Heidi Schappert war die erste Frau im Ortsbürgermeisteramt in der Verbandsgemeinde Herrstein - Ein Rückblick
Nach 45 Jahren Lokalpolitik aus Leidenschaft: Die erste Ortsbürgermeisterin der VG Herrstein hört auf
15 Jahre lang war Heidi Schappert die einzige Ortsbürgermeisterin der Verbandsgemeinde Herrstein.
Sabine Maier-Greber

15 Jahre lang ist Heidi Schappert in der Verbandsgemeinde die einzige Frau im Amt der Ortsbürgermeisterin. 30 Jahre lang setzt sie sich für die Region im Verbandsgemeinderat ein. Nun soll diese Ära ein Ende finden.

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Rund 45 Jahre Lokalpolitik – als Ortsbürgermeisterin von Mittelreidenbach, als Mitglied des Verbandsgemeinderates und des Kreistages: Heidi Schappert hat die Region mitgeprägt. Dafür wurde sie vielfach ausgezeichnet. 2007 erhielt sie die Freiherr-vom-Stein-Plakette, die höchste Auszeichnung des Landes Rheinland-Pfalz für kommunale Verdienste.

Sie ist zudem Trägerin der Verdienstplakette der Verbandsgemeinde Herrstein-Rhaunen in Gold und des Kreises Birkenfeld in Silber und einiger weiterer Auszeichnungen für ihr außergewöhnliches kommunales Engagement. Ein Engagement, das zur Kommunalwahl am 9. Juni dieses Jahres enden soll, denn Schappert wird nicht noch einmal antreten. „Nicht für den VG-Rat und auch nicht als Ortsbürgermeisterin.“ Als Grund nennt sie ihr Alter. „Ich will jetzt mehr Zeit mit meiner Tochter und meiner Enkelin verbringen und mein liebstes Hobby, die Gärtnerei, noch etwas vertiefen“, sagt die 83-Jährige. Anlass genug, auf ein Leben in der Lokalpolitik zurückzublicken.

Die Frau fürs Finanzielle

Am 1. Juli 1979 betritt Heidi Schappert die lokalpolitische Bühne: als erste CDU-Frau im VG-Rat, eine von zwei Frauen überhaupt in dem Gremium. Eine Rolle, die sie noch einige Zeit begleiten wird. „Es war nicht schwer als junge Frau im VG-Rat. Man hat mir direkt etwas zugetraut“, beschreibt sie ihren Start in der damaligen Männerdomäne. Zumal sie sich durchzusetzen weiß.

Damals sei Frauen noch nahegelegt worden, sich in den Ausschüssen zu sozialen Themen zu engagieren. Schapperts Ding war das nicht: „Ich habe mich regelrecht dagegen gewehrt.“ Die gelernte Industriekauffrau will in den Haupt- und Finanzausschuss und setzt ihren Willen durch. „Ich habe mich dort sehr wohlgefühlt, ich hatte schon immer einen Sinn für Zahlen“, sagt die Lokalpolitikerin.

Die erste Ortsbürgermeisterin

Ihr Sinn fürs Finanzielle entstamme wohl ihrer Kindheit. Schapperts Vater fällt im Zweiten Weltkrieg – ihre Mutter zieht sie und ihre Geschwister allein groß. „Ich war früh damit konfrontiert, dass das Geld ausreichen muss, weil immer zu wenig da war“, erzählt die Mittelreidenbacherin. „Ich habe Geld so schätzen gelernt und erfahren, dass ich sorgsam mit Ausgaben umgehen muss.“ Auch die Leidenschaft für die Lokalpolitik könnte Schappert geerbt haben. Schon Ende des 19. Jahrhunderts war ihr Großvater Ortsbürgermeister in Mittelreidenbach. Auch ihr Vater übte diesen Posten für kurze Zeit aus.

1984 entscheidet Heidi Schappert sich, in ihrem Wohnort Mittelreidenbach als Ortsbürgermeisterin aktiv zu werden. Wie es dazu kam? „Das hat sich so ergeben“, sagt die Lokalpolitikerin auf die ihr eigene bescheidene Art. Sie tritt auf der CDU-Liste für das Ortsbürgermeisteramt an. Dabei habe sie nicht mal auf dem ersten Listenplatz gestanden. Die meisten Stimmen erhält sie trotzdem und wird so zur ersten Frau, die das Bürgermeisteramt in einem Ort der Verbandsgemeinde Herrstein ausübte.

Daran sollte sich 15 Jahre lang nichts ändern. Einige hätten sich erst daran gewöhnen müssen: „Am Anfang wurde ich immer als Frau Bürgermeister angesprochen“, berichtet Schappert lachend.

Politikerin aus Leidenschaft

Ihre erste Amtshandlung ist der Bau eines Spielplatzes für die Gemeinde, der bis heute genutzt wird. Besonders stolz ist Schappert auf den Dorfplatz, dessen Bau sie ebenfalls in ihrer ersten Amtszeit umsetzt. Wo vorher ein landwirtschaftliches Gehöft mit Stallungen stand, lässt die Ortsbürgermeisterin räumen. Aus dem Sandstein einer historischen Brücke über den Reidenbach entsteht der Dorfbrunnen. Viel Eigenleistung des Dorfes stecke in dem Platz, sagt Schappert. Ihr Mann kümmert sich um Holzvertäfelungen und führt Putzarbeiten mit einem Vetter durch. „Mittelreidenbach hat viele Handwerker, das ganze Dorf hat bei den Arbeiten geholfen. Das war ein Gemeinschaftswerk“, fügt sie an.

Noch heute spiele sich das kulturelle Leben des Dorfes auf dem Platz ab, ob beim Muttertagskonzert, an Fronleichnam oder bei der Kirmes. Bis ihre erste und 20 Jahre andauernde Amtszeit im Jahr 2004 endet, entstehen in Mittelreidenbach noch ein Kindergarten, ein neues Feuerwehrhaus und ein Neubaugebiet inklusive Zugang über eine neue Brücke. Überall ist Schappert maßgeblich beteiligt.

2004 tritt sie nicht erneut als Ortsbürgermeisterin an. „Ich hatte vieles geschafft, und es gab einen geeigneten Nachfolger.“ Doch im Verbandsgemeinderat setzt sie sich noch bis 2009 für die Region ein. 2011 trifft sie ein Schicksalsschlag, der sie mitten in der Wahlperiode zum Rücktritt auch aus dem letzten Gremium, dem Kreistag zwingt.

Es war die richtige Entscheidung

Ihr Mann erkrankt und verstirbt einige Zeit später. „Ich bin mit vollem Herz Politikerin. Ich wäre ohne die Erkrankung meines Mannes nie in einer laufenden Wahlperiode zurückgetreten. Aber es war die richtige Entscheidung“, sagt Schappert. Doch damit endete ihre Laufbahn nicht. Seit 2014 sitzt sie wieder im Verbandsgemeinderat. „Ich konnte nicht von der Politik lassen, mir hat einfach etwas gefehlt“, gibt Schappert zu.

2019 lässt sie sich abermals für eine Wahlperiode als Ortsbürgermeisterin wählen und bringt ein weiteres Neubaugebiet auf den Weg, für das die Landflächen bereits genehmigt sind. Doch im Juni soll endgültig Schluss sein. „Ich habe das Gefühl, dass ich zwar nicht alles richtig gemacht habe, aber vieles“, sagt Schappert. Ein gutes Gefühl, um loszulassen.

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