Kreis Birkenfeld
Kreis investiert 7,3 Millionen Euro

Schlagloch an Schlagloch: Die Nahbollenbacher Straße im Verlauf der Kreisstraße 38 ist seit Jahren dringend sanierungsbedürftig. Im neuen Jahr soll es endlich soweit sein. Im Kreishaushalt stehen dafür 90 000 Euro zur Verfügung. Die Gesamtmaßnahme ist auf 360 000 Euro veranschlagt. Foto: Reiner Drumm

Reiner Drumm

Kreis Birkenfeld. Trotz großer Sparanstrengungen wächst der Schuldenberg des Landkreises weiter. Das Jahresdefizit im Haushalt 2015, den der Kreistag in seiner Sitzung am Montag bei zwei Enthaltungen (LUB) und zwei Gegenstimmen (Linke) beschloss, liegt bei 7,73 Millionen Euro. Das sind zwar fast zweieinhalb Millionen Miese weniger als im Jahr zuvor, dennoch steigen die Schulden immer weiter, sie werden Ende 2014 bei 75 Millionen Euro liegen. Bezeichnend für das Dilemma der finanziell chronisch unterversorgten Kommunen ist die Höhe der für 2015 vorgesehenen Entschuldung: gerade mal 111 000 Euro.

Von unserem Redaktionsleiter Stefan Conradt

Immerhin: Das Investitionsvolumen steigt im Vergleich zu den Vorjahren wieder auf rund 7,3 Millionen Euro. Unter anderem sind Straßensanierungen im Idar-Obersteiner Stadtteil Nahbollenbach (K 38/dafür sind 360 000 Euro eingeplant), an der K 30 zwischen Bergen und Kirn (600 000 Euro) und an der K 40 (Knotenumbau Kreuzung B 270/260 000 Euro) bei Mittelreidenbach geplant. Am Bau der neuen Brücke von der B 41 zum Gewerbegebiet Am Kreuz in Idar-Oberstein beteiligt sich der Kreis mit 100 000 Euro. Für die geplante Aufschwimmbrücke über die Nahe am Radweg bei Hammerstein sind 40 000 Euro (Kosten: 200 000 Euro) eingeplant. In der Gewässerentwicklung sind sechs Projekte mit einem Gesamtvolumen von rund 360 000 Euro eingeplant, mit der zum Beispiel die Nahe für Fische wieder durchgängiger gemacht werden sollen, hierfür gibt es hohe EU-Zuschüsse.

Fachoberschule wird ausgebaut

Weitere Investitionen betreffen die Verwaltung selbst (unter anderem wird ein Notstromaggregat für den Katastrophenfall angeschafft) und den Brandschutz (Geräte und Digitalfunk). Auch in die Schulen wird investiert: 390 000 Euro beträgt der Pflichtanteil für den Ausbau der Sekundarstufe 1 der Magister-Laukhard-Schule in Herrstein, 100 000 Euro sind für die Umgestaltung von Räumen der neuen Fachoberschule in Birkenfeld vorgesehen, und 100 000 Euro gibt es für zwei neue Klassenräume in der Nahetalschule in Idar-Oberstein

In ihren Haushaltsreden gingen sowohl Landrat Matthias Schneider wie auch die Sprecher der sieben Fraktionen auf die Finanzmisere ein. Nur AfD-Einzelkämpferin Gabriele Bublies-Leifert verzichtete auf ihr Rederecht. Schneider unterstrich, dass der Kreis nahezu alle Einnahmemöglichkeiten ausschöpfe und sich keinerlei Luxus leiste, dennoch wachse das Defizit von Jahr zu Jahr. Die freiwilligen Leistungen lägen nur noch bei einem Prozent. Trotzdem verlange die Aufsichtsbehörde ADD immer weitere Haushaltsverbesserungen. Dass man sich einer geforderten weiteren Anhebung der Kreisumlage (ist in diesem Haushaltsjahr nicht vorgesehen) dennoch auf lange Sicht nicht verweigern könne, habe das Beispiel Mayen gezeigt. Der Umgangston mit der ADD habe sich verschärft. So habe man sich auch Einnahmeverbesserungen für den Abfallwirtschaftsbetrieb (also der Müllgebührenanhebung) nicht mehr verschließen können.

