Zum Beginn des Ramadan trafen sich mehr als 400 Gläubige im großen Saal im Opal-Hotel in der Edelsteinbörse Idar-Oberstein, verteilt über zwei Etagen, getrennt nach Geschlechtern. Es ist auffällig, wie viele junge Menschen anwesend waren. Viele christliche Kirchen haben wohl schon lange nicht mehr so viele Gläubige versammelt gesehen.
Der 28. Februar ist der Beginn des Ramadan, des Fastenmonats der Muslime. In ihm wurde nach islamischer Auffassung der Koran zum Propheten Mohamed herabgesandt. Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang wird der volljährige gläubige Muslim in diesen vier Wochen zum Enthalt aufgefordert, sofern er gesund ist. So soll er auf den Verzehr irdischer Substanzen und Speisen verzichten, ebenso auf Trinken und Rauchen.
Auf Arabisch, Französisch und Deutsch sprach der aus Marokko stammende Imam Said Atemni. Viele seiner Worte könnten sich auch in einer christlichen Predigt wiederfinden: „Es ist nicht nur eine Zeit des Fastens, sondern auch der Besinnung. Ja, in dieser Zeit sollte man zur Besinnung kommen, um sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.“ Und weiter: „Wir sollten darauf achten, was wir essen. Dass man sich gesund ernährt, wenn man am Abend wieder essen darf.“ Es ging in seiner Predigt auch um Respekt: dem Respekt für sich selbst, für seine Mitmenschen, und auch für Gott. Man solle die Zeit nutzen, um all jenen zu gedenken, die arm sind, die vielleicht gar hungern müssen, weil sie sich kein Essen leisten können.
Predigt beginnt mit dem Azan
Ramadan heißt für Muslime auch, dass man sein Benehmen überdenkt: handele stets so, wie mich der Koran lehrt, Toleranz zu zeigen, auch gegenüber Andersdenkenden, Ordnung und Sauberkeit zu bewahren und nicht zuletzt auch seine Mitmenschen zu achten und zu lieben.
Die Predigt begann mit dem Azan, dem Gebetsruf, der unseren westlichen Ohren einem Gesang gleicht, und am Freitag von Junaid Qazi vorgetragen wurde. Er ist der Sohn von Inayat Khan Qazi, dem zweitem Vorsitzenden der islamischen Glaubensgemeinschaft Jamaah Al-Tagwa-Mosche in Idar-Oberstein. Vor mehr als 50 Jahren übernahm Inayat Khan Qazi den Edelsteinhandel von seinem Großvater, der aus Pakistan nach Deutschland gekommen war.
Qazi betont, dass in seiner Gemeinde kein Platz ist für Radikale, Fanatiker oder Kriminelle. Dafür bürgt auch der Imam, der gut vernetzt ist mit Sozialarbeitern, Ausländerbehörde und der Polizei. Aus 32 Nationen kommen die Muslime in Idar-Oberstein, viele davon leben seit Jahrzehnten hier, zahlen ihre Steuern und sind bestens integriert. Seit einiger Zeit treffen sich in der Mosche auch Gläubige aus Kuwait, die in der Region in Immobilien investiert haben.
Am vergangenen Freitag wurden auch zwei 13-jährige unbegleitete Kinder aus Syrien von einem Sozalarbeiter aus Nohfelden extra zur Predigt in die Mosche gefahren – in dem Wissen, dass sie hier Zuwendung und Freunde finden und man ihnen bei Problemen hilft.
„Kriminelle haben auch in unserer Gemeinschaft nichts zu suchen.“
Inayat Khan Qazi, zweiter Vorsitzender der islamischen Glaubensgemeinschaft Jamaah Al-Tagwa-Mosche Idar-Oberstein
Dass die Integration auch mit den neu Hinzugekommenen gelingt, ist eine Herzensangelegenheit nicht nur von dem Imam und Qazi, sondern letztlich von allen Muslimen, die hier in unserer Stadt ein neues Zuhause suchen oder schon gefunden haben. Oder wie es Inayat Khan Qazi formuliert: „Wir sind hier in Idar-Oberstein als Muslime akzeptiert und respektiert. Und genauso akzeptieren und respektieren wir unsere Mitbürger. Wir lehren unseren Kindern Toleranz. Kriminelle haben auch in unserer Gemeinschaft nichts zu suchen.“
Um sich ein Bild von der muslimischen Gemeinschaft zu machen und um den Dialog zu suchen und zu fördern, lädt der Imam im Namen der muslimischen Glaubensgemeinschaft Idar-Oberstein alle Mitbürger ein, an der täglichen Predigt um 15.45 Uhr in der Mosche in der Hauptstraße 240 (zwischen Aral-Tankstelle und Polizei) teilzunehmen.