NZ fragte in Seniorenheimen nach: Zum Teil hat sich die Lage entspannt - Forderung: Amtshilfe soll verlängert werden
Geimpfte stecken Infektion viel besser weg: NZ fragte in Seniorenheimen nach
In der Seniorenwohnanlage Grimm in Tiefenstein war man froh über die Unterstützung vonseiten der Bundeswehr. Allerdings: Ein Antrag auf Verlängerung wurde abgelehnt. Nun hat sich Landrat Schneider eingeschaltet.
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Kreis Birkenfeld. Die Situation in den Seniorenheimen im Kreis Birkenfeld ist nach wie vor angespannt. Im Seniorenheim in Kirschweiler, das unter der Regie der Elisabeth-Stiftung Birkenfeld (ESB) steht, sind derzeit 21 der 62 Bewohner PCR-positiv, wobei davon ein Bewohner ungeimpft ist und drei Bewohner bisher erst die Erstimpfung erhalten haben. „Die Betroffenen zeigen alle einen milden Verlauf oder haben gar keine Beschwerden“, berichtet Michaela Lindemann, Direktorin des ESB-Krankenhauses.

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Das war vor der Impfung noch ganz anders. „Ungeimpfte Bewohner hatten im Winter massive Beschwerden mit teilweise gravierenden Verläufen“, betont Michaela Lindemann. Die Direktorin fügt hinzu: „Wir sind erleichtert, dass die Impfung offenbar erhebliche Wirkung zeigt und bisher keiner der betroffenen Bewohner hospitalisiert ist.“ Das Seniorenheim in Kirschweiler steht derzeit unter Quarantäne, es gibt ein Besuchsverbot aufgrund des Ausbruchs. Zuvor schon wurden nur getestete Besucher zugelassen. Mitarbeiter, aktuell gibt es acht positive Fälle, und Bewohner werden regelmäßig getestet.

Im Lorettahof in Herrstein ist die Situation eine ganz andere. Dort gab es nach den Impfungen keine positiven Fälle mehr. „Wir alle sind schon sehr erleichtert, seitdem mehr als 90 Prozent der Bewohner und circa 80 Prozent der Mitarbeiter geimpft sind“, erklärt Elke Jakoby, Leiterin der Einrichtung. Erste positive Auswirkungen der Impfung seien schon bemerkbar. So könnten die Bewohner wieder unbeschwerter Zeit miteinander verbringen. Die Angst vor einem schweren Ausbruchsgeschehen habe deutlich abgenommen. Nach wie vor tragen Mitarbeiter eine FFP2-Maske und halten die Hygieneregeln ein. Besuche und auch Neueinzüge sind möglich.

Christian Grimm von der Tiefensteiner Seniorenwohnanlage Grimm berichtet: „Was uns in den vergangenen 14 Tagen sehr aus der Bahn geworfen hat: eine ehemals an Covid-19-erkrankte Bewohnerin, die bereits zweimal geimpft worden ist, war im Schnelltest – und dieser dreimal mit verschiedenen Tests – negativ, aber im PCR-Test positiv. Dies hat uns sehr verunsichert. Das heißt ja, dass wir trotz PoC-Testung gar keine Möglichkeit haben, das Virus zu erkennen. Dagegen hat diese Bewohnerin ihren Zimmermitbewohner nicht infiziert, was wiederum für die Impfung und deren Wirkung spricht. Diese Tests wurden auch bei geimpften Mitarbeitern gemacht: auch hier PoC-Schnelltest negativ, aber im PCR-Test positiv, teils symptomfrei, teils leichte bis fast gar keine Symptome.“ Und dann gebe es dann noch die allgemeine, fast vergessene Erkältung: „Dann hat man einen Mitarbeiter mit Symptomen und im Schnelltest negativ. Dann werden alle Bereiche wieder isoliert, Schutzmaßnahmen hochgefahren, Angehörige informiert und nach zwei Tagen nach negativem PCR-Test des Gesundheitsamtes wieder Entwarnung gegeben. Das macht die Situation bei allen einfach immer noch sehr angespannt.“

Dazu habe man weiterhin die Personalproblematik: „Wir waren froh, dass wir für mehrere Wochen Unterstützung durch die Bundeswehr hatten, die bei uns und in anderen Einrichtungen deutlich zu einer Entlastung beigetragen hat. Jetzt lehnt das Land nach zweimaliger Verlängerung die Amtshilfe ab, und die Einrichtungen sollen die Tests wieder selbst durchführen. Das heißt: Wir können nicht mehr jeden Tag testen, weil wir einfach nicht das Personal und die Kapazität dafür haben.“

