Buchvorstellung 
Hottenbacher Pfarrer hat nun den Doktortitel
Dr. Erik Zimmermann stellte sein neues Buch zur Geschichte der Hunsrücker Pfarrbruderschaft in der Zeit des Nationalsozialismus in der Kirche Hottenbach vor.
Stefan Conradt

Über die Nazizeit in Deutschland ist viel geforscht worden. Der Hottenbacher Pfarrer Erik Zimmermann hat nun ein nicht nur regional interessantes Kapitel der Kirchengeschichte hinzugefügt.

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Eigentlich hatte er seine Promotion im kleinen Kreise im Anschluss an den Buß- und Bettaggottesdienst in der Hottenbacher Dorfkirche feiern wollen. Daraus wurde nichts: Als Pfarrer Dr. Erik Zimmermann am Mittwochabend seine nun als dickes Buch vorliegende Dissertation „Die Hunsrücker Pfarrbruderschaft in der Zeit des Nationalsozialismus“ vorstellte, war das Gotteshaus trotz des angekündigten Schneefalls gut gefüllt.

Auch aus den Nachbargemeinden und -kreisen waren etliche Besucher angereist, um sich anzuhören, was Zimmermann in fast zweijähriger Arbeit erforscht hatte. Sein Buch ist die umfassende Darstellung des fast vergessenen kirchlichen Netzwerks mit vielen neuen Einblicken und Hintergründen zu dessen Entstehung und Geschichte. Die zentrale Frage, die am Anfang seiner Forschung stand: Wie haben die Pfarrer im Hunsrück (beziehungsweise in den Kirchenkreisen Trier, Simmern und Trarbach) in der Zeit der Nazi-Diktatur agiert, wie haben sie sich gegen den Terrorstaat gestellt? Oder haben sie sich den Gegebenheiten klammheimlich gefügt?

Gedenkgottesdienst für den „Prediger von Buchenwald“

Zimmermann berichtete von einer ungefähren Drittelung in „Deutsche Christen“, die zu 100 Prozent hinter Hitler standen, neutrale, betont unpolitische Geistliche und die Pfarrer der Bekennenden Kirche, zu der auch der Dickenschieder Pfarrer Paul Schneider gehörte. Sie versuchten, ihren Glauben, ihre Art, Gottesdienst zu feiern und sich um die Gemeinden zu kümmern, zu verteidigen. „Es war kein politischer Widerstand, sondern ein theologischer“, betont Zimmermann. Aber das genügte, um von der Gestapo überwacht zu werden. Zahlreiche Repressalien, Hausdurchsuchungen, Gottesdienstauflösungen und Verhaftungen waren die Folge.

Paul Schneider wurde schon 1939 im Alter von 42 Jahren von den Nazis im KZ Buchenwald ermordet. Er ging später als „Prediger von Buchenwald“ in die Geschichtsbücher ein, weil er sich auch in der Haft den Mund nicht verbieten ließ. Ihm war auch der Gottesdienst, der zuvor in der historischen Hottenbacher Kirche gefeiert wurde, gewidmet. Der Frauenkreis hatte dazu eine szenische Lesung vorbereitet, Zimmermanns Ehefrau Anja hielt die Predigt zum Thema „Wahrheit“.

Damals wie heute war die Gesellschaft gespalten

Um Wahrheit geht es auch in Erik Zimmermanns Buch, das seit einigen Tagen im Buchhandel erhältlich ist. Bei seinen umfangreichen Recherchen stieß er auf etliche Fakten und Zitate, die bisher nicht veröffentlicht wurden – auch nicht in den zahlreichen Büchern über Paul Schneider. So hatte dieser seine Mitstreiter im Hunsrück noch kurz vor seinem Tod gewarnt, dem Simmerner Superintendenten Ernst Gillmann nicht zu trauen, er folge dem Regime. Gillmann leitete bis 1959 den großen Kirchenkreis auf dem Hunsrück.

Die Pfarrer im Hunsrück – auch die der Bekennenden Kirche – seien keine strahlenden Helden gewesen, sagt Zimmermann, auch sie hätten Zweifel, Sorgen und Ängste gehabt. Aber sie hätten in einer Zeit, in der der Staat den Zugriff auf alle Bereiche des Lebens anstrebte, klare Zeichen der Zivilcourage und der Mitmenschlichkeit gesetzt, so der Theologe in seinem Buch.

Was Zimmermann in seinen Ausführungen auch unterstrich sind die Parallelen zur aktuellen Lage: Auch damals war die Gesellschaft gespalten. Ganze Dörfer und Familien waren über die Frage der Anhängerschaft zu Hitler zerstritten – zumindest zu Beginn der NS-Diktatur: „Und dennoch gibt es auch heute wieder Tendenzen, solche Parteien zu wählen“, warnte Zimmermann. Allerdings sei die Politik in ihrer Zerstrittenheit selbst Schuld an der Situation – so war es auch am Ende der Weimarer Republik.

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