Nationalpark-Akademie
Kleine Alge ganz groß
Es war wieder ein spannender und informativer Vortrag der Nationalparkakademie: (von links) Harald Egidi, Leiter des Nationalparks Hunsrück-Hochwald, Prof. Dr. Eberhard Fischer, Dr. Dorothee Killmann von der Arbeitsgruppe Botanik der Universität Koblenz und der Theologe Burkhard Leh, der tatkräftig die Feldforschung seiner Frau unterstützt.
Thomas Brodbeck

Schon zwei neue Arten wurden seit Bestehen im Nationalpark Hunsrück-Hochwald gefunden. Das belege, welche Bedeutung das Schutzgebiet habe, betonten die Wissenschaftler Prof. Eberhard Fischer und Dr. Dorothee Killmann in der Nationalpark-Akademie.

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Es war eine spannende Detektivgeschichte mit vielen überraschenden Details, die den etwa 30 Gästen im Hunsrückhaus am Erbeskopf von der Entdeckung der Rotalge Hoefkenia hunsrueckensis erzählt wurde. „Kleine Alge ganz groß“, diesen Titel gaben Prof. Eberhard Fischer und Dr. Dorothee Killmann von der Arbeitsgruppe Botanik der Universität Koblenz ihrer reich bebilderten und lebhaft vorgetragener Präsentation.

So berichtete Killmann voller Verve, wie die Alge zu ihrem Namen kam: „Wer eine neue Art und hier sogar eine neue Gattung entdeckt, hat die Ehre, dieser einen Namen geben zu dürfen. Bei der Namenssuche erinnerte ich mich an das strahlende Lächeln der damaligen Umweltministerin Ulrike Höfken, als dieser Nationalpark eröffnet wurde. Sie war so glücklich, dass ihr Herzensprojekt gegen alle Widerstände realisiert werden konnte. Und so schlug ich vor: Wir nennen die Alge Hoefkenia hunsrueckensis. Das ist ein schöner Name. Und den kann man auch gut aussprechen.“

So sieht sie unter der Lupe aus, die neue Algengattung Hoefkenia hunsrueckensis
Eberhard Fischer

Neben den Wissenschaftlern von der Universität Koblenz waren auch Prof. Dietmar Quandt von der Universität Bonn und Prof. Kai Müller von der Universität Münster an der Untersuchung beteiligt. Ganz generell habe Rotalgen einiges zu bieten. Die meisten der mehr als 7000 Arten leben im Meer. Wer gerne Sushi isst, hat sie sicher auch schon verspeist. Denn bei den Sushirollen, auch bekannt als Maki, werden Reis, Fisch oder Gemüse von der Rotalgenart Nori umhüllt und zu einer Rolle geformt. Bei vielen dieser Algen vermuten die Wissenschaftler auch antibakterielle und antivirale Eigenschaften.

In Deutschland sind nur etwa 25 Süßwasser-Rotalgen bekannt, die meisten davon sind durch Gewässerverschmutzung stark gefährdet. Dass nun ausgerechnet im Nationalpark Hunsrück-Hochwald nicht nur eine weitere Art, sondern auch eine neue Gattung entdeckt wurde, kann als wissenschaftliche Sensation bezeichnet werden.

Auch die Hunsrück-Warzenflechte ist einzigartig

Dabei wurde schon im Jahr 2018 eine neue bislang unbekannte Flechte im Nationalpark gefunden: die Hunsrück-Warzenflechte. Eine Entdeckung, die auch dem Theologen Burkhard Leh, Ehemann von Dorothee Killmann, zu verdanken ist. Nicht nur, dass er seine Frau bei fast allen Exkursionen begleitet. Er schleppte auch den schweren Wackerstein ins Labor, auf dem sich dann die bislang unbekannte Flechte fand.

Der Hunsrück-Hochwald ist nun der einzige Nationalpark in Deutschland mit zwei erstmals hier beschriebenen, nur hier heimischen Arten. Für den Professor zeigt das, „welche Bedeutung der Nationalpark hat. Dabei gibt es sicher noch viel mehr ungehobene Schätze, die man hier finden könnte, würde man mehr forschen.“

Fischer verband seinen Vortrag mit einem eindringlichen Plädoyer: „Das Forschungsdefizit ist leider eklatant. Es muss mehr investiert werden. Und es bedarf einer nachhaltigen, langfristigen Strategie. Die Forschung kann nicht nur ausgegliedert, sondern muss auch innerhalb des Nationalparks verankert werden. Schließlich wissen wir gar nicht, wie viele Arten noch auf ihre Entdeckung warten.“

Kritik an der Wasserentnahme im Nationalpark

Auch Killmann nutzte den Vortrag für eine eindringliche Mahnung: „Uns ist es ganz wichtig, dass der Schutz der Natur, der Schutz der Ökosysteme Vorrang haben muss vor allen anderen Interessen. Es gibt viele Gruppen, die ihre wirtschaftlichen Interessen in den Nationalpark ausstrecken, beispielsweise um Wasser zu entnehmen, das für die Getränkeherstellung genutzt wird. Dieses Wasser fehlt dann den Mooren.“ Dem Nationalpark die Grundlagen abzugraben sei „ein no go! Das geht einfach nicht.“ Prof. Fischer ergänzte dies mit scharfen Worten: „Das Abpumpen ist ein Verbrechen gegen die Natur. In einem Quellgebiet, wie es der Nationalpark Hunsrück-Hochwald ist, muss jegliche kommerzielle Entnahme von Wasser unterbleiben!“ Die erstmals in Börfink unweit der Bohrungen der Mineralwasserunternehmen neu entdeckte Rotalge Hoefkenia hunsrueckensis reagiere sensibel auf Trockenheit und hohe Wassertemperaturen.

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