Bereits am Sonntag waren die beiden im Sportlerheim des Bollenbacher SV in Mittelbollenbach aufgetreten, am Montagabend dann im etwas kleineren Rahmen in der Buchhandlung Carl Schmidt in Idar. Die Anwesenden wurden mit interessanten und amüsanten Geschichten rund um das Thema „Fußball“ belohnt.
Mit passendem Zitat begrüßt
Der Inhaber der Buchhandlung Sven Kritz begrüßte die interessierten Insider des Fußballgeschehens mit einem Zitat von Desmond John Morris, einem britischen Publizisten: „Fußball ist ein einfaches Spiel mit einfachen Regeln. Was zählt, ist das Team. Und das besteht keinesfalls nur aus elf Spielern, sondern aus uns allen – ein Paradies für Emotionen, weil wir natürlich alle Sieger sein wollen.“
Nach diesem treffenden Einstieg legte Jörg Staiber zunächst alleine los. Er informierte die Anwesenden über seine ersten größeren Veröffentlichungen zur Fußballgeschichte, unter anderem mit dem „Wunder von Bern“. Das war ein Beitrag zum Lottowettbewerb Rheinland-Pfalz, bei dem er viel Lob bekam, aber leider keinen Preis. Der Autor vermittelt hier authentische Situationen aus seiner Heimatstadt Duisburg. Auch damals schon gab es das, was wir heute „Public Viewing“ nennen. Die Fußballfans hatten nämlich gar keine andere Wahl, als das Endspiel in der Kneipe zu schauen, da nur wenige Haushalte bereits über ein Fernsehgerät verfügten.
Staiber schilderte Momente aus gesellschaftlichen Abläufen dieser Zeit, die sich die Jüngeren unter uns gar nicht mehr vorstellen können. Man erfuhr auch Geschichten hinter den Geschichten, zum Beispiel die Erlebnisse des kleinen Adi, den Staiber in verschiedenen Szenen skizzierte. Was Nationalstolz damals bedeutete, kann man an der Tatsache erkennen, dass bereits das Spielen der Nationalhymne vielen Menschen Tränen in die Augen trieb.
Man hatte 1954 ja auch gar nicht mit einem Einzug ins Finale gerechnet. Laut Jörg Staiber war diese Sensation wohl der Urknall zur deutschen Fußballgeschichte. Schließlich mussten die anwesenden Fußballexperten mitarbeiten und die Mannschaftsaufstellung der elf „Helden von Bern“ aufzählen, was mit kleineren Hilfen auch tatsächlich gelang.
Ein zweifelnder Fritz Walter
Fritz Walter wird heute noch als Galionsfigur des deutschen Fußballs gefeiert, und die meisten kennen die WM von 1954 nur anhand euphorischer Begleiterscheinungen. Thematisiert wurde diesmal auch die eher depressive und zweifelnde Seite des Idols, die den meisten Fußballanhängern bislang verborgen geblieben ist.
Der verspätet angereiste Gerd Busson kam dann „ins Spiel“. Der Fan von Eintracht Frankfurt stieg in den Dialog mit Jörg Staiber ein, wobei die Anwesenden nicht immer gleich zu erkennen vermochten, ob er Scherz oder Wahrheit beinhaltete. Der nächste Schwerpunkt des Streifzugs bildete das WM-Turnier 1966 in England. Dribbelkönig „Stan“ Libuda hatte erst mit einem sensationellen Tor gegen Schottland die Qualifikation zu der Weltmeisterschaft auf der Insel perfekt gemacht.
In England gab es dann im Viertelfinale einen emotionalen 4:0-Erfolg gegen brutale „Urus“. Die Deutschen besiegten danach Russland mit dem schier unbezwingbaren Torwart Jaschin und zogen ins Finale gegen England ein. Das berüchtigte Wembley-Tor entschied das dramatische Endspiel und ist noch heute jedem Fußballfan ein Begriff. Staiber und Busson griffen in diesem Zusammenhang zu einigen bissigen Kommentaren, insbesondere über den russischen Linienrichter Bakhramov, der bei seiner Mitentscheidung zum Tor eine ganze Nation empörte.
Kniffliges „Zitatespiel“
Knifflig wurde es anschließend beim „Zitatespiel“, bei dem alle zur Mitarbeit aufgefordert waren. Sepp Herberger war einer der Ersten, dessen Wortspiele bis heute Gültigkeit haben: „Der Ball ist rund, und ein Spiel hat 90 Minuten“ oder: „Das nächste Spiel ist das schwerste.“
Ein weiterer Klassiker ist das Zitat von Andreas Möller: „Egal, ob Mailand oder Madrid – Hauptsache Italien.“ Man durfte an diesem Abend noch über viele weitere „Bonmots“ diverser Fußballer und Trainer schmunzeln. Schließlich wurden auch die Highlights der neueren Weltmeisterschaften mit unvergesslichen Momenten erörtert. Wann wurden zum ersten Mal Prämien für Spieler ausgehandelt? Wer erzielte die ruhmreichsten Tore? Hier wurde Uwe Seelers Treffer mit dem Hinterkopf 1970 gegen England herausgestellt und das Tor aus schier unmöglichem Winkel von Lothar Emmerich gegen Spanien 1966. Den krönenden Abschluss bei der WM 2014 setzte Mario Götze und brachte eine ganze Nation zum Jubeln. Fußball lebt halt von Emotionen, die man in jüngster Zeit etwas vermisst.
Den Schlusspunkt eines interessanten und amüsanten Abends bei „Babbedeggels Carl“ setzte Gerd Busson mit dem historischen Zitat des Radiosprechers Herbert Zimmermann von der Liveübertragung der WM 1954: „Aus. Aus. Aus. Das Spiel ist aus!“