Der positive Effekt bei der Amtshilfe der Bundeswehr sei aber noch ein ganz anderer und schöner: „Die alten Menschen freuen sich über die Begegnung mit den Bundeswehrangehörigen, die immer freundlich und gut gelaunt aufgetreten sind. Das hat ein bisschen Freude in den Alltag gebracht.“

Auch hätten sich die Soldaten in der nicht genutzten Testzeit sehr bemüht und sogar Betreuung übernommen. „Wir fordern das Land auf, die Anfrage an die Amtshilfe zu verlängern. Wenn wir noch wenigstens bis Ende Mai oder Mitte Juni eine Unterstützung bekämen, wäre das gut, um die Situation zu entlasten. Hier hat sich Landrat Matthias Schneider eingeschaltet. Da sich vonseiten des Ministeriums nichts tut, hat er seitens der Kreisebene Kontakt mit der Bundeswehr aufgenommen und um Amtshilfe gebeten.“ Der Solidarkreis der Pflegeeinrichtungen im Kreis Birkenfeld trifft sich regelmäßig und tauscht sich aus.

Das „Haus Schönewald“ in Birkenfeld war im Herbst 2020 eines der am stärksten von Corona betroffenen Seniorenheime im Nationalparklandkreis. 43 Bewohner steckten sich mit dem Virus an, neun davon starben im Zusammenhang mit ihrer Infektion. „Seit November sind wir nun zum Glück clean, und es kam kein neuer Fall mehr dazu. Darüber sind wir natürlich sehr erleichtert und hoffen, dass das auch so bleibt“, sagt Heimleiterin Angelika Guder. Von den aktuell 74 Bewohnern sind alle, die das wollten, bereits zweimal geimpft. Das gilt auch für das Personal. Die Impfquote bei den Bewohnern liegt laut Guder um die 85 Prozent, bei den Beschäftigten sind es etwa 60 Prozent. „Die Lage hat sich inzwischen deutlich entspannt. Wir haben wieder mehr Normalität im Haus, und auch gesellschaftliches Leben findet wieder statt“, sagt die Heimleiterin. Im Speisesaal wird beispielsweise wieder gemeinsam gegessen, und die Bewohner müssen auch keine Masken tragen, wenn sie sich im Haus bewegen. Sonderregelungen gibt es aber für Neuaufnahmen. Sie müssen im Haus FFP2-Masken tragen und ihr Essen im Zimmer einnehmen. Nach sieben Tagen und einem negativen PCR-Test fallen diese Einschränkungen aber weg, so Guder. Alle Besucher werden vorher schnellgetestet. Bei schönem Wetter können sich zwei Angehörige mit dem Senior, den sie besuchen, im Außenbereich aufhalten, um beispielsweise auch einen kleinen Spaziergang zu unternehmen. Im Haus selbst ist ein Besucher pro Person gestattet.

Auch im AWO-Seniorenheim Baumholder, das im Dezember mit einem Corona-Ausbruch zu kämpfen hatte, ist die Lage derzeit entspannt. „Seit der großflächigen Impfung der Bewohner und auch Mitarbeiter gab es lediglich nur noch vereinzelte Covid-19-Erkrankungen, die keine größeren Ausbruchsgeschehen nach sich zogen“, berichtet Jürgen Nieser, Sprecher des AWO-Landesverbands Saarland. „Betroffen waren lediglich zwei Bewohner, die gar nicht bzw. erst einmalig geimpft wurden, sowie eine Mitarbeiterin, die noch keine Impfung erhalten hatte.“ Alle 95 Bewohner dürfen täglich maximal zwei Besucher desselben Hausstandes empfangen. Besuche sind nur im Bewohnerzimmer, in separaten Besucherräumen oder anderen von der Einrichtung gesondert ausgewiesenen, geeigneten Besucherbereichen sowie in Gartenanlagen und draußen zulässig, außerdem in Doppelzimmern.

Wie Nieser weiter erklärt, werden alle Beschäftigten einschließlich ehrenamtlich Beschäftigter mittels PoC-Antigen-Test mindestens einmal wöchentlich auf das Coronavirus untersucht, ebenso die Bewohner. Besucher sind immer beim Betreten der Einrichtung mittels PoC-Antigen-Test zu testen. Ansonsten gelten die gängigen Corona-Regeln.

Von Vera Müller, Axel Munsteiner, Peter Bleyer und Andreas Nitsch

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