Kampfabstimmung im Kreistag
Kreisumlage steigt auf 43,7 Prozent
Die Flugplatzstraße (K37), die in Idar-Oberstein von Göttschied ins Vollmersbachtal führt, taucht im Investitionsprogramm 2025 des Nationalparklandkreis auf.
Hosser

Gleich drei Premieren gab es bei der Haushaltssitzung des Birkenfelder Kreistags am Montagabend. Und eine Abstimmungsniederlage für den Verwaltungsvorschlag.

Die Kreisumlage steigt um 1,7 Prozentpunkte von 42,0 auf 43,7 Prozent. Das hat der Kreistag in seiner „verschobenen“ Haushaltssitzung am Montagabend mit den 27 Stimmen von CDU, SPD, Grünen, Freien Wählern sowie des Fraktionsbündnisses LUB/BfB entschieden. Dagegen votierten AfD, FDP und die Linke (insgesamt 10 Stimmen). Über den Verwaltungsvorschlag – eine Anhebung auf 44,7 Prozent – wurde nicht mehr abgestimmt. Landrat Kowalski hatte seine Stimme ebenfalls dem CDU-Vorschlag für eine verminderte Anhebung gegeben. Damit erhöht sich das von der Kämmerei berechnete Haushaltsdefizit 2025 von 9,6 auf rund 11 Millionen Euro.

Schon in der eigentlichen Haushaltssitzung im Dezember, in der der Punkt „Haushalt“ ebenso überraschend wie kurzfristig von Landrat Miroslaw Kowalski vertagt worden war, hatten sowohl CDU- (12 Sitze) wie auch SPD-Fraktion (11) angekündigt, einer Anhebung auf 44,7 Prozent nicht zustimmen zu wollen. Auch am Montag betonte CDU-Sprecherin Kerstin Beetz : „Die Erhöhung der Kreisumlage trifft nicht nur die Ortsgemeinden, sie trifft auch jeden Bürger oder Gewerbetreibenden.“ Die Kommunen würden gezwungen, ihrerseits weiter an der Steuerschraube zu drehen - etwa die Gewerbesteuer und/oder die Grundsteuer zu erhöhen. Das führe schon jetzt dazu, dass Betriebe, die im Kreis Birkenfeld arbeiten, ihr Gewerbe zum Beispiel in Ingelheim anmelden, wo nur die Hälfte des hiesigen Gewerbesteuersatzes erhoben wird. Die Infrastruktur des Kreises Birkenfeld - etwa die Straßen - würden aber dennoch beansprucht: „So machen wir unsere Region unattraktiv.“

Beetz: Endlich mit den Jahresabschlüssen nachkommen

Man dürfe die Umlage nicht einfach nur als Prozentzahl sehen, sagte Beetz: „Auch die 44,7 Prozent retten unseren Haushalt ja nicht.“ Sie forderte, endlich mit den Jahresabschlüssen nachzukommen, deren Ergebnisse stets besser seien als die Haushaltsansätze: „Wir brauchen verlässliche Zahlen und können nicht immer nur raten.“ Zudem forderte die CDU-Fraktionsvorsitzende, „im Juli einen Kassensturz zu machen, um zu sehen, welche Investitionen tatsächlich angegangen und welche mangels Handwerker oder sonstiger Gründe gar nicht verwirklicht werden können“.

„Im Westen nicht Neues: Die Finanzausstattung durch das Land ist nach wie vor nicht auskömmlich.“
Kirsten Beetz (CDU)

In diesem Zusammenhang regte Beetz an, anstatt fixe Summen im Investitionsplan zu veranschlagen mit Verpflichtungsermächtigungen zu arbeiten, die erst, wenn das jeweilige Projekt tatsächlich angegangen wird, kassenwirksam werden: „Das würde auch zu einer Entlastung des Haushaltes führen.“ Hintergrund: In den Vorjahren waren zum Beispiel Straßensanierungen immer wieder ins neue Haushaltsjahr verschoben worden, weil der Landesbetrieb Mobilität (LBM) nicht über ausreichende personelle Kapazitäten verfügte.

Ins gleiche Horn blies bei ihrer Premieren-Haushaltsrede SPD-Sprecherin Caroline Pehlke : „Wir verstehen die Notwendigkeit, die finanzielle Handlungsfähigkeit des Kreises zu sichern, insbesondere, um wichtige Investitionen in Bereichen wie Bildung, Infrastruktur und gesundheitliche Versorgung zu ermöglichen.“ Dennoch müsse man gewährleisten, „dass diese Lasten fair und tragbar bleiben, insbesondere für unsere Städte und Gemeinden“. Die SPD habe sich mit der CDU verständigt, einen niedrigeren Umlagesatz durchzusetzen: 43,7 Prozent seien „ein vernünftiger Kompromiss“.

