Fischbach
Leckerer Käse aus den Tiefen des Bergwerks
Lucia Franck im Kupferbergwerk beim Schmieren der "Alter Steiger"-Käselaibe
Thomas Brodbeck

Landwirtschaft als Lebensinhalt und Lebenseinstellung: Die neuen Betreiber des Schwalbenhofs wollen ihren Mitbürgern ihre Arbeit nahebringen. Am Wochenende präsentieren sie ihren „Alter Steiger“-Käse bei der Jubiläumsfeier im Kupferbergwerk.

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Es gibt sie noch, die guten alten Dinge, die dazu noch gesund und lecker sind. Erzeugt werden sie auf dem Schwalbenhof, der von drei jungen engagierten Menschen geführt wird. Mit viel Herzblut und Engagement übernahmen vor gut einem Jahr die 27-jährige Klarissa Wagner, die 28-jährige Lucia Frank und der 31-jährige Carsten Langenohl zusammen mit mehreren Mitstreitern den Demeterhof in Berschweiler bei Kirn.

Es war von Beginn an eine große Herausforderung: Zuerst hatten sie mit der Blauzungenkrankheit zu kämpfen. Und es ist nicht einfach, den kargen und steinigen Böden genügend Futter abzugewinnen für die 30 Milchkühe, die nach den strengen Auflagen für die Demeter-Zertifizierung gehalten werden. Auch die männlichen Kälber bleiben hier am Hof und werden lange von ihren Müttern gesäugt, werden nicht sofort nach der Geburt von den Kühen getrennt.

Ziel ist ein geschlossener Kreislaufwirtschaft

„Wir versuchen hier, eine möglichst geschlossene Kreislaufwirtschaft zu halten: Unsere Tiere bekommen ihr Futter von unseren Weiden, ihr Mist wandert als Dünger auf unsere Felder, und die Molke, die beim Käsen anfällt, dient den Schweinen als Futter“, erklärt die gelernte Landwirtin Klarissa Wagner. Man sieht den Tieren an, dass es ihnen gut geht. Dabei geht es allen am Hof um mehr, als nur gesunde Nahrungsmittel von glücklichen Kühen zu produzieren. „Nachhaltigkeit hört bei uns nicht auf dem Feld auf. Wir versuchen, neue Strukturen bei der Ausrichtung des Hofes und in unserer Zusammenarbeit zu etablieren. Dazu gehört auch die solidarische Landwirtschaft“, Lucia Francks Augen leuchten, während sie davon erzählt.

Das Team des Schwalbenhofs: (von links) Carsten Langenohl, Konstantin Heinghk, Lucia Franck, Marie Brandt, Finn und Klarissa Wagner Malena Hilpoltsteiner, Lukas Kettler, Jana Luther, Arno Wehner und Milan Koneczny
Thomas Brodbeck

Gemeint ist eine Erzeuger-Verbraucher-Gemeinschaft, in der die Kosten für den Anbau und Herstellung der Produkte solidarisch getragen werden. Eine Gemeinwohl-Ökonomie, bei der die landwirtschaftlichen Produkte wieder ihren wahren Wert erlangen und sich nicht allein über den Preis definieren. Und bei der auch die Arbeit für den Menschen wieder erträglicher wird.

Auch pädagogische Arbeit wird geleistet

So ist es geradezu selbstverständlich, dass auf dem Hof auch pädagogische Arbeit integriert wird: sechs bis sieben Mal jährlich besuchen 30 Waldorfschülerinnen und -Schüler für 14 Tage den Hof. „Dabei werden Fragen angestoßen, die heutzutage oftmals viel zu kurz kommen. Was bedeutet Landwirtschaft für uns alle? Was heißt es, gut mit der Erde umzugehen?“, sagt Carsten Langenohl. „Es ist für uns auch  immer wieder eine Freude zu sehen, wieviele Lebensfragen wir hier im Umgang mit den Tieren und dem Ackerland anstoßen können. Und wie die Kinder sich in dieser kurzen Zeit verändern, wenn sie die feuchte Erde in den Fingern spüren und die Saat im Boden sehen“ –ein wenig Stolz liegt in den Worten des Landwirtschaftsmeisters.

