Höhere Energiepreise, die Übernahme der IGS Herrstein-Rhaunen und der Realschule plus mitsamt Fachoberschule in Birkenfeld sowie des Busstadtverkehrs in Idar-Oberstein: Normalerweise wäre 2023 „für uns finanziell ein ganz schwieriges Jahr geworden“: So leitete der Erste Beigeordnete Bruno Zimmer am Montagabend die erste Lesung des Haushaltsentwurfs, der am Montag, 12. Dezember, vom Kreistag verabschiedet werden soll, im Kreisausschuss ein.
Aber durch den von Biontech ausgehenden Gewerbesteuerregen in Idar-Oberstein, von dem ein guter Teil über die Umlage an den Landkreis fließt, könne man deutlich entspannter auf das nächste Jahr blicken, meinte Zimmer. Aus einem extrem finanzschwachen ist quasi über Nacht ein finanzstarker Kreis geworden, auch wenn Zimmer „nicht so weit gehen wollte, zu sagen: Wir sind reich“. Denn niemand weiß, wie sich die Steuerzahlungen von Biontech in den nächsten Jahren entwickeln.
Weitere Entlastung denkbar
Es könnte aber durch eine andere Geldquelle kurzfristig sogar noch viel besser kommen. Denn der Kreis darf sich Hoffnungen auf eine weitere opulente Zahlung machen, was nach den Millionen von Biontech in kurzer Zeit wie ein zweiter Sechser im Lotto wäre, wie Kämmerer Kai Scherer meinte. Das Land will nämlich im Rahmen eines Entschuldungsprogramms einen großen Teil der von den Landkreisen abgeschlossenen Kassenkredite ablösen.
Dabei geht es für die obere Nahe um eine Entlastung von rund 82 Millionen Euro. Der Schuldenberg, der sich bis Ende dieses Jahres auf rund 140 Millionen Euro auftürmen wird, wäre so zusammen mit den aus eigener Kraft möglichen Tilgungen voraussichtlich bis Ende 2024 ganz abgetragen. „Wenn es so käme, knallen die Sektkorken“, kündigte der Kämmerer an.
Doch noch ist es nicht so weit, sagte er auf Nachfrage von Matthias Keidel (FDP). Und noch sei man vorsichtig und will nicht zu früh jubeln, weil man befürchtet, dass der Kreis wegen seiner deutlich verbesserten Finanzsituation vielleicht leer ausgehen könnte. Allerdings war der Stichtag für das Entschuldungsprogramm der 31. Dezember 2020, als der BIR-Kreis noch jede Menge Schulden hatte. Deshalb hätte Bernhard Alscher von der FLKB (Freie Liste Kreis Birkenfeld) überhaupt kein Verständnis dafür, „wenn wir da ausgebremst würden“.
Wenn es so käme, knallen die Sektkorken.
Kämmerer Kai Scherer
Im Haushalt 2023 tauchen die Millionen vom Land ohnehin noch nicht auf. Sie würden erst 2024 ausgezahlt. Die Zahlen im Etatentwurf aber sind dennoch imposant: Schließt der aktuelle Haushalt noch mit einem Defizit von knapp 9 Millionen Euro ab, so wird für 2023 ein Plus von 66,5 Millionen Euro erwartet. Die Erträge steigen dank Biontech gegenüber dem laufenden Jahr um mehr als 100 Millionen Euro, allerdings erhöhen sich auch die Aufwendungen um rund 25,5 Millionen Euro. Als reiche Kommune erhält der Kreis zudem anders als 2022, als aus dem kommunalen Finanzausgleich noch rund 30 Millionen Euro auf seinem Konto eingingen, aus dieser Quelle jetzt kein Geld mehr. Im Gegenteil: 2023 muss er selbst in diesen Topf circa 7 Millionen Euro einzahlen.
Alle sollen profitieren
Seine Investitionskredite in Höhe von derzeit 29 Millionen Euro will der Landkreis im nächsten Jahr komplett tilgen. Auch dann bleibt immer noch genug übrig, um kräftig zu investieren, nämlich fast doppelt so viel wie 2022 – und da sind es vor allem wegen der Anschaffung von Lüftungsgeräten für die Schulen mit 14,4 Millionen Euro schon erheblich mehr als 2021 (6,4 Millionen Euro) und 2020 (3,8 Millionen Euro). Von den für 2023 insgesamt veranschlagten 26,4 Millionen Euro entfällt der Löwenanteil mit 11,8 Millionen Euro auf die Schulen. 8,24 Millionen Euro sind für Verwaltung, Brand- und Katastrophenschutz vorgesehen, 6,36 Millionen Euro für Kreisstraßen, Radwege, Gewässeraufsicht und das Breitbandnetz.
Auch die Verbands- und Ortsgemeinden sollen von den Biontech-Millionen profitieren. Die Kreisumlage, die sie an den Landkreis entrichten müssen, soll von 43,3 auf 41 Prozentpunkte gesenkt werden – das entspricht rund 13 Millionen Euro. Der weitaus größte Teil davon verbleibt bei der Stadt Idar-Oberstein, während die Verbands- und Ortsgemeinden dadurch nur um rund 2 Millionen Euro entlastet werden.