Wird im Nationalpark Hunsrück-Hochwald der Borkenkäfer nicht mehr genug bekämpft?
Holzindustrie beunruhigt: Wird im Nationalpark Hunsrück-Hochwald der Borkenkäfer nicht genug bekämpft?
Borkenkäfer
Unscheinbar, aber eine Bedrohung für den Wald: Die Borkenkäfer haben zuletzt im Hunsrück erhebliche Schäden verursacht. Im Nationalpark Hunsrück-Hochwald hat sich an der Bekämpfung der Schädlinge zu Jahresbeginn etwas geändert. Foto: Harald Tittel/dpa
Harald Tittel. picture alliance/dpa

Eine Veränderung an den Rändern des Nationalparks im Hunsrück sorgt für Unruhe: Die Pufferzonen, in denen der Borkenkäfer aktiv bekämpft wird, haben sich verändert. Das löst Befürchtungen aus.

Lesezeit 3 Minuten

Der Aufschrei war groß nach dem Dürresommer 2022. Damals hatten die Gemeinden im Hunsrück immense Schäden in ihren Fichtenwäldern zu verzeichnen, weil sich der Borkenkäfer so stark ausgebreitet hatte wie nie zuvor in der Region. Unter den besonders betroffenen Wäldern waren einige im Umfeld des Nationalparks Hunsrück-Hochwald. Mehrere Gemeindechefs machten damals das Schutzgebiet und die mangelnde Bekämpfung des Käfers im Nationalpark für ihre Misere verantwortlich (wir berichteten). Bei einem Krisengespräch im März 2023 in Schwollen versprachen Vertreter der Landesregierung mehr Unterstützung und eine bessere Kommunikation mit den Anrainergemeinden.

Jetzt sorgt eine Veränderung im Nationalpark für neue Aufregung. Denn dort haben sich teilweise die Pufferzonen verändert, in denen der Borkenkäfer – im Gegensatz zu den Kernbereich des Schutzgebiets – aktiv bekämpft wird. Bisher geschah dies ausnahmslos in einem Schutzstreifen innerhalb des Parks, um ein Ausschwärmen des Schädlings in umliegende Wälder zu verhindern. Bei angrenzendem Staatswald ist dieser Schutzkorridor 500 Meter breit, an der Grenze zu Gemeinde- oder Privatwäldern 1000 Meter. Diese Pufferzone ist nun insofern verschoben worden, dass sie an den Rändern zum Staatswald hin jetzt außerhalb des Parks liegt. Was die Fläche innerhalb, in der sich die Natur ohne menschliche Eingriffe entwickeln soll, vergrößert.

Kritik zu geänderten Pufferzonen: Staatswald wird „geopfert“

Bei Vertretern der Holzindustrie ruft diese Veränderung aber Protest hervor. Dort fürchtet man unter anderem negative Auswirkungen auf die Belieferung der Betriebe mit Fichtenholz. Volker Martini-Emden vom Morbacher Sägewerk Eugen Decker spricht davon, dass Anfang des Jahres die Pufferzone „stillschweigend“ vom Inneren des Nationalparks in den „noch gesunden“ angrenzenden Staatswald verlegt worden sei. „Innerhalb der ursprünglichen Pufferzone wird beim angrenzenden Staatswald kein Holz mehr aufgearbeitet. Der Käfer kann sich somit noch bewusster ausbreiten und vermehren“, befürchtet Martini-Emden.

Diese Waldbereiche würden somit noch früher verschwinden. Der Staatswald werde für den Nationalpark geopfert, beklagt er. Zu dem Schluss müsse man kommen, „wenn man weiß, wie die Grenzen verlaufen, weiß, wo der Käfer hergekommen ist“. Zudem kritisiert der Morbacher die Informationspolitik des Ministeriums. „Wie Entscheider die Infos bekommen, ist bedenklich“, sagt er. In der Tat scheint bei den Kommunalpolitikern der Region keine Information angekommen zu sein. Den Ortsbürgermeistern von Hilscheid, Malborn und Thalfang war die Verlegung der Pufferzone in den Staatswald nicht bekannt, wie eine Nachfrage unserer Zeitung ergab.

Der Morbacher Bürgermeister Andreas Hackethal sagt, er habe erst durch seine Kontakte zu den Morbacher Betrieben von den Veränderungen im Waldschutzkonzept erfahren. „Ich hätte schon erwartet, dass darüber direkt informiert worden wäre. Leider ist das unterblieben“, sagt er. Auch eine Information gegenüber der Öffentlichkeit sei nicht erfolgt. „Diese deutliche Änderung des Waldschutzkonzepts hat zur Folge, dass es zu einer weiteren Ausbreitung des Borkenkäfers kommen wird und unmittelbar angrenzende Gemeinden wie Allenbach oder Mörschied dies in ihren Wäldern ebenfalls zu spüren bekommen“, fürchtet Hackethal.

Abgestorbene Fichten entlang der Traumschleifen

Die Malborner Ortsbürgermeisterin Petra-Claudia Hogh, deren Gemeindewald erheblich vom Borkenkäfer dezimiert wurde, ist auf Anfrage nicht in der Lage zu sagen, ob der Schutzstreifen tatsächlich seine Funktion erfüllt. „Ich bin der Meinung, dass der Name Schutzstreifen oder Pufferzone eine Funktion suggeriert, die nicht erfüllt werden kann. Die Datenlage ist eine andere“, sagt Hogh.

Was sagt das zuständige Umweltministerium in Mainz zu der Kritik? Eine Pressesprecherin verweist auf Nachfrage auf einen Newsletter des Lagezentrums Borkenkäfer, das Anfang 2023 zur koordinierten Bekämpfung der Schädlinge im Hunsrück eingerichtet wurde. In dem Newsletter vom 5. März 2024 sei über die Verlegung der Pufferzone informiert worden. „Grenzt Staatswald unmittelbar an den Nationalpark an, so wird der Waldschutzkorridor in die angrenzenden Forstämter gelegt. Das Monitoring wird unverändert intensiv fortgesetzt“, heißt es dort in einem von neun Punkte, die in einer Manöverkritik zum Kampf gegen die Käfer herausgearbeitet sind.

„Der primäre Zweck besteht darin, auf einem überwiegenden Teil des Gebietes einen möglichst ungestörten Ablauf der Naturvorgänge zu gewährleisten. Landesforsten unterstützt diese Entwicklung“, begründet die Ministeriumssprecherin die Verlegung. Das Lagezentrum Borkenkäfer gehe zudem fest davon aus, dass die Verlegung des Waldschutzkorridors für die angrenzenden Wälder keine Auswirkungen haben werde. Dies gelte insbesondere für Gemeinde- und Privatwälder, denn an deren Grenze bleibe die 1000-Meter-Pufferzonen erhalten.

Das Monitoring werde fortgeführt, um ein effektives Borkenkäfermanagement zu gewährleisten. Die Aufarbeitung und der Vertrieb des Holzes würden sowohl im Staatswald als auch im Nationalpark von Landesforsten erledigt. Die Organisation der Belieferung heimischer Sägewerke bleibe damit gleich.

Top-News aus der Region