Zum nach wie vor besonderen Ruf, den Idar-Oberstein als Stadt der Edelsteine genießt, trägt eine Einrichtung entscheidend bei: Die 1932 gegründete Deutsche Gemmologische Gesellschaft ist in der Branche mit ihrer Erfahrung und Expertise europa-, ja sogar weltweit eine Marke. Das 50-jährige Bestehen ihres 1975 gegründeten Ausbildungszentrums feiert sie von Freitag, 23., bis Sonntag, 25. Mai, mit einer Jubiläumstagung. Zu den Referenten gehört auch die von der Fernsehsendung Bares für Rares bekannte Kunsthistorikerin Dr. Heide Rezepa-Zabel, die wie viele andere in Idar-Oberstein ihre gemmologische Ausbildung absolviert hat.
Mit Stolz verweisen Präsident Thomas Lind und Geschäftsführer Tom Stephan im Gespräch mit unserer Zeitung darauf, dass die Einrichtung in Europa führend in Edelstein-, Diamant- und Perlenkunde ist. Die Nachfrage für den mehr als 10.000 Euro teuren viermonatigen Vollzeitbildungsgang ist ungebrochen. Für viele Vertreter von namhaften Firmen ist die Prof.-Schlossmacher-Straße 1 in Idar-Oberstein die Topadresse in Sachen Aus- und Weiterbildung.
Wertschöpfung durch Seminare nicht zu unterschätzen
Zu den Absolventen gehören ganz unterschiedliche Gruppen: Fachpersonal aus dem Groß- und Einzelhandel und von Auktionshäusern, aber auch an der Materie interessierte Politiker und Promis sowie Studenten. Auch die Töchter und Söhne sehr namhafter Juweliere wurden und werden in Idar-Oberstein auf ihre zukünftigen Aufgaben vorbereitet. So haben beispielsweise alle Mitarbeiter, die bei der Firma Bucherer, dem weltweit größten Unternehmen der Branche, für den Einkauf zuständig sind, in Idar-Oberstein ihre gemmologische Ausbildung absolviert – ein größeres Kompliment ist kaum denkbar. Damit betreiben die Gemmologen ganz nebenbei auch beste Imagepflege für den Standort.
Auch die Wertschöpfung durch die Seminare ist nicht zu unterschätzen: Hotels, Pensionen, Privatunterkünfte und die Gastronomie profitieren davon. Die Statistik weist für 2024 rund 900 Seminarwochen und 5400 Übernachtungen aus. „Das ist schon eine Hausnummer“, betont Thomas Lind.

Klein, aber fein und zudem international ist das Ausbildungsteam mit den drei akademischen Vollzeitlehrkräften Tom Stephan (Deutschland), Qi Wang (China) und Christine Matter (Schweiz). „Wir haben keine Nachwuchssorgen und sind mit dieser jungen Truppe sehr gut aufgestellt“, bilanziert der Präsident.
Die Gründung des Zentrums unter der Führung von Prof. Hermann Bank und Geschäftsführer Godehard Lenzen erfolgte einst, weil die Nachfrage nach fundiertem Wissen immer größer wurde. In Idar-Oberstein am einzigen Vollzeit-Ausbildungszentrum in Europa interessiert sich die Branchenklientel aus dem Groß- und Einzelhandel mehr denn je für Hintergrundwissen. Wollten etliche in den 1960er- und 1970er-Jahren oft noch das nötige Know-how für eigene gemmologische Untersuchungen erwerben, so stehen inzwischen andere Fragen im Mittelpunkt: Dazu zählt nicht mehr nur die, ob ein Stein echt oder eine Synthese ist, sondern auch die, ob, und wenn ja mit welcher Methode er behandelt wurde.
Voraussetzungen für praxisnahe Ausbildung sind ideal
Als das Ausbildungszentrum gegründet wurde, besuchte Thomas Lind die Oberstufe. Ihm war damals schon klar, „dass ich was mit Edelsteinen machen will“. So studierte er schließlich Geowissenschaften. Im Jahr 2000 löste er Hermann Bank als Präsident ab. Zusammen mit seinen Weggefährten Ulrich Henn, der 1992 Geschäftsführer wurde, und Claudio Milisenda, seit 1996 Geschäftsführer der Deutschen Stiftung Edelsteinforschung, bildete er über viele Jahre ein starkes Führungstrio.
Ein großer Trumpf ist der Standort Idar-Oberstein selbst. Die Voraussetzungen für eine praxisnahe Ausbildung sind ideal – auch weil sie sozusagen inmitten der Welt der Edelsteine erfolgt. Das in der Region nach wie vor vorhandene Wissen und Können ist ein großes Pfund. Den Kontakt zur Branche bezeichnet Tom Stephan, der den in den Ruhestand gegangenen Ulrich Henn Anfang 2024 als Geschäftsführer abgelöst hat, als sehr gut. Davon profitieren nach seiner Wahrnehmung beide Seiten enorm. Über die Gemmologen wurde schon manche Geschäftsbeziehung angebahnt.

„Edelsteine muss man in der Hand halten und nicht nur durch Bilder kennenlernen“, lautet das Credo bei der Ausbildung. Deshalb setzen die Verantwortlichen auf Präsenzseminare, unterstützt durch ein digitales Lehrbuch zur Vor- und Nachbereitung. Die Arbeitsplätze der Kursteilnehmer sind voll ausgestattet und auf dem neuesten Stand. Die umfangreiche Lehrsammlung in Idar-Oberstein enthält alle relevanten Edelsteine von verschiedenen Fundorten sowie Synthesen und Imitationen in einer großen Bandbreite. In den Firmen vor Ort können Teilnehmer die fertig bearbeiteten Preziosen besichtigen. „Dieses komplette Angebot gibt es nirgendwo sonst auf der Welt“, unterstreicht Tom Stephan.
Das macht gewisse Nachteile des Standorts wett. Im Attraktivitätsvergleich etwa mit Großstädten wie Paris und London kann Idar-Oberstein natürlich nicht mithalten. Am Jubiläumswochenende ist das Angebot allerdings tatsächlich großstädtisch. Denn dann finden in Idar-Oberstein die Mineralienmesse und die Jazztage statt.