Jahresbericht liegt vor: Angebote werden insgesamt stark nachgefragt
Frauenhaus Idar-Oberstein: Bedarf an Plätzen bleibt groß
Zwischenbilanz: Deutlich mehr häusliche Gewalt in der Pandemie
Zahlen, die für sich sprechen: 2022 fanden 24 Frauen und 21 Kinder Schutz und Sicherheit im Frauenhaus. 2023 lebten bis zum jetzigen Zeitpunkt bereits 13 Frauen und 20 Kinder in der Einrichtung. Foto: Sebastian Gollnow/dpa
Sebastian Gollnow. picture alliance/dpa

Idar-Oberstein. Ein Blick in den jetzt vorliegenden Jahresbericht 2022 zeigt, dass Gewalt gegen Frauen auch im Kreis Birkenfeld in unverminderter Form in allen Gesellschaftsschichten vorkommt, wie auch das Team des Idar-Obersteiner Frauenhauses erläutert. „Der Bedarf an Frauenhausplätzen und externer Fachberatung vor Ort war und ist groß. Viele Frauen und Kinder konnten von den Angeboten der Einrichtung profitieren und Hilfe erfahren“, berichtet Mitarbeiterin Andrea Konrad-Allmann.

Die Zahlen: 2022 fanden 24 Frauen und 21 Kinder Schutz und Sicherheit im Frauenhaus. 2023 lebten bis zum jetzigen Zeitpunkt bereits 13 Frauen und 20 Kinder in der Einrichtung. Auch die Möglichkeit der ambulanten Fachberatung des Frauenhauses erfahre eine sehr gute und im Vergleich zu den Vorjahren steigende Nachfrage. Empowerment der Betroffenen und das Aufzeigen von Wegen aus der Gewalt sei den Mitarbeiterinnen ein Herzensanliegen.

Weitere wichtige Aufgabenfelder der Frauenhausarbeit sind die nachgehende Beratung (ein Angebot für ehemalige Frauenhausbewohnerinnen und ihre Kinder) sowie Angebote im Bereich Prävention, Öffentlichkeitsarbeit und Vernetzung. Die Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen, die mit ihren Müttern ins Frauenhaus kommen, nehme ebenfalls einen wichtigen Stellenwert ein. Im weitläufigen Wohnbereich gebe es eine großzügige Spielecke. Ein separater pädagogischer Bereich ergänze das Angebot mit ansprechenden Fördermöglichkeiten. Es könne ausgiebig gespielt, gemalt, geknetet und gebastelt werden. Hausaufgabenhilfe für Schulkinder und gezielte Angebote für Jugendliche rundeten das Ganze ab.

Kampagnen unterstützt

Das Frauenhausteam unterstützt die aktuelle Sozial-Media-Kampagne der rheinland-pfälzischen Frauenhäuser „Ich sehe was, was du nicht siehst! Gewalt benennen. Zeichen erkennen“. „Flyer und Plakate weisen auf Formen der Gewalt hin und regen zur Zivilcourage an. Außerdem geben die Flyer einen Hinweis auf das internationale nonverbale Hilfezeichen bei Gewalt in engen sozialen Beziehungen. Die Kampagne nimmt auch jüngere Frauen in den Blick und will dafür sensibilisieren, dass beispielsweise unter Eifersucht, Kontrolle und übermäßiger Fürsorge keine Liebe zu verstehen ist“, sagt das Frauenhaus-Team.

Insgesamt sei festzustellen, dass sich gesellschaftlich etwas bewege. Durch bundesweite Kampagnen – zuletzt „ #Sicherheim“ und „#dienächste“ – sei in der jüngsten Vergangenheit der Blick verstärkt auf das Thema häusliche Gewalt gelegt worden: „Die Auswirkung spüren wir hier durch die zunehmende Akzeptanz unserer Angebote und die Wertschätzung unserer Arbeit in Fachkreisen. Aus dem Dunkelfeld kommt mehr ins Hellfeld!“

„Trotz jährlicher Förderung durch Land, Kreis und Stadt bleibt eine Finanzierungslücke, die durch Spenden und andere Eigenmittel gedeckt werden muss.“

Andrea Konrad-Allmann

Ein weiterer wichtiger politischer Schritt sei laut den Fachfrauen darin zu sehen, dass die Bundesregierung sich offiziell dazu verpflichtet habe, Gewalt gegen Frauen zu bekämpfen, zu verfolgen und zu verhüten und somit die Istanbul-Konvention umzusetzen. In Rheinland-Pfalz soll zwecks Umsetzung der Forderungen der Istanbul-Konvention auf Länderebene ein Aktionsplan entwickelt werden. „Bei den diesjährigen Erhebungen des Ist-Zustands durch das ISM (Institut für sozialpädagogische Forschung in Mainz) konnten wir uns auch beteiligen“, so Andrea Konrad-Allmann.

Sponsoren gesucht

Leider wiesen die Durchführung und eine erste Auswertung der Erhebung einige Mängel auf, die einer Nachbesserung bedürften: „Konkret würde die Umsetzung der Istanbul-Konvention für uns bedeuten, dass der Kreis Birkenfeld beispielsweise anstatt vier dann acht Familienzimmer vorhalten müsste, um den Vorgaben gerecht zu werden. Auch eine angemessene finanzielle Förderung der ambulanten Frauenhausfachberatung und Prävention würde genauso dazugehören wie eine ausreichende Finanzierung im Personal- und Sachkostenbereich insgesamt. Als positiv zu bewerten, sind deshalb die Bestrebungen der Koalition auf Bundesebene in Richtung Bundesfinanzierungsgesetz für die Frauenunterstützungseinrichtungen. Auch hier haben wir uns vor wenigen Wochen an der Kienbaum-Studie beteiligt, die in einem ersten Schritt durch die erhobenen Daten Bedarfe und Lücken im Hilfesystem ausweisen soll. Bis zum Bundesfinanzierungsgesetz ist es jedoch sicher noch ein langer Weg“, so Andrea Konrad-Allmann, „und so wird die Suche nach Sponsoren und unsere jährliche Spendenakquise weiterhin unverzichtbar zur Sicherstellung unserer Arbeit und zum weiteren Bestand der Einrichtung sein.“

Mithilfe dieser Spenden, die beispielsweise in die Notversorgung von Gewalt betroffener Frauen und ihren Kindern und in die pädagogische Arbeit fließen, erfahren die Betroffenen eine tolle Unterstützung auf ihrem Weg aus der Gewalt.

Kontakt: Frauenhaus Idar-Oberstein, Tel. 06781/1522, E-Mail frauenhaus-io@web.de

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