„Ich werde nicht einem Promille Erhöhung der Umlage zustimmen – das ist keine Lösung.“
Bernhard Zwetsch (FDP)

Pehlke erneuerte die Kritik an der „Vorgehensweise (der Verwaltung) bei der Übermittlung und Vorstellung des Haushalts“. Die Zeit, um sich in das mehr als 670 Seiten umfassende Zahlenwerk einzulesen, sei viel zu kurz bemessen gewesen. Zudem seien bei den Beratungen in den Fachausschüssen „zu viele Fragen offengeblieben“. Sie forderte für die kommenden Jahre eine „transparentere und intensivere Kommunikation“ und auch „mehr Diskussion“ in den Gremien vor dem Haushaltsbeschluss.

Alscher nimmt den Landrat in Schutz

Das wollte ausgerechnet Bernhard Alscher (Freie Wähler) , über viele Jahre schärfster Kritiker der Kreisverwaltung und vor allem des (vormaligen) Landrats, so nicht stehen lassen und nahm Kowalski und sein Team in Schutz: Man habe in diesem Jahr sehr früh angefangen mit der Diskussion um das Zahlenwerk. Die Verwaltung könne ja nichts dafür, dass in den Fraktionen „nichts passiert ist in den vergangenen fünf Wochen“. Von SPD und CDU sei auch kein Vorschlag gekommen, um den Haushalt zu verbessern. Die Freien Wähler stünden hinter dem Verwaltungsvorschlag 44,7 Prozent: „Ein Minus von 9,5 Millionen ist doch sehr wenig im Vergleich mit anderen rheinland-pfälzischen Kommunen“, meinte Alscher. Sorgen mache ihm aber, dass der Kreis „von Jahr zu Jahr weniger wert“ werde, weil kein Geld da sei, um in die Infrastruktur zu investieren.

Von AfD-Sprecher Tobias Wirth gab’s zwar auch einiges an Lob für die Verwaltung für deren „Arbeit unter schwierigen Rahmenbedingungen“. Man könne auch viele Haushaltsansätze gutheißen, dem Zahlenwerk insgesamt aber nicht zustimmen - vor allem wegen des anhaltende Anstiegs des Ansatzes für Soziales, der laut Wirth vor allem durch „illegale Migration“ begründet sei. Es sei nicht hinzunehmen, „dass wir den Schuldenberg kontinuierlich für spätere Generationen immer weiter anhäufen“. Auch gelte es, die „ideologisch bedingte Bereitstellung von Dienstposten“ zurückzuschrauben - konkret nannte Wirth Gleichstellungs-, Klima und Integrationsbeauftragte.

„Die Linke hat nie und wird nie einem Kreishaushalt zustimmen, der eine Erhöhung der Kreisumlage vorsieht und so zu einer Mehrbelastung der Bürgerinnen und Bürger führt.“
Rainer Böß

Das sehen die Grünen naturgemäß ganz anders: Hans-Joachim Billert lobte den Landrat dafür, dass er „eine gelingende Integration“ ganz oben auf der Agenda stehen habe. Auch die Linke in Person von Rainer Böß fand lobende Worte für die von Kowalski eingeführten öffentlichen Einbürgerungsfeiern. Ihre erste Haushaltsrede hielt auch Maria Walther (FDP), die „einen klaren Fokus auf Sparpotenziale und langfristige Optimierungen“ für den Haushalt forderte. Auch Investitionen in Bildung und Digitalisierung sowie die Unterstützung der Wirtschaft gelte es zu intensivieren.

Dritter im Bunde der Premieren-Haushaltsredner war Stefan Worst (Bürger für Bürger), der auch für seinen Kleinstfraktionengemeinschaftskollegen Heiko Herber (LUB) sprach, der krankheitsbedingt fehlte. Der frühere SPD-ler sagte: „Die vorgesehene Erhöhung ist Gift für die Stadt Idar-Oberstein, die VGs und für die Ortsgemeinden, die teilweise mehr als 95 Prozent an Abgabenlast haben.“ Das Umlagesystem sei „seit Jahren krank“. Wenn von Land und Bund die Entschuldung der Kommunen nicht angegangen werde, werde das „letztendlich zum Kollaps bei der Infrastruktur“ und zu noch mehr Bürgerunmut führen.

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