890 von 900 Punkten, bei dieser Bilanz selbstredend Traumnote 1,0 – auf diesen Rekord kann nicht nur Jara Stoffel stolz sein, deren Abiturzeugnis zumindest in den nunmehr 48 Jahrgängen seit der Einführung der Mainzer Studienstufe am Gymnasium Birkenfeld einmalig ist. Dieser Erfolg spricht auch für ihre Schule, blieb bei der Abiturfeier und im Bericht darüber unerwähnt.
Im Visier hatte die 18-Jährige die historische Bestleistung nicht – ihr Ziel war einfach, so gut wie möglich abzuschneiden. „Ein 1,0-Abitur fällt einem nicht in den Schoß“, bekennt die Dienstweilerin, die damit ein wenig übertreibt: Zu ihrer vielseitigen Begabung gesellten sich volle Konzentration im Unterricht und Fleiß. Doch konkurrierende Interessen setzten dem Zeitaufwand für die Schule Grenzen.
Astronomie fasziniert die Abiturientin
Beispielsweise jobbt sie jede Woche zehn Stunden in der Bäckerei des Edeka-Markts in Birkenfeld und widmet sich ihren Hobbys, turnt beim TV Birkenfeld und liest gerne: „Vor allem Romane und populärwissenschaftliche Literatur.“ Fasziniert ist sie von Astronomie, besitzt auch ein eigenes Teleskop, mit dem sie die Sterne beobachtet. Darüber hinaus engagierte sie sich jahrelang in der Schülervertretung und war als Zwölftklässlerin Oberstufensprecherin. Mitnichten entspricht sie also dem Klischee vom pausenlos büffelnden Streber.
Nebenbei zu arbeiten, habe sich auf die Schule keineswegs negativ ausgewirkt. „Dadurch habe ich gelernt, meinen Tagesablauf optimal zu strukturieren: Organisation und Planung sind das A und O“, meint die Schwester von Drillingen. Auf ihre schriftlichen Abiturprüfungen in den Leistungsfächern Mathematik und Latein sowie den mündlichen Teil in Geschichte lernte sie jeweils zwei Wochen, für Physik eine: „Andere haben sicherlich mehr gemacht.“ Jara Stoffel profitierte auch von ihrem fundierten Vorwissen: „Ich habe immer aufgepasst und mich mit jedem Thema so lange beschäftigt, bis ich alles im Kopf hatte.“
Gute Förderung wird belohnt
Ein weiterer Mosaikstein war „Super-Glück mit den Lehrern, die fast alle den Stoff prima vermittelten“. Hervor hebt die junge Frau Oberstufenleiter Frank Diversy, „der mich unheimlich gefördert und immer ein offenes Ohr für all seine Schüler hatte“. Regelmäßig beteiligte sie sich an Wettbewerben wie der „Mathe-Olympiade“ und stieß wiederholt ins Landesfinale vor. Ihre ebenfalls von Diversy betreute Facharbeit zeichneten die Universität Mainz und die Dr.-Hans-Riegel-Stiftung aus: „Ich bin definitiv sehr ehrgeizig.“
Am meisten Talent hat sie neben Mathematik in den Naturwissenschaften, speziell Physik: In beiden Fächern erreichte sie sowohl während der ganzen Oberstufe als auch im Abitur die Höchstpunktzahl 15, also eine 1 plus, die sie auch in den Grundkursen Geschichte, Deutsch, Religion, Informatik und Kunst abonniert hatte. Hingegen entfielen sieben der zehn Punkte, die sie auf dem Weg zur Matura liegen ließ, auf das dritte Leistungsfach Latein, in dem sie sich bei der „Reifeprüfung“ mit 14 Punkten, also einer glatten Eins, begnügen musste. Wem das durchweg gelingt, der hat automatisch einen Schnitt von 1,0.
Für die in Baumholder aufgewachsene Ausnahmeschülerin steht noch das Internationale Abitur in Mathematik an. Parallel dazu betätigt sie sich seit Anfang April an ihrer „alten“ Schule als Vertretungslehrerin, was sie beibehalten will, wenn sie ab dem Wintersemester an der Technischen Universität Kaiserslautern Mathematik studiert. Um ein Stipendium hat sie sich bereits beworben. Erst einmal möchte Jara Stoffel aber am und im Mittelmeer ein wenig ausspannen – auf Kos und Mallorca: „So ein freies halbes Jahr ohne Verpflichtungen kommt vermutlich nie wieder.“