Die Straßburg-Kaserne in Idar-Oberstein steht seit 2008 leer. Ihre weitere Nutzung ist auch bei den Haushaltsberatungen für 2023 im Stadtrat ein Thema. Foto: Reiner Drumm (Archiv)
Christian Knapp (CDU): „Trotz vieler Herausforderungen konnten wir doch einige Projekte anstoßen und teilweise auch umsetzen, andere stehen noch in den Startlöchern. Die Erwartungshaltung ... in der Bürgerschaft ist groß. Wir bitten aber um Geduld, jegliche Umsetzung von Projekten bedarf in unserer jetzigen Zeit aufgrund bekannter Probleme länger als erwartet.“ Wenn er höre: „Wir sind ja jetzt eine reiche Stadt“ widerspreche er „entschieden: Wir sind eine schuldenfreie Stadt, und wir sind auf einem guten und soliden Weg.“
Es gelte weiterhin, Investitionen „zielgerecht, nachhaltig und priorisiert zu tätigen“. Trotz der jetzt so erfreulichen Zahlen bleibe es dabei: „Die finanzielle Ausstattung der Kommunen reicht bei Weitem nicht aus.“ Mit der Senkung der Steuerbelastung für Bürger und Unternehmen habe man bereits wichtige und richtige Schritte getan. Die CDU beantragte unter anderem, die Mieten von städtischen Hallen und Sälen für die Vereine zu halbieren, das Friedhofsnutzungskonzept zu überarbeiten und das Gustav-Manz-Gelände in Idar vom Kreis zu kaufen und zu einem Freizeitgelände zu entwickeln.
Jupp Mähringer (SPD) sieht im neuen Haushalt die Fortsetzung der „positiven Wende: Die Traumreise geht weiter. Die Berechnungen und Erwartungen der Kämmerei haben sich bestätigt und bescheren uns nicht nur einen ausgeglichenen Haushalt, sondern einen Haushalt, der mit enormen Überschüssen ausgestattet ist und uns somit eine Gestaltungshoheit ermöglicht.“
Nachdem die Hebesätze der Realsteuersätze erheblich gesenkt wurden, „haben wir auf hohe Steuereinnahmen verzichtet“. Deshalb sei es wichtig, dass sich weitere Betriebe in der Stadt niederlassen. „Was spricht dagegen, den einst von OB Frühauf installierten Wirtschaftsbeirat wieder ins Leben zu rufen?“, fragte Mähringer. Das Projekt „Erneuerbaren Energien“ auf dem Areal der Straßburg-Kaserne sei ein „wichtiges Signal für die energietechnische Zukunft unserer Stadt“.
Neben der Schaffung von neuem Wohnraum gelte es nun, den Altbestand zu sanieren. Als Beispiel nannte er das Gebäude Ringstraße 22, das zurzeit als Proben-, Besprechungs- und Lagerraum von Nahbollenbacher Vereinen genutzt wird. „Heute könnten wir das Gebäude sanieren und das Dach erneuern.“ Genauso wie die Verwaltung nun ihre Schubladen „auf Ladenhüter mit Realisationschance durchsuchen sollte, wird die SPD-Fraktion ihre Anträge aus der jüngeren Vergangenheit noch einmal hervorziehen“.
Mähringer erinnerte den Stadtvorstand daran, dass dringend nach „einer geeigneten Stätte zur Durchführung eines Spießbratenfestes oder einer Nachfolgeveranstaltung“ gesucht werden müsse. Auch gelte es, das Thema Fernwärme zu forcieren. Die SPD unterstütze das Ziel, das Naturbad im Staden attraktiver und bekannter zu machen.
Peter Quint (FDP) wendete sich in seiner Rede gegen die im Rat vertretene Ansicht, in der Stadt gebe es eine „finanzielle Zeitenwende. Tatsächlich haben wir zurzeit eine richtig gute finanzielle Situation. Aber niemand kann wissen, wie lange dieser Zustand anhalten wird.“ Stabilisierung der medizinischen Versorgung und ein besseres Freizeitangebot wünscht sich Quint.
Beim Ausbau des Glasfasernetzes müsse man angesichts der vielen Baustellen „aufpassen, dass in Idar-Oberstein kein Blaumilchkanal entsteht“. Neben dem Ausbau des Industriegebiets Weidenberg müsse man im Blick behalten, alles dafür zu tun, „dass der zurzeit größte Gewerbesteuerzahler seine Kapazitäten hier erweitert und bei uns neue Arbeitsplätze schafft.“ Ein weiteres Ziel müsse die Energieautarkie sein.
Monja Roepke (Bündnis 90/Die Grünen): „Der Angriffskrieg durch Putin auf die Ukraine wirkt sich bis in die kleinsten Kommunen aus, und auch in Idar-Oberstein merken wir die Auswirkungen. Unsere Verwaltung kam und kommt teilweise an ihre Grenzen.“
Unter diesen Bedingungen, die auch zu Heizungsabsenkungen in der Verwaltung selbst („Das sind keine Wellnessbedingungen“) führen, lobte die Fraktionssprecherin, „dass das Hallenbad bis 31. Dezember geöffnet bleibt und ... auch weiterhin geöffnet bleiben könnte. Wir appellieren an die Verwaltung, weiterhin alle Möglichkeiten für die dauerhafte Öffnung des Hallenbads auszuschöpfen, und an den Rat, die Öffnung weiterhin zu unterstützen, damit wir als Stadt Idar-Oberstein neben den Kindern und Jugendlichen auch den Vereinen die Möglichkeit einer sportlichen Freizeitgestaltung bieten können.“
Bürgermeister wird gewählt
Wer gedacht hat, die Haushaltssitzung (die zwölfte Sitzung des Stadtrats in diesem Jahr) sei die letzte gewesen für 2022, liegt falsch: Am kommenden Mittwoch, 21. Dezember, tritt sich das Gremium erneut in der Messe, unter anderem um den im Sommer urgewählten Oberbürgermeister Frank Frühauf offiziell zu ernennen und einen Bürgermeister zu wählen. Die 13. Ratssitzung 2022, die um 17.30 Uhr beginnt, wird auf absehbare Zeit die letzte in der Messe Idar-Oberstein sein: Ab 2023 kehren der Stadtrat und die Ausschüsse wieder in den Sitzungssaal der Stadtverwaltung zurück.
