Wirtschaftsförderin Caroline Pehlke macht deutlich: Neue Konzepte und vor allem Teamarbeit sind gefragt
Leerstände und Nörgler: Kein Platz für Nostalgie in Idar und Oberstein
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Unansehnliche Ecke kaschieren – „ergibt Sinn“, sagt Caroline Pehlke.
HOSSER. Hosser

Idar-Oberstein. Wirtschaftsförderin Caroline Pehlke findet klare Worte zum Förderprogramm „Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren“: „Es ist es nicht so, dass wir aus einem Geldtopf schöpfen und die Gelder für beliebige Themen verwenden können. Es ist ein Innenstadtprogramm, nur für Idar und Oberstein.“ Es gebe sehr genaue Spielregeln des Fördermittelgebers, an die man sich halten müsse: „Wir sind dazu angehalten, die Maßnahmen im Vorhinein mit dem Fördermittelgeber abzustimmen. Und selbst hier kommt es dann noch teilweise zu Absagen.“

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Leider seien die negativen Äußerungen in den sozialen Netzwerken erschreckend und um Besucher anzulocken nicht gerade förderlich: „Es ist schade, dass nicht gesehen wird, was passiert, sondern nur, was (noch) nicht passiert ist.“ Pehlke erläutert Hintergründe: Das Förderprogramm läuft seit September 2022 und noch bis August 2025. Eine Verlängerung bis November 2025 wurde beantragt. Da es immer auch einen 25-prozentigen Eigenanteil der Stadt gibt (wie in fast jedem Förderprogramm) konnten 2024 erst mit genehmigtem Haushalt weitere Maßnahmen beauftragt und umgesetzt werden: Das war im Juni 2024.

Die gesamte Zuwendung vonseiten des Bundes beträgt 2,025 Millionen Euro. Diese Summe wird nicht auf einmal ausgezahlt, sondern in sogenannten Mittelabrufen an die Stadt übermittelt. Hierzu bedarf es Nachweisen in Form von Rechnungen. In nahezu jedem Teilprojekt erfolgt zunächst eine Kommunikation mit dem Fördermittelgeber hinsichtlich Förderfähigkeit und vorherige explizite Freigabe. “Alten Zeiten und der Vergangenheit nachzuhängen, bringt niemanden voran. Stattdessen sollten wir gemeinsam überlegen und versuchen, Lösungen zu finden", sagt Pehlke.

Sie erklärt weiter: „Wenn man sich um ein derartiges Programm bewirbt, muss man konkrete Projektziele definieren. Zum Beispiel die Erhöhung der Aufenthalts- und Erlebnisqualität in beiden Innenstädten, Einrichtung eines Zentrenmanagements für beide Stadtteile, innerstädtische Vernetzung und Digitalisierung und so weiter.“ Hierzu wiederum würden Maßnahmen definiert, die dann über den Projektzeitraum umgesetzt werden: Umsetzung von Maßnahmen aus dem Digitalisierungskonzept, Machbarkeitsstudien und Gutachten zu prägnanten innerstädtischen Bereichen, innenstadtbezogene Kooperationen/Zentrenmanagement, Image verbessernde Maßnahmen/Öffentlichkeitsarbeit und baulich-investive Maßnahmen.

Und auch diese untergliedern sich wiederum in kleinere Maßnahmen, die man mit einem Zeitplan für die einzelnen Projektjahre definieren und umsetzen müsse: „Das heißt, dass Geld für bestimmte Ziele beantragt wurde und auch nur für deren Umsetzung zur Verfügung steht. Man kann unter gewissen Umständen Geld umwidmen von einer Maßnahme auf eine andere, muss dies aber sehr detailliert in Richtung Fördermittelgeber begründen. Die Projektziele dürfen nicht angerührt werden, und deren erfolgreiche Umsetzung muss im Fokus stehen.“

Sie nennt ein Beispiel: „Wir haben Maßnahmen zur Imageverbesserung wie Reinigung, Begrünung oder Dekoration in der Innenstadt. Dann kann ich die genehmigten Fördergelder auch nur zu diesem Zweck verwenden und damit nicht stattdessen eine öffentliche Toilette bauen. Zusätzlich ist ein Fördergebiet definiert worden, das sich ausschließlich auf den Innenstadtbereich von Idar und Oberstein bezieht. Daher ist es auch nicht möglich, in anderen Stadtteilen Maßnahmen umzusetzen, auch wenn sie in den gleichen Bereich fallen würden und auch wünschenswert wären.“

