Von unseren Redakteuren Andreas Nitsch und Vera Müller
Doch trotz aller Widrigkeiten sind sich Nico Strauß (Kirchenbollenbach), Patrick Zeis (Weierbach) und Jens Altvater (Bärenbach) einig: „Es war megageil. Am liebsten würden wir zum nächsten Spiel wieder nach Frankreich fahren.“
Um auf keinen Fall in Zeitnot zu geraten, machte sich das Trio bereits am Samstagabend um 20 Uhr auf den Weg ins 415 Kilometer entfernte Lille. Die Fußballfreunde wollten noch einen Abstecher nach Luxemburg machen, um dort günstig einzukaufen. Kurz hinter Trier wurde ihr Fahrzeug von der Polizei auf einen Parkplatz geleitet, wo mit Maschinengewehren bewaffnete Einsatzkräfte warteten. „Wir selbst wurden kontrolliert, unser Auto auch“, berichtet Nico Strauß. Nach Waffen, Drogen und Pyrotechnik wurde gesucht. „Das war schon ein mulmiges Gefühl.“ Eine knappe Viertelstunde dauerte die Prozedur, dann durften die jungen Leute weiterfahren. Gemütlich – von Rastplatz zu Rastplatz – ging es über Belgien dem Ziel entgegen, wo die drei Fußballanhänger gegen 5 Uhr eintrafen.
Ihr Hotel – soweit man davon sprechen konnte – durften sie erst um 10 Uhr beziehen. In einem Supermarkt wurde etwas zu essen besorgt und gefrühstückt. Die Ernüchterung erfolgte wenig später. Das Zimmer der drei Fans maß nur zwölf Quadratmeter und verfügte über ein Etagenbett. „Unten war ein etwas breiteres Bett, in dem zwei Leute schlafen konnten – darüber noch ein Hochbett“, erzählt Strauß. „Wir konnten uns kaum bewegen.“ Einziger weiterer Komfort waren ein Waschbecken und ein Kleiderschrank im Zimmer. Gemeinschaftsdusche und -klo lagen auf dem Gang. 116 Euro hat das Domizil gekostet – ohne Frühstück.
Schon bald ging es in die Stadt. Auf dem Weg dorthin wurden sie immer wieder von EM-Helfern in orangefarbenen Westen angesprochen und gefragt, ob sie Hilfe benötigen. „Der Service war erstklassig. Im Zentrum war es unglaublich“, sagt Strauß. Auf einem riesigen Festplatz feierten Tausende Menschen eine große Party. Kneipen und Cafés waren proppenvoll. Es wurde gesungen und gejubelt. Von Krawallen bekamen die Idar-Obersteiner nichts mit, „noch nicht einmal die kleinste Rangelei“, betont Nico Strauß.
Vor dem Gang ins Stadion musste das Trio die bestellten Eintrittskarten (Kosten inklusive dubioser Gebühren: 416 Euro) noch in einem Hotel abholen. Ein Sicherheitsdienst schirmte das Büro des Vermittlers ab, schließlich wurde den jungen Männern ein Umschlag mit den Tickets überreicht. Um 18.30 Uhr waren sie im Stadion, nachdem sie dreimal kontrolliert worden waren. Einmal wurden die Jungs richtig gefilzt, ansonsten mussten sie nur den Personalausweis zeigen.
Die Stimmung war fantastisch, es war die Hölle los. 90 Prozent der Zuschauer seien Deutsche gewesen, vermuten Strauß und Co. Das Spiel selbst war einzigartig gewesen, ihre Sitzplätze okay.
Nach dem Schlusspfiff jedoch gab es große Staus am Ausgang. Dort lagen Verkaufsstellen für weitere Tickets, die dicht umringt waren. Zudem war die Metro hoffnungslos überfüllt. Ein Taxi brachte die euphorisierten Männer für 25 Euro zurück ins Stadtzentrum, wo noch mit weiteren deutschen Fans gefeiert werden sollte. Doch alle Kneipen und Restaurants waren schon geschlossen. Lediglich einige Dönerladen hatten noch geöffnet. Enttäuscht fuhren die Idar-Ober-steiner in ihr Hotel und tranken dort einen Absacker. Zum Glück hatten sie im Auto noch eine eiserne Bierreserve. Am nächsten Tag ging es zurück in die Heimat, und um 16 Uhr war das Abenteuer zu Ende. Am liebsten würde das Trio morgen erneut aufbrechen.
Weniger abenteuerlich war das, was Pascal Herrmann aus Aben-theuer und der Ellweilerer Stefan Schöpfer in Lille erlebten: Die beiden Fans des 1. FC Kaiserslautern entschieden ganz spontan, sich das erste Spiel von Jogis Jungs in Lille anzuschauen. Eine Premiere: Noch nie zuvor waren sie der Nationalmannschaft zu einem wichtigen Turnier hinterhergereist. Erst am Donnerstagabend stand fest, dass die jungen Männer Karten bekommen, die dann am Stadion abgeholt werden konnten.
Am frühen Morgen ging es mit dem Pkw ab nach Frankreich, stilecht mit Trikots natürlich. Durch die Innenstadt wurde gebummelt und natürlich die Fanmeile besucht. „Das war dort eine Weltklassestimmung. Ganz friedlich und freundschaftlich war der Umgang der Fans aus ganz unterschiedlichen Ländern. Ich kann nicht verstehen, wieso es da doch noch zu Ausschreitungen kam.“ Nette Kontakte seien entstanden. Im Stadion selbst freuten sich Herrmann und Schöpfer riesig darüber, gute Plätze erwischt zu haben: „Wir waren ganz vorn mit dabei. Wir haben gehört, wenn ein Spieler den Ball angenommen oder geschossen hat.“Nachts ging es dann wieder in die Heimat zurück: „Es war ein langer Tag. Aber es hat sich absolut gelohnt. Jetzt gucken wir, ob wir noch Karten für das Spiel gegen Polen erhalten können.“
Die NZ-Redaktion freut sich über Nachrichten und Fotos von Fans aus dem Kreis Birkenfeld, die sich ein EM-Spiel vor Ort anschauen. Informationen per E-Mail an idar-oberstein@rhein-zeitung.net oder über die Facebook-Seite der Nahe-Zeitung