Reiner Zufall und doch letztlich schicksalsträchtig: Nach dem Ampel-Aus und dem Wirbel um Volker Wissing trafen sich die Freie Demokraten im Kreis Birkenfeld am Freitagabend zum traditionellen Spießbratenessen im Idar-Obersteiner Parkhotel. Gern gesehener Ehrengast war bislang stets Volker Wissing, Bundesminister für Digitales und Verkehr und nun auch Justiz, der am Donnerstag aus der FDP ausgetreten ist. Wie nicht anders zu erwarten, nahm der 54-Jährige nicht an der Veranstaltung teil. Die Stimmung unter den FDP-Akteuren? Von Anspannung war wenig zu spüren, man konnte ein wenig Trotz und sogar Aufbruchstimmung wahrnehmen. Wissing war schlicht kein Thema.
Daniela Schmitt, Ministerin für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau und stellvertretende Vorsitzende der FDP Rheinland-Pfalz, kam wie geplant. FDP-Kreisvorsitzender Sebastian Weber begrüßte sie herzlich. Auch Carina Konrad, MdB (stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion und stellvertretende Vorsitzende der FDP Rheinland-Pfalz), Philipp Fernis, MdL (Vorsitzender der FDP-Fraktion im Landtag Rheinland-Pfalz und Vorsitzender des FDP-Bezirksverbandes Eifel-Hunsrück), Janosch Littig (Staatssekretär im Ministerium für Familie, Frauen, Integration und Kultur) und Hans Jürgen Noss MdL waren zu Gast. Aus der kommunalen „Familie“ begrüßte Weber Landrat Miroslaw Kowalski, Oberbürgermeister Frank Frühauf, Bürgermeister Bernd Alsfasser sowie Landrat a.D. Wolfgang Hey .
Weber: Schulterschluss für Region
FDP-Kreisvorsitzender Sebastian Weber, seit Januar im Amt, begrüßte die Gäste: „Ich bin froh, dass wir die Tradition des Spießbratenessens, die auf den uns unvergessenen Peter Caesar zurückgeht, so konsequent pflegen. Es zeigt immer wieder, dass sich verschiedene Farben zusammenfinden können und mit gegenseitigem Respekt begegnen. Und dabei steht auch fernab jedes parteipolitischen kleinklein immer im Vordergrund, was wir alle hier im Raum für unsere Region erreichen können – im Schulterschluss mit den handelnden Akteurinnen und Akteuren auf Landes- und Bundesebene.“
FDP-Kreisverbandsvorstandsmitglied Matthias Keidel hielt die Laudation auf die zu Ehrenden und begann mit dem FDP-Ehrenvorsitzenden Lothar Ackermann, seit 25 Jahren in der Partei: „Es gibt Menschen, die sind gern präsent, wenn es gut läuft, und es gibt Menschen, die auch und gerade dann ihre besondere Verantwortung erkennen, wenn die Lage schwierig ist. Der Mann, den wir auszeichnen wollen, gehört zur letztgenannten Spezies.“ Ackermann sei da gewesen, als die FDP aus dem Bundestag und Landtag „geflogen“ war, und habe trotz widrigster Bedingungen diesen Kreisverband zusammengehalten. Mehr noch: Er habe ihn als Vorsitzender und heute Ehrenvorsitzender geprägt wie kaum ein zweiter. Er habe als Kreisbeigeordneter kommunalpolitische Verantwortung getragen und im Idar-Obersteiner Stadtrat und Kreistag die Anliegen der Partei vertreten – auch als Kandidat in zahlreichen Wahlkämpfen.
„Sie war und ist für mich ein Vorbild für viele Frauen in der Politik, weil sie in einer Zeit in Verantwortung gegangen ist, wo die Herren das eigentlich noch gern unter sich ausgemacht hätten.“
Matthias Keidel über Julianne Wild
Auch Otmar Glöckner ist seit 25 Jahren Teil der FDP-Familie. Keidel über den Wickenrodter: „ Loyal, immer sachlich und verlässlich. Er hat nie sich selbst in den Vordergrund gestellt, sondern immer das ganze Team. Und so etwas ist echte Größe. Und deshalb sagen wir Danke für viele Jahre in den Kommunalparlamenten, als Beigeordneter, als Vorsitzender in unserem VG-Verband für 25 Jahre in der FDP.“

Und dann ging Keidel nach eigener Aussage in die „Superlative“ - in Person von Julianne Wild, die eine Ehrenurkunde für besondere Verdienste erhielt und im Dezember 85 Jahre alt wird: Die Idar-Obersteinerin trat 1988 in die FDP ein und hatte damals eine enge Verbindung zu Peter Caesar, von dem sie heute noch oft gern erzählt: „Als sie den Weg zu uns gefunden hatte, war sie schon in den Gremien des Stadtrats engagiert. Als gewähltes Mitglied hat sie dann ab 1989 die liberale Politik mit Amt und Mandat geprägt wie keine Zweite. Ich habe mir die Mühe gemacht und mal die Jahre addiert, die sie Verantwortung in den städtischen Gremien, also Aufsichtsräten, Ausschüssen, Beiräten verbracht hat. 307!“ Und dann sei da noch mehr als ein Vierteljahrhundert im Kreistag. Wild hat bereits die Ehrenmedaille des Landkreises in Silber, den Ehrenring der Stadt Idar-Oberstein sowie die Freiherr vom Stein-Plakette erhalten.
„Bei all den Turbulenzen der vergangenen Woche ist es nun an der Zeit, sich auszutauschen, sich zu sortieren, Gedanken und Emotionen zu ordnen und optimistisch auf das zu blicken, was vor uns liegt.“
FDP-Kreischef Sebastian Weber
Ministerin Daniela Schmitt freute sich, dass das Spießbratenessen eine Art Zeichen dafür sei, wie man in der Ampel auf Landesebene arbeite: „Geschlossen, engagiert, als starkes Team im Austausch mit anderen Parteien und der Wirtschaft.“ Die Landes-Ampel habe ein festes Fundament: „Und das haben wir uns in den vergangenen neun Jahren erarbeitet, das fiel nicht vom Himmel.“
Mit dem Wahlergebnis in der USA müsse man umgehen und sich damit beschäftigen, wie man die rheinland-pfälzische Wirtschaft in ihren Beziehungen zu den USA stärke, auch mit Blick auf die militärischen Standorte. Mit dem Fokus auf gesellschaftliche Entwicklungen sagte sie: „Es geht um ein konstruktives Miteinander.“ Sie hob die Bedeutung einer funktionierenden Wirtschaft und einer guten Infrastruktur als „Herzensangelegenheit“ hervor. Schmitt erhielt reichlich Applaus für ihre engagierte Rede in „turbulenten Zeiten“, wie sie mehrfach betonte.
„ Da hätten die Berliner in Sachen Ampel mal besser nach Rheinland-Pfalz geschaut.“
Ministerin Daniela Schmitt
Fernis wünscht sich das Spießbratenessen als eine Art richtungsweisendes Modell, das alle an einen Tisch bringt und bei dem man sich gegenseitig zuhört. In den USA drehe man nun womöglich errungene Freiheitsrechte wieder zurück: „In Rheinland-Pfalz wird das nicht passieren. Dafür werde ich kämpfen.“