Als Hilde Becker in der ARD-Comedyserie „Familie Heinz Becker“ an der Seite von Gerd Dudenhöfer dank stetiger Wiederholungen vor allem im Weihnachtsprogramm zahlreicher TV-Sender generationenübergreifend bekannt geworden, hat sich Alice Hoffmann auch in der Zeit danach eine breite Fanbasis insbesondere in unserer Region erarbeitet. Das bewies der restlos ausverkaufte Saal im Bürgerhaus Vollmersbach eindrucksvoll.
Hoffmann hat sich weiterentwickelt
Dabei ist sie dem Grundmuster der naiv erscheinenden, konservativ bis traditionell erzogenen, im breiten Dialekt sprechenden Saarländerin mit umwerfender Bauernschläue treu geblieben. Probleme mit Fremdwörtern und das Kokettieren mit Anglizismen sowie gelegentliche Übersetzungshilfen für eine im Saal anwesende Besucherin aus Wien ziehen sich als Running-Gag durch den gesamten Abend.
Aber die Hilde Becker von damals hat sich als Alice Hoffmann weiterentwickelt: emanzipiert, weitergebildet und mit altersgerecht veränderten Einstellungen zum Sinn des Lebens, das auch mal genussorientiert sein darf.
Auslöser war ihre Scheidung mit 50: „Ohne Mann kann man endlich mit dem Denken beginnen.“Sie stellt eine „Toddo-Lischd“ mit sieben ToDos auf, die sie im weiteren Verlauf abendfüllend in einzelnen Episoden ausführt. Da gibt es den Führerschein mit Schwierigkeiten, den Englischkurs, ayurvedische Kurse, Tattoos, Versuche als Influencerin, das direkte Ansprechen von Männern und auch am Thema erotische Fotos arbeitet sie sich ab.
Hoffmann wird politisch
Die stärkste Entwicklung und den größten Bruch mit ihrer einstigen Rolle als Hilde Becker offenbart sie jedoch zu Beginn des zweiten Teils: Der Tontechniker spielt das politischste und vielleicht beste Lied von Udo Jürgens ein: sein „Glaubensbekenntnis“, in dem er ganz direkt Stellung bezieht für Toleranz und Humanismus, gegen Rassismus und Krieg, in der Hoffnung auf eine schöne bunte Welt.
Alice Hoffmann singt den Song mit und bekräftigt ihn anschließend mit eindrucksvollen Worten. Der stärkste Moment des Abends, der die folgenden Situationen unter einem ganz anderen Licht erscheinen und den Zuschauer auch die teilweise etwas längeren Bärte einiger Gags entschuldigen lässt.
Somit löst sich das Werk von Alice Hoffmann weit von Hilde Becker, musste sie doch dort die Rolle der Frau des eher sehr konservativ denkenden Gerd Dudenhöfer (er)tragen. Ganz am Ende lupft sie auch noch ihre „Kiddelschuurz“ und lässt die Perücke zugunsten langer roter Haare fallen – Hilde war, Alice ist. Ein sehr unterhaltsamer Abend, wie immer perfekt organisiert vom Vollmersbacher Kulturteam, dem hoffentlich weitere Veranstaltungen dieser Qualität folgen werden.