Aschermittwochtreffen
Klöckner: USA-Schock kann eine Chance sein für Europa
Julia Klöckner kam extra für das Heringessen im Hotel Steuer aus Berlin angereist.
Stefan Conradt

Aschermittwochtreffen haben bei der Union Tradition. Auch im Kreis Birkenfeld. Da lässt die frischwiedergewählte Bundestagsabgeordnete auch gerne größere Veranstaltungen aus und kommt nach Allenbach.

Sie ist tatsächlich gekommen. Obwohl derzeit in Berlin lange, anstrengende Sondierungsgespräche zur Regierungsbildung laufen und es zahlreiche renommiertere Konkurrenzveranstaltungen in ganz Deutschland gab: Julia Klöckner ließ es sich am Aschermittwoch nicht nehmen, zum traditionellen Heringsessen des CDU-Kreisverbands Birkenfeld zu kommen, das diesmal in Allenbach im Hotel Steuer stattfand.

Es war der erste öffentliche Auftritt im Wahlkreis nach dem Wahlsieg am vorletzten Sonntag, der aufgrund des reformierten Wahlrechts zu einer nächtlichen Zitterpartie wurde. Klar, dass die Abgeordnete das erneut thematisierte und ankündigte, dass die neue CDU-geführte Bundesregierung das schnellstens wieder zurückschrauben werde, „ohne dass wir den Bundestag vergrößern“. Es könne nicht angehen, dass Direktkandidaten, die ihren Wahlkreis gewinnen, anschließend nicht in den Bundestag einziehen dürfen. Das sei „undemokratisch und demokratieschädigend“.

Donald Trump bricht mit 80-jähriger Zusammenarbeit

Ähnlich hatten sich zuvor bereits der CDU-Kreisvorsitzende Stephan Dreher und sein Stellvertreter Frederik Grüneberg bei der Begrüßung geäußert. Alle drei Redner gingen auch auf die neuerliche Zeitenwende ein, seit nach dem TV-Disput zwischen Trump und Selenskyj endgültig klar sei, dass sich Europa auf die USA nicht mehr verlassen kann. „Donald Trump bricht mit einer 80-jährigen Zusammenarbeit“, sagte Klöckner. Ein sicheres Europa und gemeinsame Wert seien seit dem Zweiten Weltkrieg Teil der nord-atlantischen Gemeinschaft gewesen. Das werfe der neue US-Präsident jetzt über Bord. Ihre größte Sorge sei, dass die USA möglicherweise auch noch die Nato verlasse. Das verhieße dann nichts Gutes für die Region mit dem US-Militärstützpunkt Baumholder. Dieser „Schock“ könne aber auch „eine Chance für Europa sein, wenn wir jetzt klug vorgehen“.

Die Bad Kreuznacher Abgeordnete berichtete auch von den laufenden Sondierungsgesprächen in Berlin: „Das sind noch keine Koalitionsverhandlungen.“ Mit Blick auf die Schuldenbremse sei Friedrich Merz keineswegs „umgefallen“, wie es manche Medien und politische Gegner kolportierten: Es gelte jetzt, andere Prioritäten zu setzen. Dass bei der Bundeswehr kräftig investiert werden muss, „sollte jedem klar sein, der in die Welt schaut“. Aber auch innerhalb des Bundeshaushalts müssten jetzt andere Prioritäten gesetzt werden: „Wir werden auch Personal abbauen müssen, das darf jetzt kein Tabu mehr sein.“

„Die Bundestagswahl ist jetzt gerade mal zehn Tage her – wenn man bedenkt, was seither alles passiert ist...“
Julia Klöckner zu den schwierigen Zeiten, die für die Politik angebrochen sind.

Und auch das machte Klöckner klar: „Die Koalition muss gelingen.“ Und: Die SPD müsse realisieren, „warum sie so stark verloren habe“, lenkte sie den Blick zum Beispiel auf das Ergebnis der ehemaligen roten Hochburg Kirn, wo in vielen Wahlbezirken die AfD stärkste oder zweitstärkste Kraft wurde: „Das klassische SPD-Klientel wird nicht mehr abgeholt...“ Dabei habe sie „gar kein Interesse, dass die SPD völlig untergeht“, denn: „Wir brauchen eine starke Mitte.“ Und da sei die SPD immer eine „wichtige soziale Bindekraft“ gewesen. Das habe schon Helmut Kohl immer betont, wenn er davon sprach, dass die Pflegerin mit dem Chefarzt auskommen müsse.

„Ich möchte grad nicht tauschen mit dir...“
Frederik Grüneberg zu Julia Klöckner

Im Wahlkampf habe sie viele Menschen getroffen, die gesagt haben: „Sie wähle ich, aber mit der Zweitstimme wähle ich AfD.“ Denen rufe sie zu: „Leute, bedenkt das Ende.“ Eine Partei mit Abgeordneten, die sich selbst als „freundliches Gesicht des Nationalsozialismus“ bezeichnen? „Pfui Deibel! Da möchte ich nicht wissen, was passiert, wenn die mal an die Macht kommen ...“

Dank für die Unterstützung im Wahlkampf

Klöckner bedankte sich bei allen Anwesenden für die „starke Unterstützung im Wahlkampf. Ich hoffe, dass wir diesen Schwung nun auch in den Landtagswahlkampf mitnehmen.“ Denn nach der Wahl ist vor der Wahl: Stephan Dreher kündigte an, dass sich am Montag der Kreisvorstand trifft, „und dann geht es auch schon Richtung Landtagswahl im kommenden Jahr“. Die Chancen stünden gut, wieder einen oder eine Abgeordnete nach Mainz zu schicken – aber dafür muss erst einmal ein Kandidat oder eine Kandidatin gefunden werden.

Und dann durfte endlich gegessen werden – der Hering aus der Steuer’schen Küche war überaus lecker. Das sonst obligatorische Gläschen Nahe-Riesling dazu fiel bei Julia Klöckner aber wie jedes Jahr flach – bis Ostern wird gefastet.

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