Gar keine Frage: Man wirft nicht mit Soße um sich – egal, ob Barbecue-, Salsa- oder Currysoße. Man beschädigt weder Flyer noch Kleidung anderer Menschen. Das tut man nicht. Wenn einem die AfD ein Dorn im Auge ist, man meint, seinen Senf zu deren Ansichten und Forderungen abgeben zu müssen, dann kann man kopfschüttelnd an einem AfD-Info-Stand vorbeigehen oder den kritischen Dialog mit den Akteuren suchen und darf keine Soße werfen.
Eine Partei, zu deren wesentlichen Charakterzügen es gehört zu provozieren, zu polarisieren und zu polemisieren, darf allerdings sicher nicht immer mit einem freundlichen Gruß rechnen und muss das aushalten können. Genauso, wie die Demokratie die AfD mit ihrer oft braunen Soße aushalten können muss. Natürlich – das muss man der AfD-Gruppe am Stand in Oberstein zugutehalten: Man weiß nicht, ob eine Person wie der Soßen-Werfer womöglich eine Waffe zückt und Menschen in Gefahr sind.
Andererseits: Da kommt ein Heranwachsender, eher schmächtig und leise, verspritzt Soße – und wird überwältigt, als hätte er den amerikanischen Präsidenten attackiert. Da kann man auch mal den gesunden Menschenverstand einschalten und deeskalierend mit Fingerspitzengefühl agieren. Dazu war offenbar niemand imstande. Zum Fremdschämen und absolut inakzeptabel war die völlig irrelevante Frage nach dem Geschlecht des Angreifers und die Drohung, mal nachschauen zu wollen… Man kennt die intolerante Haltung der AfD zu Fragen der Geschlechterpolitik. Dieses beleidigende und nahezu einer Nötigung gleichkommende Verhalten gegenüber einem jungen Menschen – die Hintergründe der Attacke sind noch völlig unklar – wirft ein tiefdunkles Licht auf den Vorfall.
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