Glückliche Kühe auf dem Schwalbenhof. Hier dürfen auch die männlichen Kälbchen bei den Muttertieren bleiben.
Thomas Brodbeck

Neben dem Getreide, dem Milchvieh und der pädagogischen Arbeit ist die Käserei das wichtigste Standbein. Dabei kann man mit Fug und Recht Lucia Franck als Käseaffineur bezeichnen, als Käsespezialistin, die den Käse veredelt, indem sie ihn pflegt, reifen lässt und mit Kräutern verfeinert. Dabei entsteht ein einzigartiger Käse, der jedem Käseliebhaber das Wasser im Mund zusammenfließen lässt: In dem hintersten Stollen im Fischbacher Kupferbergwerk reift über viele Monate der „Alte Steiger“. Bei stets gleichbleibender Temperatur und Luftfeuchtigkeit, abgeschieden von der restlichen Welt, kann sich hier ein einzigartiges, kräftiges Aroma entwickeln.

Helfer sind immer willkommen

Der Aufwand ist beträchtlich. Mindestens einmal die Woche müssen die Laibe „geschmiert“ werden. Dabei wird die Käserinde mit einer Lösung aus Salzwasser und einer speziellen Bakterienkultur behandeln, um die Rinde zu schützen und die Reifung zu fördern. Diese Behandlung verleiht dem Käse mit Rotschmiere ihre typische gelbliche bis rotbraune Oberfläche und den charakteristischen Geschmack.

Im modern eingerichteten Molkereibetrieb wird neben verschiedenen Käsesorten auch Joghurt zubereitet.
Thomas Brodbeck

30 Käselaibe zu knapp 10 Kilogramm Gewicht lagern tief im Bergwerk und müssen über steile Stufen und enge Gänge dorthin und wieder heraus getragen werden. Es ist ein Handwerk, das geradezu kunstvoll betrieben wird und bei dem auch weitere Delikatessen neben dem Alten Steiger produziert werden: das Knoblöckchen mit Knoblauch, Bockhornkäse mit einem fein-nussigen Geschmack von Klee, das Kirner Laible, dem Bier beigefügt wurde, sowie das Weißröckchen, ein gereifter Frischkäse, Nuss-Joghurt, Quark und Weichkäse. Dabei ist der Zuspruch der Kunden eine wichtige Motivation. Auch wenn der Schwalbenhof sich mit seiner unkonventionellen Bewirtschaftung von den meisten anderen Bauernhöfen in der Nachbarschaft unterscheiden, „so haben wir doch guten Kontakt mit den umliegenden Bauern. Es herrscht ein herzliches und offenes Miteinander in Berschweiler, so dass wir uns hier wohl und aufgenommen fühlen“, sagt Lucia Franck.  Helfer sind immer willkommen.

Direktvertrieb auf dem Wochenmarkt

Bei der Feier zum 50-jährigen Bestehen des Kupferbergwerks Fischbach am kommenden Wochenende können die leckeren Käsesorten, unter anderem der Alte Steiger, verköstigt werden. Zudem wird vor Ort in einem Kupferkessel frischer Käse von Lucia Franck zubereitet. Auf den Wochenmärkten in Bad-Kreuznach (jeden Freitag von 7 bis 13 Uhr), in Bad Sobernheim (jeden 2. und 4. Donnerstag von 14 bis 18 Uhr) und in Veitsrodt (jeden ersten Samstag im Monat von 9 bis 14 Uhr) vertreibt der Schwalbenhof seine Bio-Produkte.

In Berschweiler ist der Hofladen Mittwoch und Freitag von 15.30 bis 18.30 Uhr geöffnet, zudem gibt es einen 24 Stunden zugänglichen Selbstbedienungskühlschrank. In dem großen Seminarhaus am Hof ist Platz für Schulklassen inklusive Landwirtschaftspraktika, und auch Hochzeiten können hier gefeiert werden. Infos unter www.begegnung-naturkultur.de oder per Mail an verein@ schwalbenhof.de

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