180 Jahre Jugendhilfe
„Niederwörresbacher Wahrzeichen“ ist Ort der Begegnung
Das Stammhaus in Niederwörresbach erstrahlt nach zweijähriger Sanierung in neuem Glanz. Das ortsbildprägende Gebäude stammt aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts und ist ein geschichtsträchtiger Ort. Pfarrer Friedrich Adolf Koch schenkte dort jungen, armen Mädchen 1845 ein Zuhause und legte damit den Grundstein für die ortsansässige Kinder-, Jugend- und Familienhilfe Hunsrück/Glan, für die das Gebäude heute als Ort der Begegnung dient.
Hannah Klein

Die Kinder-, Jugend- und Familienhilfe Hunsrück/Glan feiert Jubiläum und eröffnet das sanierte Stammhaus – einen Ort mit Geschichte, an dem vor 180 Jahren alles begann, gleichzeitig ein Ort, dem jahrelang der Zerfall drohte.

180 Jahre – so lang gibt es die Kinder-, Jugend- und Familienhilfe (KJF) Hunsrück/Glan nun in Niederwörresbach. Livemusik, Streetfood und zahlreiche Gäste: Die Jubiläumsfeier fand am vergangenen Freitag auf dem Campus der Einrichtung statt. Das Highlight des Tages war die Eröffnung des Stammhauses.

Als „Wahrzeichen von Niederwörresbach“ bezeichnet Landrat Miroslaw Kowalski das denkmalgeschützte Fachwerkhaus in der Hauptstraße. Ortsbürgermeister Ralf Juchem sagt: „Wir Niederwörresbacher sind stolz auf das ortsbildprägende Haus.“ Es ist der Ort, an dem für die Jugendhilfe alles begann. Es ist ein Haus mit langer Tradition, dem lange Zeit der Zerfall drohte.

Einige Gäste haben sich bereits auf dem Campus der KJF Hunsrück/Glan versammelt. Hier fand am vergangenen Freitag die 180. Geburtstagsfeier der Jugendeinrichtung in Niederwörresbach statt. Die Renovierung des Haupthauses, das im Hintergrund zu sehen ist, steht als künftiges Projekt bevor.
Hannah Klein

Ein Blick in das Jahr 1845: Der Herrsteiner Pfarrer Friedrich Adolf Koch gründet eine „Erziehungsanstalt für arme Kinder“. Er lässt 18 Mädchen in seinem Elternhaus in Niederwörresbach, dem heutigen Stammhaus, wohnen, und schenkt ihnen ein Zuhause. Dies sei eine „visionäre Idee“ gewesen, sagt Pfarrer Holger Böckel, Vorstand der Stiftung Kreuznacher Diakonie. „Wenn die Anfänge nicht stattgefunden hätten, wäre die Stiftung nicht das, was sie heute ist.“

Jungen Menschen in Not helfen, das macht die KJF Hunsrück/Glan heute noch immer. „Es ist nach wie vor nötig, dass wir Kindern, die in ihren Familien aus den unterschiedlichsten Gründen nicht optimal versorgt werden können, Schutz und Geborgenheit geben“, sagt Diakonin Andrea Kunert, Einrichtungsleitung der KJF Hunsrück/Glan. Diese Kinder bräuchten Raum für Entwicklung, aber immer gemeinsam mit ihren Familien.

„Wenn die Anfänge nicht stattgefunden hätten, wäre die Stiftung Kreuznacher Diakonie nicht das, was sie heute ist.“
Pfarrer Holger Böckel, Vorstand der Stiftung Kreuznacher Diakonie

„Das Ziel unserer Arbeit ist immer die Rückführung. Wo das nicht möglich ist, versuchen wir, eine gute und gesunde Beziehung herzustellen“, erklärt Kunert. Die Jugendhilfe entwickelt ihre Angebote stetig weiter – das zeigt sich in der Eröffnung des Stammhauses. Hier gibt es nun ein neues Konzept.

Das kernsanierte Stammhaus hat eine neue Ausstattung. Die Zimmer sind kinder- und jugendfreundlich eingerichtet: Es gibt eine Ecke zum Fernsehen, Räume mit viel Platz für Gesellschaftsspiele und eine Küche für gemeinsame Kochkurse.
Hannah Klein

Das Stammhaus ist jetzt eine Kooperations- und Begegnungsstätte. Es gibt Besucherzimmer für Eltern für einen begleiteten Umgang mit ihren Kindern. „Mit dem Haus wollen wir unsere Familienarbeit, aber auch die Begegnung und den Austausch mit der Gemeinde weiter fördern und verdeutlichen: Wir sind Teil von Niederwörresbach“, sagt Kunert. Einige gemeinsame Projekte mit der Gemeinde seien bereits in Planung.