Ein Großteil der Arbeit sei für Außenstehende erst mal nicht sichtbar, da im Hintergrund zahlreiche Gespräche mit Hauseigentümern, Maklern, Gewerbetreibenden, Bürgern zum Thema Innenstadtentwicklung und zur Vernetzung stattfänden, die nicht immer zu einem Projekt führten und nach außen kommuniziert würden.

Einige Beispiele:

  • Implementierung eines Zentrenmanagements mit Zentrenmanagerin Samira Brächer, die als Ansprechpartnerin für Bürger, aber auch Gewerbetreibende fungiert.
  • Anmietung Pop-up-Store in Oberstein: „Im Vorfeld zum Programm wurde in unsere Richtung immer kommuniziert, dass die potenziellen Ansiedler vor Ort eine günstige Variante benötigen, um anzumieten und die Eröffnung eines Geschäft zu wagen. Genau hier setze der Pop-up-Store, den wir angemietet und herrichten haben lassen, an. Wie bereits mehrfach kommuniziert, ist hier Mieten und Ausprobieren für 1 Euro pro Quadratmeter möglich. „Die viel geäußerte Kritik, dass die Stadt Immobilien anmieten soll und günstiger weitervermieten, ist also nicht ganz nachvollziehbar, weil hier genau das passiert“, stellt Pehlke klar.

Dies habe man in zwei weiteren Fällen sogar ohne den Pop-up-Gedanken umsetzen können. Im Nahe-Center konnte die Ansiedlung von Schimpf Design (Werbung und Schmuck) unterstützt werden, indem man im ersten Jahr eine Mietzuzahlung anbiete: „Gleiches werden wir in einem neuen Ladengeschäft nahe dem Marktplatz tun. Hier wird ein Laden mit Merchandise-Artikeln für Idar-Oberstein eröffnen. Dies hat sich übrigens aus dem Pop-up-Store ergeben. Also ein kleiner Erfolg, den wir verbuchen können.“

Marktfrühstück geplant

Auch zur Unterstützung von Veranstaltungen habe man Geld eingeplant: „So konnten wir im vergangenen Jahr zum Beispiel den Edelstein- und Goldschmiedemarkt mit einem Werbebudget und auch den St. Martinsumzug in Oberstein unterstützen. Darüber hinaus haben wir die Weihnachtsmärkte finanziell bezuschusst. Unsere ersten eigenen Events wie die beiden After-Work-Veranstaltungen in Idar auf dem Schleiferplatz erfreuen sich eines regen Zuspruchs. Die nächste Veranstaltung wird übrigens am 29. August stattfinden. Mit jeder Veranstaltung versuchen wir, das Angebot etwas zu erweitern. So haben wir jetzt noch einen Cocktailstand hinzugewonnen.“

Auch ein Marktfrühstück „City Maad“ in Idar auf dem Schleiferplatz ist für den 14. September geplant. Am dritten Adventswochenende wird es ein Adventsglühen auf dem Schleiferplatz in Idar geben. Interessierte Vereine, Gastronomen oder Unterstützer können sich noch melden. Es werden Holzhütten gestellt, und man kann an einem oder allen Tagen Essen und Getränke anbieten. Eine Standgebühr entfällt. Es wird lediglich eine Art Servicegebühr erhoben, die einem guten Zweck zugeführt wird. Die Eventreihe After Work in Idar wird weitergeführt und soll in 2025 zu einer festen Institution werden.

