Eigentlich klang alles nach einem ganz normalen Tagesordnungspunkt: Die Verwaltung schlug in der jüngsten Kreistagssitzung vor, einen Arbeitskreis zu gründen, um gemeinsam mit Vertretern des RNN und der beauftragten Busunternehmen Optimierungen im ÖPNV zu diskutieren und auf den Weg zu bringen.
Einzelne Fraktionen hatten auch bereits Vertreter nominiert, weitere Kandidaten wurden in der Sitzung benannt. Doch als Landrat Miroslaw Kowalski zur Abstimmung über den gemeinsamen Wahlvorschlag schreiten wollte, stellte Hans-Joachim Billert (Grüne) den Antrag, nicht en bloc abzustimmen. Heißt: Statt wie üblich durch Handzeichen Zustimmung, Ablehnung oder Enthaltung zu signalisieren, hätte über jeden Wahlvorschlag einzeln abgestimmt werden müssen.
Billert begründete seinen Antrag damit, er könne es nicht mit seinem Gewissen vereinbaren, Kandidaten der AfD zu wählen. Hintergrund ist ein Schreiben der Landes-Grünen, in dem Mitglieder aufgefordert werden, auch in kommunalen Parlamenten so vorzugehen, wie es in Mainz und Berlin üblich ist: keine gemeinsamen Beschlüsse mit der AfD.
Beetz: „Das hat mit Brandmauer nichts zu tun“
Auf NZ-Nachfrage sagte Billert: „Es ist in der demokratischen Mitte der Gesellschaft unstrittig, dass es keine Zusammenarbeit mit der AfD gibt. Nachdem diese Partei vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft wurde, ist es für uns Grüne unmöglich, Kandidaten der AfD in parlamentarische Positionen zu wählen.”
Dagegen wehrte sich CDU-Fraktionsvorsitzende Kirsten Beetz: „Es geht hier nicht um eine Zusammenarbeit mit der Partei, die hier links von mir sitzt, aber alles andere als links ist. Es geht darum, dass wir Mitglieder des Kreistags in ein Gremium entsenden wollen, damit dort die Arbeit beginnen kann.“ Sie empfinde es als „zutiefst undemokratisch, eine Partei, die bei der Kreistagswahl 17,1 Prozent der Stimmen bekommen hat, von der parlamentarischen Arbeit ausschließen zu wollen“, erläuterte die CDU-Sprecherin auf NZ-Nachfrage.
Daran ändere auch nichts, dass der Verfassungsschutz die AfD mittlerweile als „gesichert rechtsextrem“ einstuft – das war zur Zeit der Wahl der Ausschüsse noch nicht der Fall, argumentieren die Grünen. „Verboten sind sie ja noch nicht“, sagt Beetz dazu. Und: „ Die Landkreisordnung kennt keine Kreistagsmitglieder erster und zweiter Klasse.“ Die Annahme des gemeinschaftlichen Wahlvorschlags, wie es geplant war, hat in ihren Augen auch „nichts mit einer Brandmauer zu tun“. Das Einzige, was man nun nach der Grünen-Intervention erreicht habe, ist: „Wir haben wieder Zeit verloren“, so Beetz am Tag nach der Sitzung.
Zimmer: „Dann brauchen wir auch keinen Arbeitskreis“
Auch bei anderen Kreistagsmitgliedern gab es Fragen: „Warum ist das kein Ausschuss, sondern ein Arbeitskreis?“, wollte Uwe Weber (SPD) wissen und: „Wird im Arbeitskreis ein Beschlussvorschlag vorbereitet?“ Weber fragte auch, wie schnell die im Arbeitskreis beschlossenen Änderungen umgesetzt werden könnten. Dazu sagte Dezernentin Kathrin Alfers, dass sich der Fahrplanwechsel – der nächste steht im Dezember an – für solche Änderungen anböte.
Webers Fraktionskollege Bruno Zimmer forderte „detailliertere Unterlagen“. Der vormalige Kreisbeigeordnete sagte: „Wir haben zwei Jahre lang nichts unternommen, jetzt wird es langsam Zeit, beim ÖPNV nachzujustieren. Wenn das hier aber alles nur pro forma ist, brauchen wir auch keinen Arbeitskreis.“
Kathrin Alfers stellte eine zweite Fahrgast-Zählung in Aussicht, deren Auswertung noch vor den Sommerferien vorliegen soll. Daraus könne man dann das „Optimierungspotenzial“ herausarbeiten. Laut ÖPNV-Vertrag kann der Kreistag am bestehenden Umfang 20 Prozent Änderungen vornehmen – in beide Richtungen. Nach wie vor fahren viele Busse nahezu leer durch den Landkreis, wird im Kreistag immer wieder kritisiert.
Matthias König (Freie Wähler) schlug schließlich vor, die Besetzung des Arbeitskreises in den Ausschuss für Infrastruktur , Wirtschaft, Umwelt und Klimaschutz (IWUK) zurückzuverweisen und dort weiter zu beraten. Dann habe die Verwaltung auch Zeit, die Wahl vorzubereiten. Diesem weitergehenden Antrag folgte eine Mehrheit von 27 Kreistagsmitgliedern. Es gab eine Nein-Stimme und drei Enthaltungen.

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