Klinikum Idar-Oberstein
Krankenhäuser ringen ums Überleben
Die Sanierungsarbeiten am Klinikum Idar-Oberstein laufen auf Hochtouren. Das Land Rheinland-Pfalz fördert das Projekt mit 108,5 Millionen Euro, was 90 Prozent der Kosten abdecken soll.
Fotostudio Hosser. Hosser

Deutschlandweit geraten immer mehr Krankenhäuser in finanzielle Notlagen. Auch das Klinikum Idar-Oberstein und sein saarländischer Mutterkonzern schreiben seit Jahren rote Zahlen. So sieht es derzeit aus.

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Wie dramatisch ist die Finanzsituation der SHG-Gruppe, die unter anderem das Klinikum Idar-Oberstein betreibt, tatsächlich? Wie die Saarbrücker Zeitung (SZ) jetzt berichtet, verzeichnete die Saarland Heilstätten GmbH für das Jahr 2022 einen Verlust von 13,5 Millionen Euro, 2021 waren es 10 Millionen Euro – allerdings gab es zuvor in den Jahren 2014 bis 2020 zusammengerechnet einen Gewinn von 39,17 Millionen Euro.

Mit ursächlich für die aktuelle Finanzmisere sind Defizite in den SHG-Kliniken Merzig, die bekanntlich bereits eine Insolvenz hinter sich hat, Völklingen und Idar-Oberstein. Laut SZ-Recherchen hat das Klinikum in Göttschied, das größte Krankenhaus im SHG-Verbund, mit Ausnahme von 2020, als ein Gewinn von knapp 2,6 Millionen Euro erwirtschaftet wurde, seit 2018 durchgehend rote Zahlen geschrieben – in den Jahren 2018 bis 2023 zusammen etwa 10,5 Millionen Euro, alleine 2022 fehlten beim Jahresabschluss knapp 4 Millionen Euro.

Einen Zuschuss des Mutterkonzerns gab es aber nicht, betont SHG-Geschäftsführer Bernd Mege, über viele Jahre Geschäftsführer in Idar-Oberstein, im Gespräch mit der SZ. Geld zugeschossen wurde hingegen bekanntlich vom Landkreis Birkenfeld – eine Kapitalaufstockung von 1,5 Millionen Euro und ein Darlehen 2024/25 von 5,5 Millionen Euro. „Der Landkreis Birkenfeld hat das Überleben der Klinik gesichert“, sagt Mege. Mit Blick auf die gesamte Krankenhauslandschaft lasse sich feststellen, dass viele Kliniken, die durch ihre Trägerstruktur nicht mit Unterstützung aus Landes- oder kommunalen Kassen rechnen können, durch Insolvenzen verschwinden, „selbst dann, wenn sie vor Ort wichtig wären – das ist eine kalte, ungesteuerte Marktbereinigung“, kritisiert Mege.

Land fördert Sanierungsmaßnahmen mit mehr als 100 Millionen Euro

Derzeit wird das 53 Jahre alte Krankenhaus in Idar-Oberstein – auch mit einem Teil-Neubau – von Grund auf modernisiert und saniert, bis 2040 soll alles fertig sein. Das Land Rheinland-Pfalz fördert das Projekt mit 108,5 Millionen Euro, was 90 Prozent der Kosten abdecken soll. Zur Finanzierung des verbleibenden Eigenanteils verhandelt die SHG laut Mege mit Banken. Der Geschäftsführer lobt ausdrücklich die Unterstützung des Landes Rheinland-Pfalz: „Im Saarland gibt es lediglich eine 50-Prozent-Förderung für den förderfähigen Anteil von Klinikprojekten.“

Doch auch im Saarland flossen schon kommunale „Rettungs-Zuschüsse“, etwa durch den Landkreis Merzig-Wadern für die dortige SHG-Klinik oder für das Winterbergklinikum durch die Stadt Saarbrücken. Der Regionalverband Saarbrücken – 40-Prozent-Anteilseigner an der SHG – musste bisher aber noch nicht in die Tasche greifen.

Geld ist nach der Merziger Insolvenz weg

An die Klinikum Merzig GmbH sind durch die Muttergesellschaft von 2012 bis 2020 zur Unterstützung der Liquidität Darlehen von zusammen 7,9 Millionen Euro geflossen. Und ja, sagt Mege, dieses Geld sei nach der Insolvenz weg. Das habe in dieser Zeit teilweise auch zum Gesamtdefizit des Konzerns beigetragen. „Doch was hätten wir machen sollen – nicht um den Erhalt der Klinik Merzig kämpfen? Der einzigen etwa im Umkreis von 40 Minuten Anfahrt?“

Ein weiterer Versuch, die Liquidität in Merzig zu steigern, war der Verkauf des Seniorenzentrums Fellenberg-Stift durch das Merziger Krankenhaus für acht Millionen Euro an die Gesamt-SHG, die das Stift dann wieder an Merzig vermietete. Das habe die Situation entschärft, das Gleiche gelte für die Schließung des Krankenhauses Baumholder. Das Haus, in dem die Geriatrische Abteilung des Klinikums Idar-Oberstein untergebracht war, wird inzwischen anderweitig genutzt. Betten und Personal wurden nach Idar-Oberstein überführt, wo die Fachkräfte auch dringend benötigt worden seien. Das habe sich positiv auf den Betrieb des Klinikums ausgewirkt, wo, das betont Elisabeth Simon, im SHG-Management für das Rechnungswesen zuständig, die Liquidität nie gefährdet gewesen sei.

Auch die Kliniken am Sonnenberg in Saarbrücken gehören zur SHG – dort läuft’s augenscheinlich besser. 2023 machte der Reha-Bereich dort zwar ein Minus von 512.000 Euro, der Klinikbereich aber ein Plus von 1,87 Millionen Euro.

Die Saana Textilpflege GmbH schreibt wieder schwarze Zahlen

Die SHG betreibt vier Krankenhäuser – in Völklingen, in Saarbrücken (SHG-Kliniken Sonnenberg) in Merzig und in Idar-Oberstein, daneben weitere sieben medizinische Versorgungszentren und sieben Reha-Einrichtungen, dazu drei Bildungseinrichtungen und ein Seniorenzentrum (Fellenberg-Stift in Merzig). Des Weiteren gehören zur SHG sechs gewerbliche Unternehmen, etwa an den Klinik-Standorten Service-GmbHs, die unter anderem Dienstleistungen in der Pflege, in medizinisch-technischen und therapeutischen Bereichen anbieten, ebenso Verwaltungs-Dienstleistungen.

Weiterhin gehört dazu auch die im Idar-Obersteiner Industriegebiet Dickesbacher Weg angesiedelte Saana Textilpflege GmbH. Letzere galt auch lange als Sorgenkind, fuhr von 2014 bis 2022 einen Gesamtverlust von 6,24 Millionen Euro ein. Nach dem Umzug an den neuen Standort schaffte Saana – nach der „Corona-Delle“ – die Wende: 2023 gab es einen Gewinn von 141.000 Euro, 2024 von 400.000 Euro. Die Großwäscherei reinigt täglich 30 Tonnen Krankenhaus- und Hotelwäsche.

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