Auch einige Maßnahmen, die nicht so auffällig seien, wurden umgesetzt. „Hier sieht man also, wie vielfältig das Programm ist. Jede Einzelmaßnahme erfordert viel Kommunikation mit den Akteuren, mit dem Fördermittelgeber und auch hausintern, um alle Regularien einzuhalten.“

Die Themen Reinigung und Begrünung seien fester Bestandteil für 2025. „Die Flowerpots in beiden Fußgängerzonen hübschen die Bereiche deutlich auf, und die Rückmeldungen hierzu sind durchweg positiv. Wir werden verschiedene Innenstadtbereiche noch einmal genau betrachten und mit Unterstützung verschiedene Empfehlungen und Lösungsansätze erarbeiten, die auch über den Projektzeitraum funktionieren sollen.“

Wenn wir wieder lernen, die Dinge positiver zu sehen, dann wird vielleicht bewusst, dass dieses Programm viele Möglichkeiten zur Freude und zur Entwicklung bietet, die man vorher nicht hatte.

Caroline Pehlke

Darüber hinaus würden weitere Netzwerkveranstaltungen organisiert, zu denen jeder eingeladen ist. Das Thema Leerstand beschäftige sie und das Team weiterhin, auch wenn die Nachfrage leider sehr gering sei: „Daher greift man oft zu den Mitteln der Beklebung. Natürlich wünschen wir uns auch, dass jedes leerstehende Ladenlokal noch einmal gefüllt ist. Aber wenn trotz niedriger Mietzinsen und Unterstützung keine Nachfragen da sind, dann bleibt uns nur die Möglichkeit der zeitweisen Dekoration.“

Der Pop-up-Store steht leer … „Aktuell haben wir verschiedene Schaufensteranmietungen im Store. Nachfragen zur stetigen Nutzung liegen aktuell keine vor. Daher suchen wir nach anderen Lösungen. Ausstellungen, Veranstaltungen … Man kann uns gern dazu ansprechen“, macht Pehlke deutlich. Wie bei allen Themen lebe auch dieses Programm vom Mitmachen: „Wenn man keine Mitstreiter finde, dann kann kaum etwas umgesetzt werden.“

Für Kritik offen

Beim After Work Event habe sich gezeigt, dass es in Zusammenarbeit laufe: „Dies ist vor allem für die Zeit nach dem Förderprogramm wichtig. Nachhaltigkeit kann es nur geben, wenn gemeinsam angepackt wird. Hier arbeiten wir gemeinsam mit dem Stadtmarketing-Verein an Lösungen, wie man auch in Zukunft einige Maßnahmen weiterführen kann. Entscheidend ist, dass die Innenstadtentwicklung nach dem Programm nicht aufhört, sondern, dass das Projekt als der Anfang angesehen wird, den es zu verstetigen gilt.“ Die Wirtschaftsförderung sei für Kritik und Anregung offen.

Alle Nörgler sind herzlich eingeladen, an den Events teilzunehmen und sich aktiv an der Stadtentwicklung zu beteiligen.

Caroline Pehlke

Die Wirtschaftsförderin betont: „Idar-Oberstein hat mit den gleichen Herausforderungen zu kämpfen wie viele andere Städte auch, und man fragt sich oft: Warum kriegen die es hin und wir nicht? Die Antwort liegt meistens darin, dass man es gemeinsam versucht. Dass Veranstaltungen auch von der Bevölkerung und den Gewerbetreibenden angenommen und unterstützt werden. Dass Vereine und Institutionen sich vielleicht zusammentun und die Verantwortung auf verschiedenen Schultern lastet.“ Sie ist überzeugt: „Bunte Gitterelemente in der Fußgängerzone oder Beklebungen von Leerstand mögen als unnötig empfunden werden. Für Besucher und Touristen, die unserer Stadt gegenüber jedoch unvoreingenommen sind, lassen sie das Stadtbild freundlicher erscheinen.“

2025 muss es weitergehen

Mit Ende des Projekts 2025 müsse ein Abschlussbericht eingereicht und die verschiedene Zielerreichung dokumentiert werden: Derartige Programme böten auch die Möglichkeit herauszufinden, was langfristig realisierbar sei und was eben nicht. „Da wir davon ausgehen, dass es unrealistisch ist, dass jedes Objekt in der Fußgängerzone wieder mit Leben in Form von Einzelhandel zu beleben, muss vor alles an der Aufenthalts- und Erlebnisqualität gearbeitet werden, damit das, was dort ist, erhalten bleibt und von den Menschen eher positiv als negativ wahrgenommen wird.“

Kontakt: Telefon: 06781/646074 (Caroline Pehlke)

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