Jeden Freitag um dieselbe Zeit treffen sich 16 Frauen in der Turnhalle von Nahbollenbach: Sie dehnen sich, machen Übungen mit Gymnastikbällen oder Therabändern, haben Spaß. Sie halten sich im Alter fit. Angeleitet wird die Gruppe von Gretel Franzmann – 87 Jahre alt, eine Übungsleiterin mit jahrzehntelanger Erfahrung.
Seit den späten 1960er-Jahren steht Gretel Franzmann regelmäßig in der Halle. Was mit einer Gruppe junger Mädchen begann, ist längst zur Institution im Idar-Obersteiner Stadtteil geworden. Franzmanns Sportstunde ist mehr als Bewegung: Für viele Frauen ist sie ein fester sozialer Anker, der gesellige Abschluss einer Woche.
Eine Lizenz mit Langzeitwirkung
Alles begann 1968 mit einer Übungsleiterlizenz, die Franzmann im pfälzischen Edenkoben absolvierte – vierzehn Tage Ausbildung mit Prüfung. Erst arbeitete sie mit Kindern und Mädchen, dann kamen in den 1970ern die ersten Frauen hinzu. „Damals hatte ich zwei Gruppen, eine mit jüngeren, eine mit älteren Frauen“, erzählt sie. Heute leitet die 87-Jährige noch eine Gruppe – die meisten Teilnehmerinnen sind Ende 70, eine wird bald 90.
Die Frauen treffen sich jeden Freitag zur einstündigen Gymnastik. Aufwärmen, Übungen mit Handgeräten, Therabändern oder Bällen, zum Schluss dann eine Entspannungsübung oder ein kleines Spiel: Was für Außenstehende wie ein sportlicher Termin klingt, ist für die Frauen durchaus mehr. „Die Geselligkeit steht im Vordergrund“, sagt Franzmann. „Viele sind alleinstehend. Der Kontakt bricht nicht ab, auch wenn jemand nicht mehr mitturnen kann.“

So hat sich neben der Turnstunde ein zweites Ritual etabliert: Nach dem Training geht es gemeinsam in die örtliche Gastwirtschaft – ein griechisches Restaurant, das für die Gruppe längst zum Stammlokal geworden ist. Und auch für jene, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr mitturnen können, bleibt der Freitag ein Fixpunkt. Mal ein Besuch in der Eisdiele, mal ein Kaffeeplausch – das Zusammensein zählt.
Die Gemeinschaft: Genau die treibt Franzmann an. „Die Frauen sind froh, dass ich da bin“, sagt sie. Und fügt an: „Ich möchte das machen, solange es meine Gesundheit zulässt. Ich bin dankbar, dass sie so lange mitgespielt hat.“ Gretel Franzmann lebt, was sie predigt: Sie geht viel zu Fuß, erledigt Besorgungen im Ort, spaziert regelmäßig. Bewegung, sagt sie, sei das A und O. „Es ist wichtig, dass die Leute etwas tun. Man sollte nicht nur herumsitzen.“

Franzmanns sportliches Wirken war über Jahrzehnte facettenreich. Sie unterrichtete 26 Jahre lang Sport an der Hauptschule in Nahbollenbach – erst für Mädchen, später auch für Jungen an der Grundschule, nachdem die Hauptschule verlegt wurde. „Ich erinnere mich noch heute daran, wie die Jungs durch die Halle gestürmt sind. Die Mädchen waren da ganz anders“, sagt sie und lacht.
Neben den wöchentlichen Stunden organisierte sie eine Tanzgruppe, leitete Aerobic- und Step-Aerobic-Kurse, fuhr mit ihren Turnerinnen zu deutschen Turnfesten nach Berlin oder München. Auch beim 100. Jubiläum der Sportvereinigung Nahbollenbach im Jahr 1992 war sie eine der zentralen Figuren.

Mit der Zeit habe sie viele Generationen in ihren Gruppen erlebt. Die Turnstunden waren dabei immer mehr als nur Sport – sie wurden zu Begegnungsräumen, zu einem sozialen Netz. „Im Laufe der Zeit wird es einsam, wenn man so alt wird“, sagt Franzmann nachdenklich. „Umso schöner sind die Freitage.“
Die Frauen sind nach wie vor „alle schön dabei“, wie sie sagt. Man spürt: Gretel Franzmann ist nicht nur Übungsleiterin, sie ist ein lebendiger Beweis dafür, dass Sport verbindet – und jung hält. „Das ist mein bewegtes Sportlerleben“, sagt die 87-Jährige.