Der zögerliche Ausbau erneuerbarer Energien „auch hier im Stadt- und Kreisgebiet fällt uns nicht nur aufgrund der Gaskrise als zentnerschwere Last auf die Füße. Wir könnten bereits bei weiten Teilen unseres Energiebedarfs unabhängig von Despoten, fossilen Energien und Spekulationen an den Energiemärkten sein“, sagte Roepke und begrüßte die Gründung einer Infrastrukturgesellschaft zwischen der Stadt Idar-Oberstein und der OIE AG – „noch besser wäre allerdings eine Energiegenossenschaft unter Einbindung der Bürgerschaft“. Roepke forderte eine engere Zusammenarbeit mit dem Umwelt-Campus und den Ausbau des Radwegenetzes in der Stadt.
Michael Schmolzi (LUB) sagte, viel schwerer, als mit dem erhöhten Steueraufkommen schnell Schulden zu tilgen, sei es, „die über Jahrzehnte heruntergewirtschaftete Infrastruktur instandzusetzen. Überfrachtete Bürokratie, Energiekrise, Lieferengpässe, gestörte Lieferketten und Arbeitskräftemangel führten zu jahrelangen Umsetzungsprozessen ... Wir haben kein Finanzierungsproblem mehr, aber ein Umsetzungsproblem.“
Schmolzi fragte, wo im Haushalt „Konzepte, Planungen und Investitionen in Klimaschutz“ zu finden seien. Auch bei Themen wie „Lebenswerte Innenstädte“ oder „Sozialer Wohnungsbau“ fehle es an Konzepten. „Leben, Arbeiten, Handel, Gastronomie und Kultur in den Stadtzentren sehe ich im vorliegenden Haushalt nicht abgebildet.“
Thomas Engel (Freie Liste) lobte, dass bereits Schulden abgebaut, Bürger und Unternehmen steuerlich entlastet wurden, die ersten Investitionen in die Infrastruktur angelaufen seien. Nun gehe es um Altbausanierung, die Ausweisung weiterer Baugebiete und die Stärkung der Schullandschaft. Auch das Konzept der Jugendförderung à la „Jump IO“ gelte es zu forcieren. Konkret forderte der Idarer, endlich die Brücke an der Gewerbehallenkreuzung zu sanieren, das kaputte Pflaster in der Idarer Fußgängerzone zu reparieren und den Bachlauf dort wieder in Gang zu setzen. Engel bedauert, dass die Ideenfindung für die Entwicklung des Energieparks Straßburg-Kaserne durch die Standortschießanlage enge Grenzen gesetzt seien.
Sonja Gottlieb (Linke) erinnerte Rat und Verwaltung daran, dass trotz des vielen Geldes in Idar-Oberstein einiges im Argen liege: „In unserer Stadt leben Menschen in Langzeitarbeitslosigkeit, viele arbeiten im Niedriglohnsektor, die Renten sind entsprechend. Wir sehen einen Anstieg der Fallzahlen bei den Hilfen zur Erziehung, Gewalttaten nehmen zu, bezahlbarer Wohnraum wird weniger, Geschäfte und Gastronomiebetriebe müssen schließen.“
Nach dem Schuldenabbau gelte es nun, gezielt die Bürger zu entlasten. Manche Dinge wie Schwimmmöglichkeiten in Schulen oder auch das Spießbratenfest seien „vom Drauflegen abhängig, aber für die Daseinsfürsorge, für die Bildung oder die Sicherheit notwendig.“ In diesem Zusammenhang erinnerte sie an die Vorschläge, in der Kama eine Freilichtbühne und in Stadtnähe einen Ruheforst zu errichten. Erfreulich sei, dass die Sanierung der Jugendherberge nun endlich angegangen werden könne.
Einzelkämpfer Thomas Petry nannte das vorliegende Zahlenwerk „einen Red-Bull-Haushaltsplan – denn er verleiht Flügel“. Der fraktionslose ehemalige Grüne sieht die geplante Energie-Partnerschaft mit der OIE kritisch: „Mir sind Gewerbetreibende bekannt, die Fotovoltaikanlagen anschlussfertig auf den Dächern liegen haben, aber seit Monaten wird um Anschlussmöglichkeiten, Zählerinstallationen und sonstigen Formalien verhandelt und die Einspeisung verhindert.“ Mit Blick auf die Kommunalwahl 2024 mahnte Petry: „Wir müssen es gemeinsam schaffen, den Einzug der Rechten ins Stadtparlament mit aller Kraft zu verhindern.“ Auch fordert Petry den Neubau eines Campus-Gebäudes für die Hochschule.