Schöffengericht glaubt Angeklagten nicht, dass Cannabispflanzen nur zum Eigenbedarf angepflanzt wurden
Hanfanbauer aus dem Saarland müssen ins Gefängnis
Cannabis leaf isolated on white background
Aleksandrs Jermakovics. Aleksandrs Jermakovi - Fotolia

Idar-Oberstein. Zu Gefängnisstrafen ohne Bewährung verurteilte das Schöffengericht Idar-Oberstein unter Vorsitz von Richter Marcel Oberländer zwei Männer im Alter von 29 und 30 Jahren aus dem Saarland, die in einem Wald bei Hoppstädten-Weiersbach eine Hanfplantage angelegt hatten. 64 Pflanzen beschlagnahmte die Polizei, die Gesamtmenge von gut acht Kilogramm Marihuana mit einem Gehalt von etwa 345 Gramm THC war mehr als 45-Fache des Grenzwertes zu einer „nicht geringen Menge“, bei der die Mindeststrafe grundsätzlich bei einem Jahr liegt. Beide Angeklagten erklärten den Anbau mit Eigenbedarf.

Der 29-Jährige, der vor einigen Jahren einen schweren Autounfall erlitten hatte, gab an, aus den Pflanzen Cannabisöl gewinnen zu wollen, um es äußerlich gegen seine aus dem Unfall resultierenden Rückenschmerzen anzuwenden, die psychiatrisch-forensische Gutachterin hatte am ersten Prozesstag bestätigt, dass dies bei seinem Krankheitsbild zur Vermeidung der Abhängigkeit von opiathaltigen Medikamenten ein durchaus sinnvolles Mittel sein könne. Der 30-jährige Angeklagte erklärte, man habe eine größere Menge angebaut, da man nicht einschätzen konnte, wie viele von den Pflanzen auch tatsächlich gedeihen und man deshalb auf Nummer sicher gehen wollte. Beide bestritten die Absicht, mit dem Marihuana Handel treiben zu wollen.

Zu Beginn des zweiten Verhandlungstages nahm das Gericht eine Reihe von Asservaten, also beschlagnahmte Gegenstände aus dem Besitz der Angeklagten, in Augenschein. Darunter waren auch ein Schlagring und ein Klappmesser, die im Auto, das der 29-Jährige zum Zeitpunkt seiner Festnahme fuhr und das seinem Bruder gehörte, gefunden wurde. Außerdem wurden Utensilien zum Indooranbau von Marihuana und Verpackungstüten gefunden.

Staatsanwalt Wolfgang Jung erklärte in seinem Plädoyer, dass die angebaute Menge keinen vernünftigen Zweifel an der Absicht, damit Handel zu treiben, zulasse. Aus zweierlei Gründen sei die Behauptung des einen Angeklagten, das Hanf sei zum Zweck der Bekämpfung der eigenen Schmerzen angebaut worden, nicht glaubhaft. Zum einen seien laut Gutachten die Reha-Ziele nach dem Unfall auch im Sinne der Schmerzreduzierung erreicht worden, zum anderen seien keinerlei Utensilien oder Anleitungen zur Herstellung von Cannabisöl bei dem Angeklagten gefunden worden. Da bei diesem Angeklagten die größere Tatbeteiligung festzustellen und er einschlägig vorbestraft sei, beantragte Jung für ihn eine Gefängnisstrafe von drei Jahren und sechs Monaten, für den anderen, der lediglich einmal wegen des Besitzes einer geringen Menge Rauschgifts verurteilt worden war, eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten.

Rechtsanwalt Thomas Wild, der Letzteren vertrat, appellierte an das Gericht, seinen Mandanten zu einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren zu verurteilen und diese auf jeden Fall zur Bewährung auszusetzen. Es gebe keinen echten Beweis dafür, dass mit dem Marihuana tatsächlich Handel betrieben werden sollte, es seien keine entsprechenden Unterlagen oder in solchen Fällen übliche Telefonkontakte gefunden worden, und auch die eher geringe Menge an Verpackungsmaterial führe nicht zwingend zu diesem Schluss. Außerdem sei er strafrechtlich nur das eine Mal in Erscheinung getreten, er gehe einer festen Arbeit nach, sei sozial integriert, und seine Lebensgefährtin erwarte ein Kind.

Rechtsanwalt Dr. Martin Heinzelmann, der Verteidiger des zweiten Angeklagten, erklärte ebenfalls, dass es keinerlei typische Anzeichen dafür gebe, dass ein Handel mit dem Cannabis geplant gewesen sei. Niemandem, am allerwenigsten dem Steuerzahler, sei damit gedient, seinen Mandanten, der ebenfalls im Berufsleben stehe, ins Gefängnis zu schicken.

Das Gericht verurteilte den 29-Jährigen zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten, aus der mit einer noch offenen Bewährungsstrafe eine Gesamtstrafe von drei Jahren und sieben Monaten gebildet wurde. Der 30-Jährige wurde zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Jörg Staiber

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