Großer Andrang beim Prozess vor dem OVG Koblenz - Urteil in etwa zwei Wochen erwartet
Oberverwaltungsgericht: Dämpfer für die Hoffnung auf eine offene Wassergall
Mit nachdenklichen Gesichtern verließen die mitgereisten Regulshausener nach der Verhandlung das Gerichtsgebäude. Foto: Jörg Staiber
Jörg Staiber

Idar-Oberstein. Erstaunt blickte Dr. Jörg Schumacher, vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Koblenz, bei der Eröffnung der Sitzung in die Runde. „Einen so vollen Saal hätte ich nicht erwartet“, erklärte er. Allein 30 Zuhörer waren mit dem Bus der Bürgerinitiative (BI) „Offene Wassergall“ zum Prozess angereist, weitere Vertreter aus Verwaltungen und Gemeinderäten saßen ebenfalls unter den Zuschauern, darunter Oberbürgermeister Frank Frühauf, CDU-Stadtrat Armin Korpus und Hans-Jürgen Brünesholz, Dezernent bei der Kreisverwaltung Birkenfeld.

Die Streiter für eine Öffnung der Straße waren noch recht optimistisch nach Koblenz gefahren, schließlich ist es eher ungewöhnlich, dass bei Verwaltungsgerichtsprozessen eine Berufung zugelassen wird. Das war der Fall, nachdem die Vorinstanz im Februar 2017 die im Dezember 2015 erfolgte Sperrung der Straße zwischen Regulshausen und der Kreisstraße 34 für rechtmäßig erklärt hatte und eine Beschwerde gegen diese Entscheidung nicht zugelassen hatte. Das Oberverwaltungsgericht hob diese Nichtzulassung dann im Oktober 2018 wieder auf.

Nicht nur die Regulshausener BI – für sie klagte stellvertretend Winfried Becker – hatte mit dem Rechtsanwalt und Ministerialbeamten Gunther Cherdon einen versierten Juristen zur Vertretung ihrer Interessen aufgeboten. Auch die Gegenseite, die Ortsgemeinde Hintertiefenbach, vertreten durch die VG Herrstein, hatte sich besten juristischen Beistand gesichert: Rechtsanwalt Ralf Bitterwolf hat eine Kommentierung des Landesstraßengesetzes Rheinland-Pfalz geschrieben und ist seit 1998 Referent für Bauwesen, Raumordnung, Konversion und Straßenwesen beim Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz.

Cherdon setzte in seiner Argumentation vor allem auf den historisch gewachsenen Charakter der Wassergall als Verbindungsstraße nach Regulshausen und den früheren Abteigemeinden. So habe seit Jahrhunderten die Verbindung von Göttschied nach Regulshausen über die Wassergall bestanden, die heutige Zufahrt vom Vollmersbachtal sei aufgrund der enormen Steigung von Gespannen überhaupt nicht zu bewältigen gewesen. Diese Verbindung habe über Jahrhunderte ohne Unterbrechung bestanden, was auch aus historischen Vermessungsunterlagen und Karten hervorgehe. Auch bei der Erschließung von Regulshausen im Zuge der Eingemeindung und der Erweiterung des Wohngebiets sei die Zufahrt über die Wassergall immer als Hauptverbindungsstraße angesehen worden.

Bitterwolf argumentierte dagegen, entscheidend für den juristischen Charakter einer Verbindung sei deren Festlegung nach dem am 1. April 1963 in Kraft getretenen rheinland-pfälzischen Straßengesetz. Da zu diesem Zeitpunkt und auch später keine Widmung erfolgt sei, sei die Wassergall de facto immer ein Wirtschaftsweg geblieben, auch wenn er als Straße genutzt worden sei. Dafür spreche auch deren Ausbau aus Mitteln des „Grünen Plans“, die ausschließlich für Wirtschaftswege vorgesehen gewesen waren.

„Die Beweislast liegt beim Kläger“, machte der Vorsitzende Richter deutlich, dass allein die Tatsache, dass es für beide Positionen gute Argumente gebe, für eine Rücknahme der vorinstanzlichen Entscheidung nicht ausreichend sei. Da es zwar den einen oder anderen rechtlichen Beleg für beide Positionen gebe, aber keine eindeutige rechtliche Festlegung zu finden sei, müsse man sich in diesem Fall mit Indizien behelfen. Darüber hinaus warnte der Richter die Parteien davor, ihr Heil in der juristischen Auseinandersetzung zu suchen. „Letztlich müssen die Handelnden vor Ort dieses Problem lösen“, mahnte Schumacher. Denn auch mit einer etwaigen Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheidung würde das juristische Ringen – etwa beim Versuch der Entwidmung – wohl weitergehen.

Von unserem Reporter Jörg Staiber

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