„Ich kann nicht sehen, dass es zu einem gravierenden Umdenken gekommen ist“, findet Professorin Angelika Zahrnt, Wirtschaftswissenschaftlerin, Systemanalytikerin, Trägerin des Bundesverdienstkreuzes und frühere Vorsitzende des Bunds für Umwelt und Naturschutz. Manche nennen sie auch die „Grande Dame“ des BUND, die Frau, die zusammen mit dem Meeresbiologen Lukas Müller zur Nikolaus-Vorlesung auf dem Umwelt-Campus in Neubrücke gekommen war.
Die Veranstaltung gehört nicht zum üblichen Unterrichtsprogramm, hat aber einiges damit zu tun: Sie wirbt mit diesem Mittagsprogramm am Nikolaustag, das in einen kleinen Weihnachtsmarkt im Zentralen Neubau eingebunden war, für einen Studiengang, den es erst seit 14 Monaten gibt.
Es gibt Lehrstoff für NGOs, Non-Governmental Organisations, Nichtregierungsorganisationen also. Mit diesem Studiengang für Nonprofit- und NGO-Management habe man auf einen Wunsch von außen reagiert, informierte Prof. Klaus Rick, der den neuen Studiengang initiiert hat und leitet: „NGOs kamen auf mich zu und setzten sich für eine professionelle Ausbildung ein. Denn wir auf dem Campus haben die Möglichkeiten, eine solche Ausbildung systematisch anzugehen.“ Die Heinz-Sielmann-Stiftung gibt nun drei Jahre lang eine Anschubfinanzierung für den Studiengang und stellte auch Mittel für die Veranstaltung am Nikolaustag zur Verfügung.
Akademie läuft wieder an
Rick moderierte die Vorlesungen und leitete die abschließende kleine Talkrunde mit Zahrnt und Müller, zu der auch Harald Egidi stieß, der Leiter des Nationalparkamts Hunsrück-Hochwald. Mit dem vorgegebenen Konzept, die Landschaft im Park der natürlichen Entwicklung zu überlassen, sei man wesentlich weiter als geplant, erläuterte Egidi. Nun will man wieder verstärkt in die Öffentlichkeitsarbeit einsteigen. Egidi: „Corona war nicht gerade hilfreich, was den Dialog mit den Menschen betrifft. Aber alles läuft jetzt langsam wieder an.“
Die Reihe der Akademie-Vorträge, die im Winter 2020 wegen der Pandemie unterbrochen worden war, soll im Februar 2023 wieder aufgenommen werden, man sei schon dabei, die ersten Veranstaltungen zu organisieren und Referenten zu finden. Das Nationalparkamt setzt also auf Öffentlichkeit. Egidi: „Wir dürfen uns auf keinen Fall auf uns selbst zurückziehen.“ Das Symboltier des Nationalparks ist die Wildkatze.
Auch Angelika Zahrnt nahm sich das Tier vor, sie sprach das Hauptproblem der scheuen Tiere an: Die Zerschneidung ihres Lebensraums. Rheinland-Pfalz hat die größte Wildkatzenpopulation in Deutschland, aber im Zeitraum von 2018 bis 2020 wurden gut 350 Wildkatzen überfahren. Es gehe jetzt darum, deutschlandweit ein Netz von verbundenen Wäldern zu schaffen, einen Korridor für die Tiere zu ermöglichen, damit sie in dieser Zersiedlung der Landschaft durchgehendes Gelände finden.
Auch das „Grüne Band“, das erste gesamtdeutsche Naturschutzprojekt nach der Wende, gegründet vom BUND Bayern, wurde von der Professorin beschrieben: 1393 Kilometer entlang des Todesstreifens, den es zu DDR-Zeiten gab: Die Natur konnte sich dort frei entwickeln, weil kein Mensch sich in diese Flächen zwischen den beiden deutschen Staaten traute. Heute gebe es dort 146 verschiedene Biotoptypen.
Tauchen mit Haien
Die Zuhörer im Hörsaal 014, darunter auch viele Gymnasiasten von der Göttenbach in Idar-Oberstein, wo Rick einst Abitur machte, dürften den Vortrag von Lukas Müller als erfrischend empfunden haben: Nicht nur, weil der 33-Jährige Videos vom Tauchen mit Haien zeigte, denen Sender an ihre Rückenflossen platziert werden. Und von einem zwei Meter langen Waran, der offenbar irritiert war in einem Ring von Tauchern, die ihn für neugierig anschauten. Haiforscher Müller ist auf Instagram unterwegs, hält Vorträge, dreht Dokus über das Leben im Meer und hat den Verein Ocean Wildlife Project gegründet, der Fördergelder sammelt.
Müller weiß, das Tourismus, auch die Tauchtouristen, nicht gerade zur Beruhigung der Meerestiere beitragen. „Mein Ziel ist es nicht, dass wir so viele Menschen wie möglich auf den Ozean bringen wollen, das will ich auf gar keinen Fall.“ Aber nicht durch Tourismus, sondern durch Verschmutzung und Überfischung sind viele Haiarten vom Aussterben bedroht: „Es würde mir das Herz brechen“, schreibt er auf seiner Internet-Seite, „zu wissen, dass ein Teil dieser Magie (…) verschwinden könnte.“