Thorsten Kretsch und Bernd Heinrich von der Finanzabteilung der Verbandsgemeindeverwaltung hatten den Rat darüber informiert, was es mit dieser Abgabe auf sich hat, wer sie zahlen muss und wie viel Geld aus ihr in die Stadtkasse fließen soll. Dabei wurde jedoch auch deutlich: Wie das für Steuerangelegenheiten prinzipiell gilt, ist die Materie komplex, es werden in der Umsetzung viele Ausnahmetatbestände zu beachten sein und insofern ist auch nur eine Schätzung möglich, wie hoch die auf diesem Weg erzielten Einnahmen sein werden. Kretsch rechnet diesbezüglich mit 18.000 Euro pro Jahr.
In Rheinland-Pfalz erheben derzeit nach Auskunft des Mitarbeiters der VG-Verwaltung rund drei Dutzend Kommunen eine Zweitwohnungssteuer. Meist handelt es sich dabei um Großstädte mit Universitäten oder Hochschulen wie Mainz, Trier oder Koblenz. Im Kreis Birkenfeld hat im Oktober 2016 Hoppstädten-Weiersbach, wo sich der Umwelt-Campus mit seinen circa 2500 Studenten befindet, die Pionierrolle übernommen. Die Einnahmen dort bezifferte Kretsch auf etwa 30.000 Euro pro Jahr.
Zum Stand Ende November gibt es in Birkenfeld 382 angemeldete Zweitwohnungen. „Wir gehen aber davon aus, dass am Schluss nur noch etwa 60 Fälle übrig bleiben, die ganzjährig mit der neuen Steuer veranlagt werden“, sagte Kretsch. Vom Rest wird ein großer Teil allein deshalb wegfallen, weil bei diesen Bürgern die Bedingungen für eine Befreiung von der Abgabezahlung erfüllt sind. Hinzu kämen die „Karteileichen“, wie es Kretsch formulierte.
Gemeint sind damit Menschen, die oft schon vor langer Zeit aus Birkenfeld weggezogen und manchmal schon gar nicht mehr wissen, dass sie in der Stadt noch eine Zweitwohnung angemeldet haben. „Wenn sie dann aber von uns den Bescheid bekommen, dass sie künftig dafür Steuern bezahlen sollen, werden sie diese Wohnung abmelden“, verweist Kretsch auf die Erfahrung in anderen Kommunen.
Es gibt aber noch einen dritten Effekt, der in vielen Großstädten eingetreten ist, aber seit Einführung im Oktober 2016 auch in Hoppstädten-Weiersbach zu beobachten war. Denn die Aufforderung, Zweitwohnungssteuer zu zahlen, bewegt vor allem viele Studenten dazu, sich umzumelden und ihren Erstwohnsitz an den Studienort zu verlegen.
Dann wiederum greifen die Regeln des kommunalen Finanzausgleichs. Wenn sich die Einwohnerzahl erhöht, erhalten die Städte nämlich auch mehr Geld, die sogenannten Schlüsselzuweisungen. Diese sind aber zwingend an den Erstwohnsitz gebunden. Sie fließen jedoch nicht, wenn eine Person lediglich mit einer Zweitwohnung in der betreffenden Kommune gemeldet ist.
Man müsse davon ausgehen, dass es auch in Birkenfeld einige Fälle geben wird, bei denen Bürger – wenn die neue Steuer in Kraft tritt – ihre Zweitwohnung abmelden und stattdessen dort nun ihren Erstwohnsitz anmelden, erklärten Kretsch und Heinrich.
Letzterer wies zudem darauf hin, dass dann auch Verbandsgemeinde und Kreis einen beträchtlichen Vorteil hätten, der schätzungsweise bei jeweils 40.000 bis 50.000 Euro pro Jahr liegt. Den Hintergrund dafür erläuterte Heinrich auf Nachfrage von Klaus Lukas (SPD) noch einmal näher.
Die Einnahmen aus einer Zweitwohnungssteuer sind nicht umlagepflichtig. Das heißt: Die kalkulierten 18.000 Euro behält die Stadt in voller Höhe in der eigenen Kasse. Anders sieht es aus, wenn die neue Steuer dazu führt, dass sich künftig Bürger ummelden und Birkenfeld als künftigen Erstwohnsitz angeben würden.
Die dann im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs zu erwartenden Mehreinnahmen sind nämlich umlagepflichtig. Das wiederum bedeutet: Nur 7,7 Prozent dieses Geldes bleiben bei der Stadt, der große Rest muss über die Umlage an die Verbandsgemeinde (48,3 Prozent) sowie Kreis (44 Prozent) abgeführt werden.
Für Lukas stellte sich zwar die Frage, ob der mit der Einführung der neuen Steuer zu erwartende Betrag im richtigen Verhältnis zum Verwaltungsaufwand steht, die SPD-Fraktion trug den Grundsatzbeschluss mit. Nur Holger Noß enthielt sich ebenso wie Birgit Thesen (BFB).
CDU-Sprecherin Christine Tholey-Martens begründete das Ja ihrer Fraktion unter anderem damit, „dass es aus unserer Sicht ein ganz wichtiger Aspekt ist, dass wir mit der Einführung der neuen Steuer der Kommunalaufsicht klar deutlich machen, dass wir uns Gedanken machen, wie wir unseren Haushalt verbessern können“. Da das nach Auskunft von Kretsch auch in Hoppstädten-Weiersbach der Fall war, richtet sich Stadtbürgermeister Miroslaw Kowalski (CDU) zwar darauf ein, dass „einige Beschwerden kommen werden“, dennoch plädierte auch er für die Einführung der Zweitwohnungssteuer, „wenngleich wir nicht die Brechstange auspacken und uns Zeit nehmen wollen, um alles gründlich vorzubereiten“.
Mit dem Grundsatzbeschluss gab der Stadtrat deshalb der Verbandsgemeindeverwaltung zunächst den Auftrag, die für die Einführung der Zweitwohnungssteuer notwendigen Prozesse und Schritte einzuleiten. Zentral ist dabei die Erstellung eines Satzungsentwurfes, der genau die Höhe der Zahlungen, deren Fälligkeiten sowie die zu beachtenden Ausnahmeregelungen berücksichtigt. Erst wenn sie fertig ist, wird die Stadt entscheiden, ab wann sie diese neue Abgabe einfordert.