Das Gericht hat dem Antrag entsprochen und Rechtsanwalt Jens Lieser zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Die Löhne und Gehälter der insgesamt rund 150 Beschäftigten sind bis Ende August über das Insolvenzgeld der Bundesagentur für Arbeit gesichert. Lieser hat bereits die Vorfinanzierung des Insolvenzgeldes beantragt.
Auf einer Betriebsversammlung am Freitag wurden die Beschäftigten über die Insolvenz und die weiteren Schritte informiert. „Oberstes Ziel der Sanierung ist“, sagt Lieser, „die Fortführung und Neuaufstellung des Unternehmens sowie der Erhalt der Arbeitsplätze.“ Das auf Kunststoffspritzguss spezialisierte Familienunternehmen mit mehr als 200-jähriger Geschichte entwickelt, konstruiert, produziert, repariert, wartet und überarbeitet im Kundenauftrag Kunststoffprodukte und stellt Spritzgusswerkzeuge her.
Insolvenzverwalter verschafft sich einen Überblick
Der vorläufige Insolvenzverwalter und sein Team verschaffen sich derzeit einen Überblick über das Unternehmen und wollen alle Handlungsoptionen ausloten, um eine Zukunftslösung zu finden. „Seit mehr als 200 Jahren ist das Familienunternehmen im Markt tätig und hat bereits viele Höhen und Tiefen überwunden. Ich sehe durchaus Chancen für eine Neuaufstellung, da das Unternehmen als Spezialist für hochwertige Produkte und Dienstleistungen rund um das Thema Kunststoffspritzguss im Markt sehr bekannt und anerkannt ist und über hervorragende langjährige Kundenbeziehungen verfügt“, erklärt Lieser gegenüber der NZ.
Die seit einiger Zeit stark gestiegenen Rohstoffpreise haben dem Unternehmen Probleme bereitet, „da die Preissteigerungen beim Einkauf der Rohstoffe nicht in Gänze an die Kunden weitergereicht werden konnten“, erläutert Lieser. „Als im Februar 2022 der Ukraine-Krieg ausbrach und infolgedessen in kurzer Zeit die Energiepreise in die Höhe schnellten, traf dies die Gebrüder Schmidt KG besonders empfindlich.“ Als produzierendes Unternehmen mit höherem Energiebedarf bei der Erstellung von Kunststoffteilen im Spritzgussverfahren erwiesen sich die Mehrkosten beim Energiebedarf für das Unternehmen als erhebliche finanzielle Last. „Somit geriet die Gebrüder Schmidt KG mehr und mehr und letztlich unverschuldet in die Verlustzone.“
Aus Metallwarenfabrik zum Spezialisten für Kunststoffspritzguss
Die Gebrüder Schmidt KG wurde im Jahr 1818 inmitten von Oberstein als Metallwarenfabrik gegründet und ist heute auf Kunststoffspritzguss spezialisiert. Das Unternehmen steht seinen Kunden mit besonderer Expertise in den Branchen Hygiene, Haushaltsgeräte, Kosmetik, Sanitär, Maschinenbau und der Baubranche zur Seite. Als Systemlieferant im Kunststoffspritzguss erhalten die Kunden innovative und präzise auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Lösungen. So hat das Unternehmen zum Beispiel im Baubereich Hohlkörper aus recyceltem Polypropylen erstellt, die bei wenig tragenden Decken von Gewerbegebäuden bis zu 40 Prozent Beton ersetzen können. Damit leistet das Familienunternehmen einen wichtigen Beitrag zur Dekarbonisierung in der Bauwirtschaft. red/sc