Den Anstoß hierfür lieferten kritische Anmerkungen zum Masterplan 2030, die Moritz Forster (SPD) einbrachte. Hintergrund: Im Jahr 2016 wurde durch eine Arbeitsgruppe in der Verwaltung der Masterplan Vision 2030 mit dem Ziel erarbeitet, dass Idar-Oberstein regional und überregional als „Edelstein der Nationalparkregion“ wahrgenommen wird und bis spätestens 2030 durch ein Zusammenwirken aller Kräfte ein Spiegel für Qualität und Niveau geworden ist. Der Masterplan dient seitdem als Grundlage für die weitere Entwicklung der Stadt. Da der Masterplan aktuell, realistisch, zielorientiert und transparent bleiben soll, wird die Entwicklung regelmäßig überprüft und aktualisiert.
Jedes Jahr gibt es im November eine Art Update, der einen Überblick liefert. Stets ist dieses Update mit Lob vonseiten der Ratsmitglieder verbunden: dieses Mal allerdings nicht. Und dabei liest sich gut, was die Verwaltung da präsentierte. Im Jahr 2022 wurden einige Maßnahmen ausgeführt oder zumindest begonnen.
Co-Working-Space denkbar
Anschließend an das integrierte Klimaschutzkonzept wurde neben den energetischen Sanierungen städtischer Gebäude das multimodale Mobilitätskonzept angegangen. Die Erschließung des Industrie- und Gewerbegebiets Weidenberg wurde begonnen und soll bis Ende des Jahres erfolgt sein. Als Ausbaumaßnahmen wurden der Teilbereich Mainzer Straße von der Wilhelm-Leuschner-Brücke bis Einmündung „Auf der Idar“/Klotzbergstraße sowie die Nordtorstraße fertiggestellt. Bezüglich gewerblicher Leerstände speziell im Innenstadtbereich wurden durch die Wirtschaftsförderung erneut viele Gespräche geführt und Kontakte vermittelt. Der Leerstand C&A wird derzeit modernisiert, ein medizinisches Versorgungszentrum ist geplant.
Seitens der Wirtschaftsförderung wurde darüber hinaus erfolgreich der Projektantrag für das Programm „Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren“ erarbeitet. Am 26. September hat die Stadt den Bescheid hierfür erhalten. Folgende Projekte wurden bereits gestartet: Vorbereitungen und erste Anschaffungen für eine einheitliche Begrünung der Stadt, Vorbereitung und erste Maßnahmen von Marketingmaßnahmen für die Innenstadt und Anschaffungen für eine einheitliche Dekoration in der Fußgängerzone Oberstein.
Das Ding lebt doch!
Armin Korpus (CDU) konnte die Kritik am Masterplan 2030 der Stadt Idar-Oberstein nicht nachvollziehen.
Erste Gespräche gab es für die Einrichtung eines innerstädtischen Co-Working-Space in einem Leerstand. In Zusammenarbeit mit der Kreisverwaltung und der Wirtschaftsförderungs- und Projektentwicklungsgesellschaft Kreis Birkenfeld wurde im Oktober 2022 zum dritten Mal eine Azubi- und Jobmesse, diesmal unter der Überschrift Karrieremesse, in der Messe veranstaltet.
Für den Kernbereich Idar wurde ein förmlich festgelegtes Sanierungsgebiet beschlossen, in dem sowohl öffentliche Maßnahmen geplant sind wie auch für private Eigentümer die Möglichkeit eröffnet wird, bei Modernisierungen an ihren Gebäuden günstige Steuerabschreibungen zu erhalten.
Die Planung eines Stadtparks, die im Rahmen des Beteiligungsprojektes „Jugend macht Politik für Idar-Oberstein“ und mehreren Zukunftswerkstätten erarbeitet und vorangetrieben wurde, wurde finalisiert. Bedingt durch Bodenbelastungen konnte die Maßnahme bisher nicht begonnen werden. Sie soll jedoch im nächsten Jahr umgesetzt werden.
Digitalisierung läuft weiter
Die Digitalisierung der Verwaltung, die eine dauerhafte Aufgabe darstellt, läuft weiter. Derzeit werden die Grundlagen geschaffen, um das Onlinezugangsgesetz umsetzen zu können. Hierzu hat die Stadtverwaltung alle erforderlichen Voraussetzungen erfüllt.
