Keine organisierte Kriminalität: Warum der Prozess für die Angeklagten glimpflicher endete, als anfangs zu erwarten war
Milde Urteile im vormaligen „Bandenprozess“ in Idar-Oberstein: Eine Einbrecherbande, die keine war
Wegen eines schweren Raubs in Plaidt wird derzeit verhandelt.
dpa

Die drei Angeklagten, die sich wegen schweren Bandendiebstahls vor dem Schöffengericht am Amtsgericht Idar-Oberstein verantworten mussten, fallen nicht unter die zu Recht gefürchtete organisierte Kriminalität. Bei den beiden 40 und 37 Jahre alten Männern sowie der 31-jährigen Frau aus Idar-Oberstein und Umgebung handele es sich vielmehr nur um einen „losen Verbund“, wie Staatsanwalt Dr. Peter Karfeld am Dienstag in seinem Plädoyer einräumte.

So hielt auch der Ankläger nur noch den Vorwurf des Diebstahls aufrecht. Was zur Folge hatte, dass es für das Trio am Ende durchweg ein deutlich geringeres Strafmaß gab, als zu Prozessbeginn zu erwarten gewesen war.

Während der 40-Jährige am Ende der Verhandlung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt wurde, bleibt der 37-Jährige, der zurzeit noch in der JVA Rohrbach einsitzt, für weitere zwei Jahre hinter Gitter. Die Komplizin der beiden schließlich kommt wegen Diebstahl und Hehlerei mit einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten davon, die für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt ist.

Zu diesem vergleichsweise glimpflichen Ausgang hat das Trio selbst entscheidend beigetragen. „Ohne ihre umfangreichen Geständnisse, die in diesem Fall besonders viel wert waren, hätten wir deutlich höher gelegen“, betonte Richter Marcel Oberländer. Zudem urteilte das Gericht zu ihren Gunsten, dass der Schraubenzieher und das Stemmeisen, das die Männer bei ihren Beutezügen dabei hatten, nur als Einbruchwerkzeuge und nicht als Waffen gewertet wurden – was in der Rechtsprechung so oder so bewertet werden kann.

Gleich zwei Banden am Werk?

Zu ihrem Vorteil erwies sich dann auch noch der auf dem Papier schwerste Fall als weniger dramatisch als gedacht. Denn bei dem Einbruch in ein Idar-Obersteiner Juweliergeschäft waren sie offenbar nur die Zweitverwerter, wie die Beweisaufnahme ergab.

Nachdem unbekannte Profis bereits den besonders wertvollen Schmuck abgeräumt hatten, erfuhren die drei Angeklagten auf einer Party irgendwie, dass am Tatort noch etwas zu holen sei. Sie ließen dort dann noch mitgehen, was die anderen übrig gelassen hatten, vor allem Silberschmuck sowie Perlen- und Bernsteinketten.

Auch die weiteren, von den beiden Männern begangenen Einbrüche in eine Gaststätte, eine Sisha-Bar, eine Betonfirma und eine Musikkneipe dienten vor allem dazu, den eigenen Drogenkonsum zu finanzieren, der bei allen drei schon seit Langem ihr Leben bestimmt. Da verwundert es nicht, dass sie eine lange Vorstrafenliste haben, was bei den beiden Männern trotz aller mildernden Umstände letztlich verhinderte, dass die Strafe zur Bewährung ausgesetzt werden konnte. Das hatten sich ihre beiden Verteidiger gewünscht.

Dass sich das nicht erfüllte, lag aber auch daran, dass der angerichtete Sachschaden erheblich war und mit insgesamt 40.000 bis 45.000 Euro deutlich höher lag als der Wert der Beute, wie Marcel Oberländer deutlich machte. Die Sozialprognose ist bei den drei Angeklagten positiv. Vor allem bei dem 40-Jährigen, der eine Familie hat, seit einer Therapie im vorigen Jahr abstinent ist und einer geregelten Arbeit nachgeht.

Das sieht der psychiatrische Sachverständige Ralf Werner (Bingen) grundsätzlich als entscheidend dafür an, dass die von ihm begutachteten Klienten ihr bisher eher verkorkstes Leben in den Griff bekommen werden – und es zudem auch noch schaffen, „die Finger von den Drogen zu lassen“, wie es der Richter formulierte. Ihre Startbedingungen waren unisono miserabel: Sie stammen aus schwierigen, ungeordneten Familienverhältnissen.

Unangekündigte Drogenscreenings

Auch die 31-jährige Mitangeklagte sieht sich trotz aller Widrigkeiten inzwischen auf einem guten Weg. Sie hat ebenfalls einen Vollzeitjob und will sich endlich um ihr Kind kümmern, für das ihre Mutter das Sorgerecht hat. Sie räumte aber vor Gericht ein, dass sie noch nicht ganz von den Drogen los sei. Um ihr das zu erleichtern, muss sie regelmäßig die Suchtberatung aufsuchen und sich unangekündigten Drogenscreenings unterziehen.

Der 37-Jährige will den Führerschein machen und den Schaustellerbetrieb seines schwer kranken Vaters übernehmen, um den er sich auch kümmern will. Vorher aber muss er seine Haftstrafe absitzen. Der Sachverständige attestierte ihm eine technische Begabung, eine schnelle Auffassungsgabe und kommunikative Fähigkeiten. Aber auch für ihn gilt, dass er aus seinen Möglichkeiten bisher zu wenig gemacht habe und eher „nach dem Lustprinzip gelebt hat“, wie Ralf Werner meinte. Strafmildernd wirkte sich bei ihm aus, dass er sich aus der JVA heraus im Rahmen des Täter-Opfer-Ausgleichs darum bemüht hat, den von ihm angerichteten Schaden wiedergutzumachen. Ihm empfahl der Richter während der Haft eine Therapie, „um sich zu stabilisieren und wieder Fuß zu fassen“.

Es sieht für die drei also nicht schlecht aus, was aber keine Garantie dafür ist, dass sie nicht wie schon so oft in ihrem Leben irgendwann wieder straffällig werden. Zu ihren bereits angehäuften Schulden kommen jetzt noch weitere hinzu. Die beiden Männer müssen knapp 12.000 beziehungsweise 12.800 Euro als Wertersatzeinziehung zahlen, die Frau hingegen nur 400 Euro.

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