„Ein Meilenstein. Gefeiert wurde pandemiebedingt eher im Stillen. 35 Jahre Frauenhaus bedeuten, dass im Laufe dieser Zeit 1308 Frauen und 1447 Kinder Zuflucht, Schutz und Unterstützung erhalten haben. Es bedeutet unzählige Telefonate und Beratungsgespräche, erfolgreiche Gremien- und Vernetzungsarbeit und ständige Weiterentwicklung der verschiedenen Aufgabenbereiche, denn Frauenhaus ist viel mehr als ein Dach über dem Kopf“, sagen die Mitarbeiterinnen mit berechtigtem Stolz.
Den Frauenhausbewohnerinnen bieten sie Krisenintervention, individuelle psychosoziale Beratung und Hilfe zur Selbsthilfe, Informationen und Hilfen zur wirtschaftlichen und finanziellen Absicherung, Unterstützung in Fragen des Umgangs- und Sorgerechtes, Begleitung zu Behörden, Anwalts- und Gerichtsterminen, Unterstützung bei Wohnungssuche und Umzug sowie stärkende Gruppenangebote. Das Zusammenleben wird durch eine Hausordnung geregelt, die in verschiedenen Sprachen vorliegt. „Die pädagogische Arbeit mit Kindern, die mit ihren Müttern ins Frauenhaus kommen, hat einen wichtigen Stellenwert: Ein Frauenhaus ist immer auch ein Kinderhaus“, sagen die Expertinnen.
Die Grundsätze sind klar definiert: „Wir sehen die individuell erlebte Gewalt von Frauen im Kontext gesellschaftlich bedingter Gewaltstrukturen. Wir arbeiten mit einem frauenparteilichen Ansatz: Alle Angebote sind an den Interessen und dem Bedarf der von Gewalt betroffenen Frauen ausgerichtet. Dabei ist uns eine wertschätzende, stärkende Haltung in Bezug auf den Weg, den die Frauen bisher gegangen sind, wichtig. Gleichzeitig ist eine respektvolle und nicht stigmatisierende Haltung, bezogen auf die individuellen Entscheidungen für die Zukunft, unabdingbar. Die Orientierung an den Ressourcen der Frauen und Kinder und deren Unterstützung durch das Angebot der Hilfe zur Selbsthilfe ist ebenso von großer Bedeutung.“
Corona und die daraus resultierenden Einschränkungen bestimmten die alltägliche Frauenhaus- und Beratungsarbeit in vielen Bereichen und stellten wiederholt vor große Herausforderungen: Die Notwendigkeit und Bedeutung der Frauenhäuser und Fachberatungsstellen zeige sich gesamtgesellschaftlich mehr als deutlich. „Wir waren mit einer starken Nachfrage an Frauenhausplätzen konfrontiert und hatten gleichzeitig Einschnitte in der Auslastung zu beklagen, da wir des Öfteren ein Belegzimmer als Quarantänezimmer unbelegt ließen. Wir haben weniger Gruppenangebote durchgeführt und die Beratungsanfragen im Bereich der ambulanten Fachberatung auf telefonische Beratung verlagert“, berichtet Mitarbeiterin Andrea Konrad-Allmann.
Im Bereich der Gremien und Vernetzungsarbeit ging das Team neue Wege und nutzte digitale Formate. Die angedachten und geplanten Maßnahmen der räumlichen Ausgestaltung des Innen- und Außenbereichs betreffend, konnten umgesetzt, die 2020 begonnene Organisationsberatung abgeschlossen werden.
„Die Prozesse, die durch die Organisationsberatung und auch im Rahmen der Inhouse-Schulung der Büroorganisation angestoßen wurden, waren sehr gewinnbringend für unsere Einrichtung. Die Ergebnisse sollen in einem fortlaufenden Prozess weiter einrichtungsintern umgesetzt werden. Die Fachberatung im Frauenhaus konnte durch die Einstellung einer neuen qualifizierten Kollegin einen Hinzugewinn verzeichnen. Die personelle Situation im Kinderbereich gestaltete sich durch die Langzeiterkrankung der zuständigen Mitarbeiterin schwierig, da trotz intensiver Suche keine Krankheitsvertretung gefunden werden konnte. Dennoch gelang es uns in reduzierter Form, pädagogische Einzelangebote aufrechtzuerhalten und ein zusätzliches Mutter-Kind-Angebot zu installieren.“
Im laufenden Jahr 2022 möchte das Team ein verstärktes Augenmerk auf die Neustrukturierung des Kinderbereichs legen. Die Neueinstellung einer Mitarbeiterin mit einer halben Stelle ist in diesem Bereich geplant. Ein großes Anliegen ist, den Präventionsbereich weiter auszubauen. Angedacht sind die Konzipierung eines Workshopangebots für Mädchen und die Ausarbeitung einer Präventionseinheit sowohl für den Grundschulbereich als auch für die weiterführenden Schulen. Des Weiteren möchte das Team den internen Digitalisierungsprozess weiterführen, was auch eine Umstrukturierung im Verwaltungsbereich nach sich ziehen wird.