Die Verwaltung liegt hier zeitlich im oberen Drittel aller rheinland-pfälzischen Kommunen. Einzelne Projekte aus der Digitalwerkstatt wurden parallel hierzu begonnen. Zusammen mit dem Landkreis (Federführung) wurde durch das Hauptamt die Integreat-App beschafft. Diese soll ausländischen Mitbürgern die Integration erleichtern, indem wichtige Informationen in verschiedenen Sprachen angeboten werden. Im Kontext der Digitalstrategie der Stadt möchte das Jugendamt die vielseitigen Aktivitäten von JumpIO über eine App bündeln.
Forster kritisierte: „Mir fehlt es in dieser ganze Vision 2030 immer mehr an Substanz, an Flexibilität. Flexibilität, was die Veränderung der Gesellschaft, das Leben und die Umstände in der Stadt, des Kaufverhaltens und auch des Tourismus in der Stadt angeht. Vieles wirkt so, als ob man irgendwann einfach mal Ideen gesammelt hat.“
Als die Vision 2030 entstand, sei man massiv von Fördertöpfen abhängig gewesen. Und von diesem Zeitgeist sei diese „Vision“ geprägt: „Jetzt müssen wir doch zielgerichtet arbeiten – müssen uns überlegen, wo wir wirklich hinwollen – und nicht, wo wir mit Förderprogrammen hinkommen könnten. Dabei müssen und dürfen wir aber auch nicht die Bodenhaftung verlieren. Einige Projekte, die hier drinstehen, werden in der Bevölkerung absolut so aufgenommen, als ob wir im Stadtrat die Bodenhaftung verloren hätten. Stichwort Schrägaufzug. Für mich lesen sich viele Punkte so, als ob sie aus der Verwaltung entspringen.“ Die kommunale Selbstverwaltung mit ihren vielen Eingaben aus den Haushaltsreden der vergangenen Jahre komme nicht vor.
Die von den Fraktionen eingebrachten Punkte sollten in die Vision einfließen. Forster forderte einen professionell und wissenschaftlich begleiteten Evaluierungsprozess, welche Maßnahmen denn überhaupt weiterverfolgt werden sollen. Auch eine Priorisierung müsse neu bewertet werden: „Wir können nicht Jahr um Jahr diese Vision, diesen Dinosaurier, fortschreiben – ungeachtet dessen, wie sich die Lage der Stadt und die Welt verändert hat.“
Mähringer: Mehr riskieren
Jupp Mähringer (SPD) kommentierte: „Mit der positiven Haushaltslage im Rücken dürften wir etwas mehr riskieren und im Planungswesen Vorschläge erarbeiten zur Attraktivierung unserer Stadtkerne und gleichzeitig Verbindungselemente zu den weiteren Stadtteilen herstellen. Als Beispiel für eine unbedingte Attraktivierung gilt der Schrägaufzug zum Schloss, dessen Finanzierung und Umsetzung über mehrere Jahre hinweg erfolgen könnte.“
Oberbürgermeister Frank Frühauf mahnte: „Wenn der Stadtrat beschließt, den Schrägaufzug auch ohne Fördergelder zu bauen, dann ist das so. Aber wir sollten ernsthaft versuchen, an Fördergelder ranzukommen und diesbezüglich einen neuen Anlauf zu starten.“ Der städtische Masterplan müsse leben und gefüllt werden – als Vision 2040. Letztlich lebe alles von „Geld, Manpower und Realisierbarkeit“.
Thomas Engel (Freie Liste) schlug vor, dass der Plan regelmäßig in einer Hauptausschusssitzung im Frühjahr validiert und ausführlich erörtert werden solle: Das sei der passende Rahmen. Der Vorschlag stieß auf breite Zustimmung. Thomas Petry (fraktionslos) mahnte: „Es ist doch Aufgabe der Fraktionen, Vorschläge zu erarbeiten, sie in Anträgen einzubringen.“ Er wünscht sich wie auch Michael Schmolzi (LUB) und Stefan Worst (SPD) eine Zukunftswerkstatt, die die Bürger einbezieht. Wolfgang Röske (CDU) betonte: „Es ist eine Zustandsbeschreibung und nicht mehr. Das Ganze liegt doch in unserer Verantwortung, den Plan zu entwickeln.“