Kreis Birkenfeld
Keime im Trinkwasser: Kritik an Informationspolitik der Behörden

Escherichia coli (abgekürzt E. coli) und auch Kolibakterium genannt  kommt im menschlichen und tierischen Darm vor und gilt als Fäkalindikator. Fäkalindikatoren sind Bakterien, die beispielsweise in Lebensmitteln und im Trinkwasser nachgewiesen werden können. Ein Nachweis dieser Bakterien zeigt an, dass die betreffenden Lebensmittel, Bade- oder das Trinkwasser mit Fäkalien von Tier oder Mensch verunreinigt sind.

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Kreis Birkenfeld. Beim Trinkwasser wird es vor dem Wochenende nach Recherchen unserer Zeitung wohl keine Entwarnung geben. Das Abkochgebot gilt bis auf Widerruf. Die Ursache für den Befall mit E-Coli-Keimen ist nach wie vor unklar. Kritik an der Informationspolitik des Landkreises und der Verbandsgemeinden wurden laut.

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Es gab am Dienstag zwar Flugblätter – zum Beispiel eines der VG-Werke Herrstein, das in den Briefkästen landete. Nicht jeder in den betroffenen Gemeinden (Liste unten) bekam das aber mit. Andere zweifelten die Seriosität der Flyer an: keine Angabe von Telefonnummern, kein offizieller Briefkopf der Verwaltung.

Nicht informiert worden waren die Medien, die die ersten Infos zur Problematik eher zufällig über die sozialen Netzwerke erhielten.

Am späten Dienstagnachmittag kam eine lapidare Ansage des Landrats, Matthias Schneider. Er postete auf seinem Facebookprofil: „Achtung, wir haben leider in einigen Bereichen des Landkreises eine Coli-Bakterien-Belastung im Trinkwasser. Vorsichtshalber das Trinkwasser lieber abkochen!“ Weitere Infos lieferte er nicht. Weder auf den Internetseiten der betroffenen Verbandsgemeinden noch beim Landkreis findet man bislang Informationen für die Bürger.

Info: Das sind >> Kolibakterien (Escherichia coli)

Escherichia coli (abgekürzt E. coli) und auch Kolibakterium genannt  kommt im menschlichen und tierischen Darm vor und gilt als Fäkalindikator. Fäkalindikatoren sind Bakterien, die beispielsweise in Lebensmitteln und im Trinkwasser nachgewiesen werden können. Ein Nachweis dieser Bakterien zeigt an, dass die betreffenden Lebensmittel, Bade- oder das Trinkwasser mit Fäkalien von Tier oder Mensch verunreinigt sind.

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[Update] Jochen Brack, stellvertretender Werkleiter der VG Herrstein, informiert am Mittwochmorgen: „Das Ergebnis der Nachproben erwarten wir für den heutigen Mittwoch. Dennoch: Das Abkochgebot wird mit Sicherheit wohl noch darüber hinausgehen. Das Gesundheitsamt wird – das ist so üblich – mehrere negative Proben abwarten, um kein Risiko einzugehen.“

Jeden Montag werden am Hochbehälter Silberich bei Kirschweiler Proben entnommen, so Brack. Insofern: „Wir werden vom Labor benachrichtigt, wenn etwas auffällig ist. Das wussten wir am Dienstag und haben sofort entsprechend reagiert.“ Eine Menge sei nach Bekanntwerden der möglichen Belastung mit E-Coli-Bakterien zu erledigen gewesen. Da sei es untergegangen, die Medien zu informieren, gibt Brack zu.

Die Stadtwerke Idar-Oberstein stellen klar, dass von dem Verdacht der Keimbelastung des Trinkwassers in Teilen des Landkreises Birkenfeld die Verbraucher in Idar-Oberstein nicht betroffen sind.

“Wir können auch Wasser„: THW Idar-Oberstein bietet Hilfe an

Das THW Idar-Oberstein könnte eine Trinkwasseraufbereitungsanlage aus Wörrstadt im Kreis Birkenfeld installieren, die Tausende mit Wasser versorgen würde. Bislang kam aber noch keine Anfrage vonseiten der Kreisverwaltung, berichtet Roman Hartrampf vom THW Idar-Oberstein.

Im Seniorenheim Abendfrieden Kirschweiler der Elisabeth-Stiftung Birkenfeld wurden die älteren Menschen darauf hingewiesen, kein Wasser aus den Leitungen zu trinken. Stilles Wasser aus Flaschen kommt zum Einsatz. In der Küche wird das Wasser abgekocht, berichtet Leiterin Birgit Tolzin. „Alles machbar“, sagt sie. Erst im September 2015 hatte es in Einrichtungen der Elisabeth-Stiftung Probleme wegen des Norovirus gegeben: Tiefgefrorene Himbeeren waren damals der Auslöser.

[2. Update] Seit dem Mittwoch-Vormittag sind auf den Homepages aller betroffenen Verbandsgemeinden und des Landkreises Birkenfeld Informationen zur aktuellen Verkeimung des Trinkwassers mit Hinweisen und Tipps eingestellt worden.

Gesundheitsamt: „Der Befall ist nicht dramatisch“

[3. Update] Bei einer turnusmäßigen Kontrolle des Trinkwassers am Montag waren die Bakterien gefunden worden. „Der Befall ist nicht dramatisch“, betonte Diana Thiel, die Leiterin des Gesundheitsamtes der Kreisverwaltung, am Mittwoch auf Anfrage unserer Zeitung. Man habe zwei Keime gefunden. Aber da gebe es keinen Ermessensspielraum, weil Wasser ein Lebensmittel ist: „Wir müssen dann auf Nummer sicher gehen.“ Dem Gesundheitsamt sei nichts anderes übrig geblieben, als so zu reagieren, wie man reagiert habe.

