Idar-Oberstein
Marktschule wird chinesisches Handelscenter

Zeng Wei und seine Mitarbeiterin und Dolmetscherin Verena Schneider haben große Pläne für die Marktschule. Neben den Niederlassungen chinesischer Firmen soll hier auch eine Sprachschule einziehen. Foto: Jörg Staiber

Jörg Staiber

Idar-Oberstein. Anfang des Jahres hat Zeng Wei das Gebäude der ehemaligen Marktschule in Idar erworben und bereits sein Büro darin bezogen. Der chinesische Investor plant eine ganze Reihe von Projekten, die er nach und nach verwirklichen will. Zunächst sollen dort Niederlassungen für chinesische Firmen ihren Platz finden, die sowohl Import als auch Export mit dem fernöstlichen Milliardenreich planen.

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Von unserem Reporter Jörg Staiber

„Deutschland hat in China einen sehr guten Ruf“, erläutert Zeng im Gespräch mit unserer Zeitung. „Es gibt viele Unternehmen in China, die gerne Geschäfte mit deutschen Firmen machen oder auch hier investieren möchten, aber Probleme haben, logistisch und organisatorisch den Schritt zu machen.“ Bis zum Jahresende werden, so schätzt er, rund 50 Firmen eine Niederlassung in der Marktschule haben.

Zeng will chinesischen Firmen in der früheren Marktschule nicht nur die Räumlichkeiten für eine Niederlassung zur Verfügung stellen, sondern auch Hilfestellungen bei den notwenigen bürokratischen Formalitäten anbieten. Zunächst ist vor allem an Zulieferer für Elektronik gedacht, aber auch an den Import typisch chinesischer Produkte wie Vasen oder Teetassen. Auch die Einfuhr von chinesischem Kaffee, der in seiner Heimatprovinz Yunnan im Südwesten Chinas angebaut wird, kann Zeng sich gut vorstellen. „Der ist sehr gut, in Deutschland noch nicht bekannt und außerdem sehr preiswert“, lobt Zeng das Produkt aus seiner Heimat.

Ein weiteres Projekt ist eine Sprachschule, in der Chinesen Deutsch lernen. Dabei hat Zeng vor allem junge Menschen im Blick, die in Deutschland studieren wollen. „Deutschland ist interessant, weil es hier keine Studiengebühren gibt und die Hochschulen einen sehr guten Ruf haben“, erläutert er. Es sollen einjährige Intensivkurse angeboten werden, in denen das für ein Studium notwenige Sprachniveau erreicht werden soll, das dem Goethe-Zertifikat C1 für ausländische Studierende entspricht. Als dritte Unternehmung plant Zeng ein Tourismusbüro für Chinesen, die Deutschland besuchen. „Sie wollen nicht immer das Gleiche sehen“, erläutert er. „Wenn die Hauptstädte und üblichen Routen bereist sind, dann gibt es auch rund um Idar-Oberstein sehr viel zu sehen und zu erleben.“ Vor allem mit einem – völlig kostenlosen – Angebot der Region will Zeng chinesische Reisende locken: mit der sauberen Luft. „In Metropolen wie Peking kann man gar nicht mehr ohne Mundschutz auf die Straße gehen, da empfinden sie hier die Atemluft als geradezu paradiesisch“, weiß der Investor.

Zunächst einmal soll im kommenden Jahr die frühere Marktschule innen renoviert werden. An der Raumaufteilung will der 37-Jährige nichts verändern. Auch die städtische Kinderkrippe soll in ihren angestammten Räumlichkeiten bleiben.

Zeng lebt seit drei Jahren mit seiner Frau und seiner elfjährigen Tochter, die die Grundschule Idar besucht, in der Schmuckstadt. „Es gefällt mir sehr gut hier, es ist viel ruhiger als in der Großstadt“, erklärt er. Er muss es wissen, schließlich stammt er aus der 10-Millionen-Metropole Kunming, der Hauptstadt der Provinz Yunnan. „Ich habe auch schon entdeckt, wo es guten Idar-Obersteiner Spießbraten gibt“, schmunzelt der 37-Jährige. Erste Erfahrungen mit Deutschland hat er schon 2001 gemacht, als er ein Praktikum in einer Firma in Bielefeld absolvierte.

In China hat sich Zeng danach als erfolgreicher Geschäftsmann etabliert. Der Ingenieur hat nach seiner Ausbildung zunächst als CAD-Konstrukteur in einer Schraubenfabrik gearbeitet. Danach gründete er eine Fabrik für Wandfarben, die heute noch existiert und in der rund 70 Mitarbeiter beschäftigt sind.

Auf die Frage, warum er nach Deutschland gekommen ist und sich hier ausgerechnet Idar-Oberstein als Standort ausgesucht hat, gibt Zeng eine für viele heimische Wirtschaftspessimisten sicherlich überraschende Antwort. „Ich habe hier am meisten Potenzial gesehen“, erklärt er. „Hier sind die Immobilienpreise erschwinglich, das ist als wichtiger Kostenfaktor gerade für Unternehmen, die ihre ersten Schritte in einem anderen Land machen, sehr wichtig.“

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