Landesrechnungshof legt in Prüfbericht über die Stadt Birkenfeld eine lange Mängelliste vor
Landesrechnungshof hat auch die Stadt Birkenfeld geprüft: BIG-Center steht im Zentrum der Kritik
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Der BIG-Center gehört seit 2010 der Stadt. Bei der Verwaltung dieser Immobilie wurden einige Fehler gemacht, stellen die Experten vom Landesrechnungshof in ihrem Prüfbericht fest. Foto: Reiner Drumm
Reiner Drumm

Birkenfeld. „Mitgehangen, mitgefangen“: Diese Devise gilt für die Stadt Birkenfeld, die ebenso wie die Verbandsgemeinde (VG) vom Landesrechnungshof geprüft wurde. Dessen Kritik konzentriert sich vor allem auf das BIG-Center.

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Wie in der NZ bereits Anfang November berichtet wurde, hatte die Speyerer Behörde die Geschäftstätigkeit der VG in den Haushaltsjahren 2016 bis 2021 genau unter die Lupe genommen und war diesbezüglich hart mit der Verwaltung ins Gericht gegangen. „Automatisch wird dann auch die größte Kommune in der VG mitgeprüft. Deshalb hat es überhaupt auch die Stadt erwischt“, sagte Büroleiter Sebastian Caspary kürzlich in der letzten Stadtratssitzung, die Miroslaw Kowalski (CDU) noch als Bürgermeister geleitet hatte.

Gemäß den Vorgaben hatten die Ratsmitglieder bei diesem Treffen den bisher nur intern zirkulierenden Schlussbericht des Rechnungshofes zur Kenntnis genommen. Dessen öffentliche Auslegung folgt noch. In der Sitzung kamen aber die wichtigsten Punkte auf der Mängelliste zur Sprache, die die Finanzhüter bei der Haushalts- und Wirtschaftsführung der Stadt zwischen 2016 und 2021 konstatiert haben.

28 Punkte sind noch strittig

In einem ersten Entwurf habe es noch 75 Prüfziffern gegeben, die durch den Austausch mit Speyer im Schlussbericht – dieser liegt seit März vor – auf 38 reduziert konnten. Inzwischen seien noch 28 Punkte offen, „bei denen der Rechnungshof unsere Antworten entweder noch erwartet oder mit ihnen nicht zufrieden ist“, sagte der VG-Büroleiter im Rat. Davon beträfen allein 15 „in unterschiedlichen Facetten“ (Caspary ) das BIG-Center.

Die Stadt hatte diesen Gebäudekomplex am alten Bahnhof im Jahr 2009 aus der Insolvenzmasse der früheren Betreibergesellschaft gekauft und dann einen externen Dienstleister für die Hausverwaltung eingesetzt. Im BIG-Center sind bekanntlich mehrere Firmen, darunter einige Arztpraxen, Mieter.

Abrechnungen haben über Jahre gefehlt

Wie aus dem der NZ vorliegenden Rechnungshofbericht hervorgeht und es auch im Stadtrat zur Sprache kam, gab es an dieser Regelung in mehrfacher Hinsicht Grund zur Beanstandung. Beispielsweise habe die Objektverwaltung entgegen den Vereinbarungen mit der Stadt keine quartalsmäßigen Abrechnungen über die das BIG-Center betreffenden Einnahmen und Ausgaben vorgelegt, sondern diese Abrechnungen der Immobilie hätten „über Jahre hinweg gefehlt“, rügen die Speyerer Prüfer in ihrem Bericht.

Kowalski hatte in der aktuellen Ratssitzung selbstkritisch eingeräumt, dass „die Vereinbarungen nicht gelebt wurden“ – eine Formulierung, die sich übrigens auch im Prüfbericht findet – und es auch mehrfach Beschwerden von Mietern gegeben habe. Festzuhalten sei aber, so Kowalski, „dass die Stadt die Einnahmen, die uns zum Beispiel durch die Mietzahlungen zustehen, auch erhalten hat“.

Objektverwaltung geht an VG über

Der Vertrag mit der Firma wurde – so hieß es in der Ratssitzung – zum Jahresende gekündigt. Damit wird einer unmissverständlichen Empfehlung der Prüfer entsprochen. Die Stadt solle darauf bestehen, dass die VG die Liegenschaftsverwaltung gemäß ihrer Aufgabe nach Paragraf 68 Gemeindeordnung übernimmt, heißt es im Prüfbericht. So wird es nun auch sein. Caspary, der selbst erst seit 2021 Büroleiter ist, hatte im Stadtrat diesbezüglich darauf hingewiesen, dass die VG 2010 wegen fehlender personeller Kapazitäten von der Objektverwaltung des BIG-Centers Abstand genommen habe. An dieser Situation habe sich grundsätzlich zwar auch nichts geändert, „wir wollen uns nun aber mit dem bestehenden Personal erst einmal ein umfassendes Bild von der Lage machen“, kündigte Caspary an.

