Politik ADD verlangt Einsparungen im Haushalt von 1,1 Millionen Euro
Hilferuf aus dem Stadtrat: Allein schaffen wir es nicht
Eigentlich kann sich die Stadt kein Hallenbad leisten, und eigentlich müsste sie die Eintrittsgelder anheben ... Der Sparzwang wird den Stadtrat in den nächsten Monaten nachhaltig beschäftigen. Foto: Hosser (Archiv)
Hosser

Idar-Oberstein. Ein ausgeglichener städtischer Haushalt 2017 hätte Wohlgefallen ausgelöst. Angesichts der Aufgaben nicht machbar. Insofern hatte die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) eine Menge zu beanstanden – und da wird der Ton immer schärfer. Rund 1,1 Millionen Euro müssen eingespart werden, verlangt sie mit Nachdruck, damit die „Schmerzgrenze“, ein Defizit von 10 Millionen Euro, nicht überschritten wird.

Die Problematik war Kernpunkt der jüngsten Sitzung des Stadtrats. Letztlich wurde beschlossen, an Straßenunterhaltungsmaßnahmen und der Dachsanierung an der Grundschule Idarbachtal sowie der Sanierung der Fenster an der Kindertagesstätte Nahbollenbach zu sparen. Auch der Baubetriebshof muss billiger arbeiten. Ein Aspekt, der der Stadt gerade recht kommt: Ein Teil der Integrationspauschale – Geld, das vom Bund kommt – in Höhe von 434.300 Euro kann eingerechnet werden, sodass am Schluss die von der ADD geforderten knapp 1,1 Millionen Euro an Einsparungen zusammenkommen. Diesem Plan stimmte der Rat letztlich zu, lediglich Soja Gottlieb (Die Linke) votierte dagegen.

Viel Handlungsspielraum gab es bei den Einsparungen nicht, Maßnahmen werden lediglich in die Zukunft geschoben. Vonseiten der Stadt wird es zudem in naher Zukunft eine Stellungnahme geben. So manches habe die ADD nicht ganz korrekt kommentiert und interpretiert. Das würde man gern richtigstellen, betont Carsten Stützel, neuer Leiter der Kämmerei, im Gespräch mit der NZ. Das kann man als Drohung verstehen, waren sich die Stadtratsmitglieder einig: Mehr als 8,5 Millionen im Minus werden im nächsten Jahr nicht genehmigt, kündigt die ADD an.

In Anlehnung an die gemeinsame Resolution des Stadtrats nach der Verabschiedung des Haushalts 2017 – damals verzichteten einige Fraktionen auf Reden, um ihren Protest gegen die schlechte finanzielle Ausstattung der Stadt auszudrücken – wurde es in der jüngsten Sitzung recht emotional. Armin Korpus (CDU) betonte: „Diese harsche Rüge der ADD verwundert uns doch. Es fällt einem eigentlich nichts mehr ein, wo man sparen könnte. Wenn wir uns nicht von unseren Altschulden befreien können, geht das immer so weiter.“ Die Resolution laufe wohl ins Leere. Und natürlich entstehe durch die Einsparungen ein Investitionsstau.

Verena Buschbaum (LUB) sagte, ihre Fraktion sei „schockiert“, aber man müsse die Aufgaben angehen. Josef Mähringer (SPD) reagierte auf Korpus: „Wir sind nicht überrascht. Die Frage ist doch, wie wir gegensteuern können.“ Die Gewerbesteuer sei nicht in dem Maß wie erwartet gestiegen. Das, so antwortete OB Frank Frühauf, liege daran, dass die Firmen investierten: „Was gut ist, weil es Arbeitsplätze sichert.“ Aber im Ergebnis flössen nun mal weniger Gewerbesteuern. Und dass Idar-Oberstein das höchste Defizit aller kreisangehörigen, großen Städte im Land vorweise, habe mehrere Gründe: Andere erhielten Gelder durch Fusionen oder lagerten Bereiche wie Tourismus und Kultur als GmbH aus. Die tauchten dann nicht im Haushalt auf. Stefan Worst (SPD) forderte, alle Ausgaben noch einmal auf den Prüfstand zu stellen, über Ideen konkret und wertneutral nachzudenken, damit die geforderten 8,5 Millionen als Defizit für 2018 eingehalten werden können. Frühauf dazu: „Wir werden tatsächlich noch intensiver nachdenken müssen. Dennoch: Wir brauchen Hilfe, die direkt vom Bund kommen muss. Allein schaffen wir das nicht.“

Bernhard Zwetsch (FDP) ist der Ansicht, das Schreiben der ADD enthalte viel Zynisches: „Es ist ja nicht so, als hätten wir Luxus-Schulen, Luxus-Kindergärten oder Luxus-Feuerwehren.“ Konstruktive Ansätze seien in der Reaktion der ADD nicht zu finden. Für ihn in keiner Weise nachvollziehbar: Die Integrationspauschale könne also offenbar zur Deckung von Haushaltsdefiziten zweckentfremdet werden: „Ich will das nicht glauben.“

Sonja Gottlieb kommentierte: „Wir sparen nicht, wir verschieben Maßnahmen nur. Und die werden letztlich teurer.“ „Nicht zielführend und nicht befriedigend“ sei die Haltung der ADD, kritisierte Thomas Engel (Freie Liste). Er sehe darin viel Polemik. Thomas Petry sagte: „Wichtig ist letztlich nur, dass wir das Rad für die Bürger am Laufen halten.“ Einheimische und Touristen müssten eine attraktive, saubere Stadt vorfinden.

Von unserer Redakteurin Vera Müller

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