Ein wenig Trotz und Frust prägten die Diskussion im städtischen Bauausschuss mit Blick auf die Änderung des Bebauungsplanes „Gewerbepark Nahetal“, die letztlich einstimmig erfolgte, aber von einer kontroversen Debatte geprägt war. Das letzte Wort hat der Stadtrat.
Hintergrund: Der Wunsch des Stadtrates, die bestehende Nutzungsbeschränkung beziehungsweise den Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben mit innenstadtrelevanten Sortimenten zu lockern, war der Ausgangspunkt. Hierzu hatte der Stadtrat in seiner Sitzung vom 11. Dezember 2024 die Verwaltung beauftragt, den entsprechenden Aufstellungsbeschluss vorzubereiten.
Konzept stammt aus dem Jahr 2018
So ist vorgesehen, im Planbereich GE2 (gegenüber Globus Baumarkt) Nutzungsbeschränkungen zurückzunehmen, um zentrenrelevante Sortimente nach der aktuellen Sortimentsliste des städtischen Einzelhandelskonzepts aus dem Jahr 2018 zuzulassen. Nach Abschluss des Planänderungsverfahrens könnten Einzelhandelsbetriebe mit Verkaufsflächen von bis zu 800 Quadratmeter zugelassen werden: Kleidung, Bastelbedarf, Hörgeräte, Brillen, Bücher, Lederwaren zum Beispiel. Ausnahmen: Nahversorger (Drogerie, Lebensmittel etc.) bleiben außen vor. Unzulässig sind weiterhin Einzelhandelsbetriebe mit nahversorgungsrelevanten Sortimenten sowie großflächige Einzelhandelsbetriebe jeglicher Art. Der Geltungsbereich umfasst rund 29,6 Hektar. Im Rahmen der Aufstellung des Bebauungsplanes ist eine Umweltprüfung zu erstellen.
Stadtplaner warnt vor Auswirkungen
Aus Sicht des Sachgebiets Stadtplanung sind negative Auswirkungen bei einer Änderung des Plans möglich, wie Kevin Keller mahnend erläuterte: Gefährdung der zentralen Versorgungsbereiche und weiterer Funktionsverlust der Innenstädte (auch von Nachbargemeinden), Gefährdung der Rentabilität innerstädtischer Entwicklungskonzepte sowie von Investitionen der öffentlichen Hand und der privaten Wirtschaft, fehlende wirtschaftliche Perspektive (die zum Rückzug weiterer Einzelhandelsunternehmen und Gastronomiebetrieben aus den Innenstädten führen können), Zunahme von innerstädtischem Leerstand sowie Verfall der baukulturell bedeutsamen und denkmalgeschützten Gebäude, Gefahr der Bildung einer Einzelhandelsagglomeration nicht großflächiger Einzelhandelsbetriebe im Gewerbepark, zunehmende Flächenkonkurrenz im Gewerbegebiet (Handelsbetriebe versus Produktions- und Handwerksbetriebe) und erhebliche Steigerung des Bodenrichtwerts der GE-Grundstücke.
„Wir schneiden die Innenstadt weiter ab.“
Stadtplaner Kevin Keller
Auch die Zunahme des Kundenverkehrs im Gewerbepark und die allgemeine Steigerung des motorisierten Individualverkehrsaufkommens in Stadt und Umland (Abhängigkeit von eigenem Pkw steigt, betroffen sind vor allem mobilitätseingeschränkte und sozialschwache Bevölkerungsgruppen) sei möglich.
Leerstandsquote im Gewerbepark sinkt
Dem gegenüber stehen mögliche positive Auswirkungen, wie Keller darlegte: Rückgang der Leerstandsquote im Gewerbepark, Attraktivierung des Gewerbeparks für weitere Einzelhandelsbetriebe und sonstige Dienstleister, Etablierung eines konkurrenzfähigen Einzelhandelsstandorts gegenüber dem Online-Handel im Gewerbepark, der dem Einkaufsverhalten und den Ansprüchen der Bevölkerung gerecht wird, Besucherverkehr in den Innenstadtlagen nimmt ab, dadurch gibt es mehr freie Parkplätze für Anwohner, Patienten und sonstige Nutzer sowie ruhigere Innenstädte.
Deutlich wurde: Der Stadtplaner ist wenig begeistert von einem Aufweichen des Sortiments im Gewerbepark: „Wir schaffen Flächenkonkurrenz, schneiden die Innenstadt weiter ab.“ Womöglich verärgere man wertvolle Investoren wie den Modepark Röther. Ein Gewerbegebiet sei eigentlich nicht zum Einkaufen, sondern zum Arbeiten gedacht.
„Wir versündigen uns an den Innenstädten.“
Karoline Hautmann-Strack (FDP)
Moritz Forster (SPD) kommentierte, man müsse mit der Zeit gehen. Die Funktion der Innenstädte verändere sich massiv, der Onlinehandel werde weiter wachsen. Darauf müsse die Stadt reagieren: „Was früher war, ist vorbei.“ Aus seiner Sicht sei nicht entscheidend, wo Menschen in Idar-Oberstein einkaufen, sondern dass sie hier einkaufen. Risiken müsse man in Kauf nehmen.
Maria Luise Reichert (AfD) sagte: „Man muss auch die Unternehmerinteressen beachten: Wo verdient man mehr? Alles andere wäre Planwirtschaft.“ Joachim Elfner (Freie Liste) bewertet das jetzige Konzept als nicht schlüssig: „In der Vollmersbachstraße geht es doch auch. Da gibt es diese Sortimentsbeschränkungen nicht.“
Wolfgang Röske (CDU) möchte die Innenstädte nicht aufgeben: „Da werden womöglich Wohnbereiche entstehen, und die locken dann wieder Einzelhandel an. Da kann sich was entwickeln.“ Ähnlich sieht es Stefan Worst (Wählergruppe Worst): „Ich habe noch Hoffnung für die Innenstädte.“ Karoline Hautmann-Strack (FDP) setzt sich für eine Wiedereröffnung der Fußgängerzonen ein: „Wie macht man die Zentren wieder attraktiv? Die wenigen, die noch dort sind, werden noch frustrierter. Wir versündigen uns an den Innenstädten.“
Michael Schmolzi (LUB) fragte: „Wen wollen wir denn in den Zentren noch schützen? Es ist ja fast nichts mehr da. Wir müssen der Zeit angepasst agieren.“ Bürgermeister Friedrich Marx stellte klar: „Dieses Problem haben ja nicht nur wir. Es wird eine Daueraufgabe sein zu schauen, in welche Richtung wir gehen.“