Wie die NZ bereits in ihrem Bericht über die Prüfung der VG berichtet hatte, wurde der Verwaltung noch in einigen anderen Punkten vorgeworfen, dass den Ortsgemeinden selbst Geschäftstätigkeiten aufgebürdet wurden, für die eigentlich das VG-Rathaus zuständig gewesen wären. Als Beispiel wurde die Friedhofsverwaltung genannt.

Vermeidbare Kosten in der VG-Verwaltung

Auch im Prüfbericht der Stadt kommt diese Kritik zur Sprache. So habe es „vermeidbare Personalaufwendungen“ bei der Vorzimmerkraft des Bürgermeisters oder bei der Bauhofleitung gegeben. Auch solche Verwaltungsgeschäfte seien gesetzliche Aufgabe der VG, heißt es seitens des Rechnungshofs.

Dieser kritisiert zudem, dass in Birkenfeld allen drei Beigeordneten ein eigener Geschäftsbereich zugeordnet ist, was erhöhte Aufwandsentschädigungen zur Folge habe. In der Antwort der VG-Verwaltung wird dazu angemerkt, dass diese Regelung bis zur Kommunalwahl im nächsten Sommer beibehalten werden soll. Denn die drei Beigeordneten werden bekanntlich bis dahin stärker gefordert sein, weil erst dann nach der Amtsniederlegung von Kowalski ein neuer Stadtbürgermeister gewählt wird.

Rechtswidrige Etats

Bemängelt wird im Prüfbericht zudem, dass Grundstücksflächen im Gewerbegebiet „Dickenstein“ mit Blick auf die Erschließungskosten „weit unter einem kostendeckenden Preis“ verkauft wurden. Die seit Jahren defizitären Etats der Stadt seien „rechtswidrig“ und würden das „Gebot des Haushaltsausgleichs durchgängig verletzen“, kritisieren die Rechnungsprüfer. Ihnen ist es auch ein Dorn im Auge, dass beim Bauhof fast alle Mitarbeiter wie Fachkräfte ab Entgeltgruppe 5 entlohnt werden.

Stadtkämmerer Bernd Heinrich hatte ebenso wie Büroleiter Caspary in der Stadtratssitzung betont, dass man seitens der Verwaltung nach wie vor daran arbeite, die vom Rechnungsprüfungshof beanstandeten Punkte zu klären. „Wir haben schon einiges geändert und berichtigt. In manchen Fällen haben wir aber nach wie vor gegensätzliche Meinungen“.

Heftig und kontrovers diskutiert wurde im Stadtrat nicht über diesen Tagesordnungspunkt. Holger Noß (SPD) erklärte, dass es grundsätzlich sinnvoll sei, dass der Rechnungshof wie Wirtschaftsprüfer bei einer Firma auf die Finanztätigkeiten der Stadt schaut. „Man ist ja manchmal auch dankbar, wenn damit Lücken entdeckt werden, die dazu geführt haben, dass man jahrelang unnötig Geld ausgegeben hat“, sagte er.

Rat weist einige Vorwürfe zurück

Kowalski selbst verwahrte sich vor allem gegen die Kritik des Rechnungshofs an den defizitären Haushalten der Stadt. Erstens liege das an der unzureichenden Finanzausstattung der Gemeinden und zweitens habe die Stadt stets Haushalte aufgestellt, die kurz darauf – wenn auch manchmal unter Auflagen und nach Korrekturen – von der Kommunalaufsicht genehmigt wurden. „Wir sind also nicht willkürlich mit Geld umgegangen“, betonte er.

Kein Verständnis zeigte er auch dafür, dass der Rechnungshof die Besoldung der Bauhofmitarbeiter angeprangert hatte. Angesichts der großen Konkurrenz auf dem Markt würde man kaum noch neue Mitarbeiter finden, wenn man diesen nur ein niedriges Gehalt zahlen wolle, so der Bürgermeister. Die Kritik der Speyerer Experten, dass zu viele im Bauhofteam ab E5 bezahlt werden, war auch Michael Reischl schon im Hauptausschuss sauer aufgestoßen. „Wenn sehr gut bezahlte Beamte, die gut reden haben, so etwas fordern, finde ich das mehr als unverschämt“, sagte der BFL-Politiker.

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