bewährung auszusetzen. Das sei aus ihrer Sicht aber nicht mehr möglich, betonte Pleschko in ihrer Urteilsbegründung.
Die Angeklagten seien zwar zumindest bei einigen der Taten, die ihnen zur Last gelegt wurden, geständig gewesen, beide seien aber bereits in der Vergangenheit mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten, und „man kann bei ihnen beim besten Willen keine günstige Sozialprognose stellen“, sagte Pleschko. Insbesondere mit Blick auf den männlichen Angeklagten müsse man auch „die hohe Rückfallgeschwindigkeit“ berücksichtigen, sagte Pleschko. Er stand nämlich bereits nach einem erst im November 2020 beim Amtsgericht Idar-Oberstein ergangenen Urteil unter Bewährung, habe aber bereits etwa einen Monat später zusammen mit seiner Verlobten neue Straftaten begangen.
„Das Einzige, was in diesem Fall hilft, heißt einsperren und wegsperren. So hat Hoppstädten-Weiersbach wenigstens eine Zeit lang Ruhe, obwohl ich mir leider fast sicher bin, dass es nach der Haft weitergehen wird. Ich kann bei den Angeklagten keine Einsicht in ihr Fehlverhalten erkennen“, hatte zuvor Oberstaatsanwalt Fuhrmann betont. Er berief sich dabei auch auf die Aussagen, die zu Beginn des letzten Verhandlungstags Dr. Ralf Werner als Sachverständiger für Forensische Psychiatrie gemacht hatte. Dieser attestierte, dass bei den Angeklagten deutliche Anzeichen einer sogenannten dissozialen Persönlichkeitsstörung vorliegen, für die er auch keine Behandlungsmöglichkeit sehe. „Solche Menschen haben einen Mangel an Empathie und missachten soziale Regeln. Es leiden aber nicht die Betroffenen selbst, die sich sogar noch gut finden, sondern vor allem ihre Umgebung“, sagte Werner.
Angeklagter braust im Saal auf
Bei dessen Aussagen wurde das aufbrausende Naturell des männlichen Angeklagten – zur Sicherheit befanden sich drei Justizvollzugsbeamte im Saal – deutlich erkennbar. Er ging den Sachverständigen verbal an, was mit der Verhängung eines Ordnungsgelds sanktioniert wurde. Seine Partnerin redete während der Beweisaufnahme mehrfach ungefragt hinein und musste von der Richterin, aber auch von ihrem Verteidiger ermahnt werden, mal still zu sein.
Mit Blick auch auf die vorangegangenen zwei Verhandlungstage hatte Fuhrmann die Besonderheit bei diesem Verfahren herausgestellt. „Die Angeklagten haben hier das volle Repertoire an Unverschämtheiten ausgepackt. Eine solche Respektlosigkeit vor Gericht habe ich noch nicht erlebt, obwohl es da sehr häufig um viel schwerwiegendere Delikte ging.“ Auch Verteidiger Dhonau, seit 45 Jahren als Anwalt im Geschäft, räumte ein: „Dieses Verfahren war zweifellos ein Unikat.“
Höchstes Strafmaß verhängt
Mit jeweils einem Jahr Gesamtfreiheitsstrafe wurde das bei beschleunigtem Verfahren gültige Höchstmaß bei der Strafbemessung verhängt. Man müsse zwar die einzelnen Fälle für sich genommen überwiegend dem Bereich der Kleinkriminalität zuordnen, aber angesichts der Masse an Taten binnen kurzer Zeit „ging es uns darum, dass eine schnelle Reaktion der Justiz gezeigt wird“, betonte der Oberstaatsanwalt, dessen Behörde Anklage erhoben hatte.
Das Treiben des Pärchens, das ursprünglich aus dem Rhein-Main-Gebiet stammt und erst 2018 in die Region zog, hat in Hoppstädten-Weiersbach für viel Aufsehen und Unruhe gesorgt, zumal es auch diverse Polizeieinsätze zur Folge hatte. Der erste Fall ereignete sich am 17. Dezember 2017 und war recht banal. Die Angeklagten hatten ein schrottreifes Auto, das vor ihrem Haus stand und sie störte, für 30 Euro an einen Verwerter verkauft, obwohl es ihnen gar nicht gehörte. Da der Verkäufer den Pkw wieder zurückstellte, als er sich dieses Umstands bewusst wurde und auch das Geld zurückgab, entstand aus diesem Betrug kein Schaden.
Doch dies war nur der Auftakt für weitere Taten, mit denen das Duo sein Unwesen im Doppelort trieb. Trotz schon vorher verhängtem Hausverbot tauchten die beiden am 30. Dezember 2020 im örtlichen Edeka-Markt auf. Als Mitarbeiterinnen deshalb einschreiten wollten, wurden sie von beiden nicht nur mit Wörtern wie „Schlampe“ beleidigt, sondern der Angeklagte drohte ihnen sogar damit, dass er sie „abknallen“ werde, während seine Partnerin ergänzte: „Mein Mann kann schießen.“ Ihren Einkauf nahmen die beiden Angeklagten mit, ohne die Waren zu bezahlen.
Am 5. Januar hatte die 40-Jährige bei ihrem Nachbarn angerufen und von ihm gefordert, dass er sie mit ihrer angeblich verletzten Katze in eine Tierklinik fahren solle. Als der Mann sich weigerte, kam es erneut zu Beleidigungen. Ihr Partner kündigte dem Nachbarn später am Tag zunächst verbal an, dass er ihn erschießen werde, später fand der Nachbar auch handschriftlich verfasste Schreiben in seinem Briefkasten, bei dem ihm mit der Mafia gedroht wurde.
Kurz darauf kam es zu Hausfriedensbruch und Beleidigungen von Mitarbeitern in der Esso-Tankstelle, dessen Zutritt dem Paar schon vorher verboten war. Im Nachgang erhielt die Tankstelle ebenfalls Droh-E-Mails von den Angeklagten.
Besuch in Apotheke eskaliert
In der Apotheke erschien die Frau mit einem Privatrezept für ein Antidepressivum, das sie aber nicht bezahlen konnte. Deshalb löste der Inhaber das Rezept nicht ein, war aber dennoch bereit, ihr eine Tagesration des Medikaments mitzugeben. Der 40-Jährigen war das aber nicht genug. Sie simulierte – so auch die Auffassung des Sachverständigen vor Gericht – einen Schwächeanfall, beleidigte den Inhaber und einen Mitarbeiter und demolierte auch noch eine Vase. Auch die Apotheke erhielt anschließend E-Mails mit Drohungen.
Wenige Tage später erschien das Paar diesmal zusammen erneut in der Apotheke. Als die Einlösung des Privatrezepts weiter verweigert wurde, geriet die Frau erneut in Wut, und ein vor dem Haus stehender Werbeaufsteller ging zu Bruch. Zudem gab es zwei Vorfälle am Bahnhof Neubrücke, wo die Frau zufällig vorbeikommende Passanten um Geld anbettelte und diese beleidigte, als diese Forderungen abgelehnt wurden.