Ein Kochkurs solle stattfinden, und vor dem Stammhaus solle in Zusammenarbeit mit der Ortsgemeinde ein Bouleplatz errichtet werden. „Hier können Begegnungen zwischen Kindern und Jugendlichen der Einrichtung und den Menschen der Ortsgemeinde entstehen“, erklärt Kunert. Die Bewohner der Einrichtung würden immer im Ort integriert werden. „Im Turn- oder Fußballverein sind sie fester Bestandteil.“ Im Stammhaus gibt es künftig Bildungsangebote für junge Menschen. Nicht nur das Konzept, auch das Aussehen des Hauses hat sich verändert.

„Mit dem Haus wollen wir unsere Familienarbeit, aber auch die Begegnung und den Austausch mit der Gemeinde weiter fördern und verdeutlichen: Wir sind Teil von Niederwörresbach.“
Diakonin Andrea Kunert, Einrichtungsleitung der KJF Hunsrück/Glan über das neue Konzept des Stammhauses

Fassadenanstrich, Heizung, Balken: Alles ist neu. Bis auf die Hauptmauern und die denkmalgeschützten Anteile sei nichts mehr so wie vorher, sagt Kunert. „Es war wirklich eine Kernsanierung.“ Initiator der Instandsetzung ist Wolfgang Hey, der einstige Landrat des Landkreises Birkenfeld. In seiner Rede zur Jubiläumsfeier der Jugendhilfeeinrichtung erinnert sich der 85-Jährige, der im Nachbarort Herrstein aufwuchs, an seine Kindheit zurück.

„Wenn ich meine Tante in Niederwörresbach besucht habe, war ich immer begeistert von dem Fachwerkhaus in der Hauptstraße.“ Im Laufe der Jahre sei der Zerfall des Hauses sichtbar geworden. In einem Brief wandte sich Hey 2019 an den damaligen Chef der Stiftung Kreuznacher Diakonie, die aber Finanzprobleme hatte – Fördermittel mussten her.

Vor dem ersten Rundgang durch das frisch sanierte Stammhaus in Niederwörresbach versammeln sich (von links) Jennifer Möllers (Geschäftsbereichsleitung Kinder-, Jugend- und Familienhilfe, Stiftung Kreuznacher Diakonie), Landrat Miroslaw Kowalski, Diakonin Andrea Kunert (Einrichtungsleitung, Stiftung Kreuznacher Diakonie), Pfarrer Holger Böckel (Vorstand, Stiftung Kreuznacher Diakonie), als Vertreter der Förderer Jens Lauer (Geschäftsführer Lokale Aktionsgruppe Erbeskopf), Diakon Benedikt Schöfferle (Referent Fundraising, Stiftung Kreuznacher Diakonie), Ralf Juchem (Ortsbürgermeister Niederwörresbach) und der ehemalige Landrat Wolfgang Hey.
Hannah Klein

Die Sanierung erfolgte 2023/24 mit der Unterstützung von Fördermitteln aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes (ELER), aus dem rheinland-pfälzischen Entwicklungsprogramm „Umweltmaßnahmen, ländliche Entwicklung, Landwirtschaft, Ernährung (EULE), von Bund und Land im Rahmen der Gemeinschaftsausgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) sowie der Glücksspirale.

Das Niederwörresbacher Stammhaus ist ein geschichtsträchtiger Ort

Die Kinder-, Jugend- und Familienhilfe (KJF) Hunsrück/Glan in Niederwörresbach wurde 1845 gegründet, als Pfarrer Friedrich Adolf Koch armen Mädchen in seinem Elternhaus ein Zuhause gab – in einem an der Hauptstraße in Niederwörresbach gelegenen Fachwerkhaus aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Was vor 180 Jahren begann, habe sich zu einem großen Standort mit vielen verschiedenen Angeboten der Jugendhilfe weit über Niederwörresbach hinaus entwickelt, teilt die Stiftung Kreuznacher Diakonie mit. Die Einrichtung in Niederwörresbach sei 1894/95 vom Zweiten-Rheinischen-Diakonissen-Mutterhaus, heute Stiftung Kreuznacher Diakonie, übernommen worden. Der gesamte Bereich der KJF Hunsrück/Glan, beschäftige derzeit rund 200 Mitarbeitende an insgesamt fünf Standorten.

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