Noss: Positive Seiten sehen

SPD-Sprecher Hans-Jürgen Noss bemühte sich, positive Aspekte zu finden: Man verabschiede heute seit Einführung der Doppik den Haushalt mit dem geringsten Fehlbetrag, zudem würden weniger Kredite aufgenommen. Gleichzeitig werde so viel investiert wie seit 2008 nicht mehr. Das sei auch nötig, um keinen Sanierungsstau etwa an Straßen oder öffentlichen Gebäuden wie Schulen zu verursachen. Positiv bewertet der Landtagsabgeordnete auch, dass der Schülerrückgang in diesem Jahr gestoppt worden sei – auch wenn es sich um eine Momentaufnahme handeln dürfte. Bei der Schulpolitik gelte es, keine Kirchturmpolitik zu betreiben. Schulsozialarbeit sei „gut investiertes Geld“, die Entscheidung des Kreistags für die Kostenübernahme richtig.

Noss forderte den Bund auf, bei den Überlegungen zur Weiterverwendung des „Soli“ (Solidarbeitrag Aufbau Ost„) die Kommunen nicht zu vergessen. Der Nationalpark bringe für die Region ganz neue Möglichketen, die es zu nutzen gelte. Noss dankte in diesem Zusammenhang den vielen Bürgern, die sich aktiv in den Prozess einbringen: “Das gab es in dieser Form noch nie.„ Der SPD-Sprecher nannte die Westumgehung Birkenfeld, die Hunsrückspange und den Ausbau der Internetversorgung als dringliche Zukunftsaufgaben.

Noss mahnte in Bezug auf die Windkraft (die er explizit aber nicht nannte), bei den Diskussionen nicht die Integrität der Kommunalpolitiker zu verletzen: “Man kann verschiedener Meinung sein, aber man darf, wenn einem die Argumente ausgehen, nicht persönlich werden„. Gleichzeitig lobte Noss das Klima und die Diskussionskultur im Kreistag, der sei im Vergleich zu anderen im Land eine “Oase der Glückseligkeit„. Der Birkenfelder bedankte sich beim Landrat für die Bereitstellung von 5000 Euro aus dessen “prall gefülltem Spendentopf„ für die Arbeit der Kreismusikschule. Ein Dank des SPD-Sprechers ging auch an Kämmerer Karl-Heinz Müller und dessen Team für die verständliche Aufbereitung des Haushaltsplans. Noss: “So gut gibt es das im ganzen Land nicht mehr.„

Beetz: Fehlbetrag ist Fehlbetrag

Kirsten Beetz (CDU) sprach im Anschluss von “Augenwischerei„, man müsse den Tatsachen ins Auge sehen: “Fehlbetrag bleibt Fehlbetrag„. Der Kreis sei finanziell völlig unterversorgt: “Da rettet uns auch der Entschuldungsfonds nicht.„ Man könne sich noch so sehr bemühen zu sparen, wenn aktuell die Kosten der Schülerbeförderung explodieren oder bald die Finanzierung der Flüchtlingsaufnahme anstehe, sei es schnell vorbei mit der Hoffnung auf Haushaltssanierung: “Das Land soll uns bitte die Mittel gleich mit den Flüchtlingen mitschicken.„ Auch mit ihrer Breitbandoffensive sei die Landesregierung “sehr spät an„. Und wie ernst man es in Mainz mit der Hunsrückspange meine, zeige alljährlich der Blick in den Landeshaushalt: “Da sind bis heute keine Mittel eingestellt„ – obwohl in Rhaunen bereits Baureife vorliege.

Die Fortführung der Schulsozialarbeit sei ein wichtiges Signal, sagte die Oberhosenbacher Ortsbürgermeisterin. Eine weitere Erhöhung der Kreisumlage lehne sie schon deshalb ab, weil man das von der ADD geforderte Landesmittel kaum erreichen könne: “Wenn wir und all die anderen Kreise mit roten Zahlen wie gefordert die Umlage erhöhen, steigt doch auch der Landesdurchschnitt wieder.„ Die CDU-Fraktion sei nicht gewillt, in der strukturell benachteiligten Region immer mehr Geld abzuschöpfen, “wenn das Land nicht bereit ist, für eine vernünftige Finanzausstattung der Kreise zu sorgen".

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