Hottenbach – „Satire-Gipfel“ heißt ein Kabarettformat, das jetzt am Montagabend mit Dieter Nuhr in der ARD zu sehen ist. Das ist aber Etikettenschwindel, denn der wahre Meister der politischen Satire, Georg Schramm, gastierte am Montagabend im Saal Dahlheimer auf Einladung von KaFF in Hottenbach: Und somit fehlte der ARD die Gipfelspitze...
Kann man Georg Schramm, der 1949 in Bad Homburg geboren wurde, als den „zornigen alten Mann“ des politischen Kabarett bezeichnen? Nach dem Auftritt im vollen Saal in Hottenbach zu urteilen, kann die Antwort nur „ja“ lauten.
Wie in seinen vorherigen Programmen bedient sich Schramm bei seinem neusten „Meister Yodas Ende“ seiner drei Kultfiguren Rentner Lothar Dombrowski, dem hessischen Sozialdemokraten August und Oberstleutnant Sanftleben. Es ist ein kleines Theaterstück, das da in Hottenbach auf der Bühne präsentiert wird. Dombrowski hat eine Selbsthilfegruppe für Senioren gegründet, zu der Sozi August gehört und die den Oberstleutnant als Gastredner eingeladen hat. Schramm haucht diesen drei Figuren durch seine hervorragende Darstellungskunst und Sprachgewalt ein eigenes Leben ein. Mimik und Betonung der Worte spielen eine große Rolle. Doch im Mittelpunkt des Geschehens steht natürlich das,was er seine erfundenen Charaktere sagen lässt. Und dabei nimmt Schramm kein Blatt vor den Mund. Er entpuppt sich als ein Beobachter des Lebens und setzt das Gesehene auf allerhöchstem sprachlichen Niveau um. Alle drei Figuren rechnen mit den Lebensumständen unserer Zeit gnadenlos ab.
Schramm ist ein Chronist, der den Finger in offene Wunden unserer Gesellschaft legt. Dass er dies pointiert, lustig und mit viel Power präsentiert, ist seine große Kunst. Und Themen hat er ja derzeit genug. Er greift die führenden Leute in der Politik („Merkel und Westerwelle, das sind Furunkel am Gesäß des Bösen“) ebenso an wie die Kirchen, TV-Talkshows und die Banken. Satirisch und sarkastisch fragt er dabei: „Wenn Deutschland am Hindukusch verteidigt wird, ob dann Afghanen sagen, dass ihr Land im Sauerland verteidigt wird“. Und hinter der Aussage, dass das in Afghanistan ein Krieg sei, sieht Schramm parteipolitische Überlegungen. Denn Schwarz-Gelb hat nur noch eine Chance, wenn das Kriegsrecht eingeführt wird. Denn dann gibt es laut Verfassung keine Wahlen. Den Kirchen rechnet er vor, das sie das Zölibat nur eingeführt hätten, weil dann die Priester ja keine Erben mehr hätten und so alles an die Kirche fällt. Auch die SPD-Politiker bekommen ihr Fett weg: „Sie machen in jede Hose, die man ihr hinhält.“ Ein Thema sind auch die Jugendunruhen in den Großstädten.
Einen breiten Raum in seinem Programm nimmt das Altern ein, und wie Menschen heute mit Senioren umgehen. Auch das Thema Demenz spielt dabei eine große Rolle. Wann beginnt Demenz, wie merke ich es oder wie kann ich es verhindern, dass ich nicht mehr allein entscheiden kann, was mit mir geschieht? „Ich will nicht im 'Wir' auf die Toilette geführt werden“, ist eine seiner Aussagen Ein sehr ruhiger und nachdenklich stimmender Teil, der die andere Seite des Kabarettisten zeigt. Dass hier ein wirklich Großer seiner Zunft auf der Bühne in Hottenbach stand, zeigte auch der starke Schlussapplaus am Ende des Programms. Eine Zugabe gab es nicht. Aber das Versprechen, ein weiteres Mal nach Hottenbach zu kommen. Erhard Hahn