Sie verlieben sich in einen Partner, den sie nicht erreichen können. Sie benehmen sich äußerst rüpelhaft und vermöbeln Konkurrenten. Und sie vergnügen sich mit mehreren Partnern, bis sie sich schließlich für einen entscheiden, um sich dann gemeinsam und liebevoll um ihren Nachwuchs zu kümmern. Was sich wie der Plot zu einer Seifenoper anhört, ist dieses Jahr rund um Schmißberg in der Storchen-Gesellschaft geschehen. Aber der Reihe nach...

Auf dem Dach der Storchenstation kann man zur Zeit sieben Störche beobachten. Eine höchst ungewöhnliche Storchendichte, vor allen Dingen, wenn man weiß, dass dort bis letztes Jahr allein die sogenannten Piraten brüteten. Den Namen erhielt das renitente Storchenpaar, da sie in Piratenmanier ein Nest von ihren Vorgängern eroberten, diese vertrieben und fortan alleinige Herrscher über das Dach der Voliere waren.
Phalanx aus bis zu 17 Jungstörchen gegen das Piratenpaaar
Doch in diesem Jahr stand ihnen eine mächtige Phalanx aus bis zu 17 Jungstörchen gegenüber. Anfangs versuchten die Piraten zwar, mit Schnabelhieben und Flügelschlägen ihre „Pole-Position“ zu verteidigen, doch in Anbetracht der Übermacht kapitulierten sie schnell, sodass nun zwei weitere Storchenpaare auf dem Volierendach ihr Nest bauen durften: Zum einen die Familie Revo, „rechts vorne“ auf dem Dach (was ihnen auch zu ihrem Namen verhalf).
Des Weiteren brütet auch der dreijährige Caesar, ein Kind der Piraten, mit seiner unberingten Gemahlin Cleopatra knapp unterhalb des an höchster Stelle liegenden Piratennestes. Was insofern ungewöhnlich ist, da der Nachwuchs meist im weiten Umland zu seinen Eltern sein Brutnest baut, aber nicht unbedingt in derart intimer Nähe.
Flirt verliebt sich in unerreichbare Lotte
Und der siebte Storch, Flirt genannt? Er verliebte sich in Lotte, die in der Voliere mit ihrem langjährigen Partner Bernie lebt. Die zwei können aufgrund ihrer Verletzungen nicht mehr in die Freiheit entlassen werden. Doch ausgerechnet Lotte hat sich nun ebenfalls schwer in Flirt verliebt. Eine tragische Situation, denn der Zaun trennt die beiden Liebenden voneinander. Was sie aber nicht davon abhielt, auf beiden Seiten des Zaunes, direkt aneinander liegend, ein Nest zu errichten. Ja, Lotte legte gar zwei Eier in das gemeinsame und doch getrennte Nest. Dazu muss man wissen, dass Störche wie Hühner auch unbefruchtete Eier legen.

Und Bernie? Ihm bliebt nur die Rolle des gehörnten Ehemannes. Traurig und allein saß er auf dem ehemals gemeinsamen Nest auf der anderen Seite des Vogelkäfigs. Bis Tom Sessa von den Storchenfreunden Schmißberg, der der sich mit Herzblut um die Störche kümmert, die zwei Eier zurück ins gemeinsame Nest von Bernie und Lotte brachte. Wo Lotte dann fünf Tage später doch noch ein drittes Ei legte. Lotte zog ob der Mutterliebe schweren Herzens auch wieder zu Bernie ins Nest. Ob jedoch daraus ein gemeinsames Küken von ihr und Bernie schlüpft, bleibt abzuwarten.
Durch die Eipflege zusammen mit Bernie ist die Liebe zu Flirt etwas abgekühlt. Flirt jedoch hat noch nicht die Hoffnung aufgegeben für eine gemeinsame Zukunft mit seiner Lotte, und so baut er eifrig weiter an dem Nest außerhalb der Voliere.
Aufregung auch in Hoppstädten und Gimbweiler
Und auch in Hoppstädten und Gimbweiler war die Storchencommunity in Aufruhr. Dort bauten vor drei Jahren jeweils zwei männliche Jungstörche Nester zusammen mit ihren Partnerinnen. Tragisch jedoch: erst in Gimbweiler und im darauf folgenden Jahr in Hoppstädten tauchten bei beiden ihre Partnerinnen nicht mehr auf. Stattdessen erschien die Storchendame Rosi. Und Rosi war nicht wählerisch: Sie paarte sich mit beiden Männchen. Durch die Distanz zwischen den Nestern konnte sie wohl das Geheimnis ihres Tête-à-tête vor dem jeweils anderen Storchenmann bewahren.

Letztendlich entschied sich Rosi dann doch für den Hoppstädter Storch, mit dem sie gemeinsam in diesem Jahr ihre Eier ausbrütet. Den Namen gaben ihr die Storchenfreunde rund um Schmissberg nach dem 1980-Jahre-Hit der Spider-Murphy-Gang „Skandal im Sperrbezirk“, bei dem das „leichte Mädchen“ Rosi besungen wird. Unter anderem mit der Textzeile: „Auch ich hab ihre Nummer schon…“ – das passt: Schließlich konnte man an der Nummer der Beringung der promisken Storchendame ablesen, woher sie stammt.
In den kommenden Tagen wird Nachwuchs erwartet
Nach all der Aufregung, dem Fremdverlieben und Fremdgehen gibt es letztlich gute Nachrichten für die Adebare: Die Revos, die Piraten und Caesar mit seiner Cleopatra haben Anfang bis Mitte April ihre Eier gelegt, sodass in den kommenden Tagen Nachwuchs erwartet wird. Auch in Rimsberg brütet zum ersten Mal ein Storchenpaar, das anfangs in Schmissberg sein erstes sogenanntes „Spielnest“ in einem Nussbaum errichtete und dann nach Rimsberg weiterzog. Wobei das Paar spät dran ist: Es werden wohl die letzten Storchenküken sein, die in diesem Jahr schlüpfen, während in Hahnweiler die Küken schon aus dem Ei sind.
Insgesamt ist bislang ein gutes Storchenjahr. Tom Sessa und die Storchenfreunde hoffen auf einen warmen Sommer mit viel Nahrung, damit möglichst viele Störche flügge werden, um im Herbst mit ihren Eltern in den sonnigen Süden zu ziehen.