Sie verdeutlicht das Szenario mit einem Vergleich: „Wenn es im Winter Glatteis gibt, wird gestreut.“ In diesem Fall werden Wasser und Filter mit Chlor behandelt, um vorhandene Bakterien abzutöten.

„Wir wissen nicht, wo die Bakterien herkommen.“

Eine am Dienstag gezogene Probe sei keimfrei gewesen, berichtet Thiel. Aber an mindestens drei aufeinanderfolgenden Tagen müsse das Ergebnis negativ sein, um Entwarnung geben zu können. Die Amtsleiterin geht davon aus, dass dies frühestens am Montag der Fall sein wird. Die Ursache sei weiter unklar: „Wir wissen nicht, wo die Bakterien herkommen.“

In der Verbandsgemeinde Birkenfeld, in der 15 Orte betroffen sind, wurde nach Auskunft des stellvertretenden Werkleiters Thorsten Gnad inzwischen damit begonnen, Trinkwasserproben aus mehreren Hochbehältern zu nehmen. Sie hängen an der Überleitung, von der das möglicherweise keimbelastete Wasser aus dem Hochbehälter Silberich bei Kirschweiler ins Gebiet der VG Birkenfeld fließt. Der erste dieser Hochbehälter befindet sich bei Siesbach. Die Trinkwasserleitung verlässt an einer Übergabestation nahe Gimbweiler das Birkenfelder Netz und führt von dort in die VG Baumholder.

Proben an drei aufeinanderfolgenden Tagen – also Entwarnung frühestens Montag

„Bis das Ergebnis einer Probe vorliegt, dauert es aber eine gewisse Zeit. Wir sind außerdem gezwungen, die Proben an drei aufeinanderfolgenden Tagen zu machen“, informiert Gnad. In der Konsequenz heißt das laut Gnad: Selbst wenn sich der Verdacht der Belastung mit E-Coli-Bakterien nicht bestätigen sollte, könnte möglicherweise erst am Montag Entwarnung gegeben werde, sodass die Bürger in den betroffenen Orten erst dann nicht mehr ihr Wasser abkochen müssten. Wenn jedoch Keime gefunden würde, könnte es auch länger dauern. Dann müsste das Wasser nachgechlort werden, um die Keime abzutöten.

Christoph Donie, Werkleiter der VG Baumholder, geht davon aus, dass es nach Absprache des Gesundheitsamts mit den betroffenen VG-Werken eine zeitgleiche Aufhebung des Aufkochgebots für Trinkwasser geben wird. Auch er hält es für möglich, dass dies bis Montag dauern könnte. In der VG Baumholder sind 12 der 14 Orte – Ausnahmen sind nur Reichenbach und Frauenberg – von dem Problem betroffen. Die Überlandleitung führt von Gimbweiler kommend bis zum Hochbehälter Hahnweiler und dann in Richtung Baumholder.

[4. Update] Auf unsere Rückfrage nahm Landrat Schneider zum Informationschaos Stellung – auch zu seinem Facebook-Post am Dienstagnachmittag. Der hatte zunächst für weitere Verunsicherung gesorgt: “...Vorsichtshalber das Trinkwasser lieber abkochen!“, hatte er lapidar geschrieben. Weitere Infos lieferte er nicht.

„Ich habe es für meine Pflicht gehaltgen, die Bürger früh zu informieren“, begründete er am Mittwochnachmittag gegenüber der Nahe-Zeitung sein Vorgehen. Weder auf den Internetseiten der betroffenen Verbandsgemeinden noch beim Landkreis waren zunächst Informationen für die Bürger zu finden.

Das änderte sich erst im Verlauf des Montagmorgens. Zuständig seien die VG-Werke, betont der Landrat. „Unser Gesundheitsamt begleitet die Sache nur fachlich.“ Es sei aber zu überlegen, ob die Kreisverwaltung in solchen Situationen nicht unterstützend eingreifen sollte.

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Diese Orte sind konkret betroffen

VG Herrstein Nur drei Gemeinden betroffen, alle übrigen werden momentan nicht über Hochbehälter Silbering versorgt

  • Hettenrodt
  • Mackenrodt
  • Kirschweiler

Anfragen an die VG Herrstein unter: 06785/79 – 0

VG Birkenfeld „Bei uns sind rund 15 Orte betroffen“, sagt Wehrleiter Lars Benzel und nennt folgende Gemeinden:

  • Siesbach
  • Rötsweiler
  • Nockenthal
  • Wilzenberg
  • Hußweiler
  • Hattgenstein
  • Schwollen
  • Gimbweiler
  • Meckenbach
  • Dambach
  • Ellweiler
  • Achtelsbach
  • Hoppstädten-Weiersbach (inklusive Neubrücke und Umwelt-Campus)

Anfragen an die VG Birkenfeld unter: 06782/990-165 oder 06782/990-174

VG Baumholder Hier sind es nach Auskunft des dortigen Wehrleiters Armin Schneider zwölf von 14 Orten:

  • Berglangenbach
  • Berschweiler
  • Eckersweiler
  • Fohren-Linden
  • Hahnweiler
  • Heimbach
  • Leitzweiler
  • Mettweiler
  • Rohrbach
  • Rückweiler
  • Ruschberg
  • Ausnahmen sind nur Reichenbach und Frauenberg.

Anfragen an die VG Baumholder unter: 06783 / 81 41

Wir bleiben am Thema dran und informieren hier weiter.

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