Der Ort Stipshausen bestand ehedem aus zwei rechtlich unabhängigen Dörfern. Im Norden das heute noch namengebende „Stiebse“, das im Jahr 1334 erstmals als Stebeshusen in Erscheinung tritt, und das im Süden gelegene Smerbach oder auch Smerlebach, das am 24. Februar 2025 seinen 700. Geburtstag feiern kann. Damals tauchte der Name erstmals urkundlich auf – den Ort dürfte es aber weitaus länger gegeben haben.
Vom 24. Februar 1325 datiert das bis heute älteste Dokument aus der Geschichte des Ortsteils. Wildgraf Friedrich von Kyrburg hatte seinerzeit den Ort in Besitz und musste sich offenbar gegen Ansprüche des Wildgrafen Heinrich von Schmidtburg zur Wehr setzen, was zu einem Schiedsspruch des Grafen Georg von Veldenz führte. Der Graf urteilte, dass Heinrich keinerlei Ansprüche an den Ort erheben dürfe, die nicht in der „Deylonge“ abgedeckt waren. Das heißt: Der Schmidtburger forderte Ertragsanteile ein, die ihm vertraglich nicht zustanden.
Was für diesen damals schmerzlich gewesen sein mag, ist für uns heute ein Glücksfall. So wissen wir um die mindestens 700-jährige Geschichte von Schmer(le)bach. Nach der Teilung der Wild- und Rheingrafschaft im Jahr 1515 kam Stebeshusen an Philipp von Dhaun, Schmerbach blieb bei Johann von Kyrburg. Rechtliche Grenze war der Kehrbach, der die beiden Orte trennte. Während das Ur-Stipshausen zum Hochgericht Rhaunen gehörte, fungierte Schmerbach als In- oder Sondergericht innerhalb des Hochgerichtes. Hier herrschte eine eigene Rechtsprechung und eine vom Hochgericht unabhängige Zugehörigkeit. Schmerbach gehörte zum Amt Wildenburg und hatte mit Asbach ein gemeinsames Weistum, wo die Rechtsfragen der beiden Orte festgeschrieben waren.

Jacob Grimm, der ältere der berühmten Gebrüder, hatte Anfang des 19. Jahrhunderts allerlei „Weisthümer“ gesammelt, darunter auch jenes gemeinsame für Schmerbach und Asbach, das der vielseitig interessierte Sprach- und Altertumswissenschaftler im Jahr 1840 veröffentlichte. Der auch als Märchensammler bekannte Grimm nennt interessante Details dieser Rechtsordnung. So hatte der „wildtgrauen, der daß haus Willbergk inhatt“, das Recht, „zu richten vber halß vn halßbein“. Will heißen: Der jeweilige Wildgraf, der im Besitz der Wildenburg war, hatte die Befugnis zur Verhängung der Todesstrafe. Und sollte jemand einen „marckstein“ (Grenzstein) „frevlich“ ausfahren, soll man ihn bis zum Gürtel in eine Grube eingraben. Alsdann soll man mit einem neuen, scharfen Pflug und mit vier ungezähmten Tieren über ihn hinwegfahren. Sollte der Missetäter überleben, was sehr unwahrscheinlich gewesen sein dürfte, „so soll es sein buß sein“.
Grenzbeschreibung aus dem 16. Jahrhundert
Im 16. Jahrhundert wird auch eine Grenzbeschreibung von Schmerbach niedergeschrieben: „Fanght an in Rebenhell, hat gestanden ein Mahlbaum, in demselbigen Strunck weist man meinem gnädigen Herrn ein Gericht an, aus dem Strunck in den alten Trarbacher Wegh, aus dem Wegh unter dem Trauff in den Waldt, den Trauff hin in den alten Eidtoffen, aus dem Eidtoffen in das Floß, das durch Steibshausen leift, dem Floß nach bieß in die Altebach, die Bach aussen bieß in Rebenhell da man angefangen hat.“ Diese Grenzbeschreibung deckt sich an einigen Stellen, wie dem früher von Hottenbach kommenden Trarbacher Weg und dem Weg am Schleirech entlang, noch mit der heutigen Gemarkungsgrenze von Stipshausen.
Interessant erscheint hier die Nennung der „Rebenhell“. Hat man ehedem in Schmerlebach Wein angebaut? Das erscheint nicht unmöglich. Auch in den Nachbargemeinden Rhaunen, Hausen und Bundenbach gibt es anhand alter Flurnamen entsprechende Hinweise. Einziger Unterschied: Während es in den genannten Orten stets eine Süd- oder Südwestlage ist, hat der Schmerbacher „Rämel“, wie er im Dialekt genannt wird, eine Nordwest-Ausrichtung.
1602 zählte Schmerlebach gerade mal sieben Familien
Am 30. Mai 1602 zählt man in Schmerlebach gerade mal sieben Familien. Das benachbarte Stipshausen war in jener Zeit doppelt so groß. Zwei wild- und rheingräfliche Bannmühlen sicherten der Herrschaft zusätzliche Einnahmen, waren die Bewohner doch verpflichtet, ausschließlich dort ihr Korn zu Mehl mahlen zu lassen. Alten Überlieferungen zufolge stand die Zehntscheune bei der kleineren der beiden Bannmühlen, die wir heute als Gerwertsmühle kennen.
Nach dem Tod des Wild- und Rheingrafen Karl von Dhaun führte dessen Witwe Louise fortan die Amtsgeschäfte. Als Pfand übernahm sie auch das Amt Wildenburg von Rheingraf Karl-Magnus. Damit war sie Herrin über ganz Stiebse, wäre da nicht der viertel Anteil von Kurtrier am Hochgericht gewesen. Louise erließ nicht nur Zunftordnungen für Bäcker und Müller, sie entließ auch die Stipshausener Untertanen aus dem Mühlenbann.
Das Geschäft wollten sich nun die Trierer sichern, die ihrerseits über eine Mühle auf den Hottenbacher Mühlen zu gebieten hatten. Im Jahr 1737 „wille Churtrier die Stipshäußer Hochgerichts Unterthanen zu dern ohnweit Hottenbach gelegenen Churtrierischen Mühle bannen: Allein das Ertzstifft konnte, ohnegeachtet Verschiedene strafbefehle an die Unterthanen erlassen wurden, solchen bann nicht zuestand bringen, sondern bemeldte Unterthanen behaupteten sich mit Dhaunischer Hülfe in der Mahl freyheit“.
Zu einschneidenden Umwälzungen kam es im Zusammenhang mit der Französischen Revolution. Der völlig verschuldete Fürst Friedrich III. von Salm-Kyrburg führte einen aufwendigen Lebensstil in Kirn und in Paris. Aus Sorge die Republik könne auch ihn hinwegfegen, biederte er sich den Pariser Revolutionären an und erklärte am 2. Dezember 1792 vor dem Konvent, er erkenne die Volkssouveränität an und nenne seine Untertanen nun Mitbürger und Freunde. Ein paar Tage später, am 14. Dezember 1792, entließ er das Oberamt Kyrburg und damit auch die „Freunde“ in Schmerlebach aus der Leibeigenschaft. Eine Entscheidung, die das Reichskammergericht, das höchste Gericht des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, umgehend revidierte. Freie Menschen waren die Stiebser, diesseits und jenseits des trennenden Kehrbaches, erst, als sich die französische Administration im besetzten Rheinland etabliert hatte.
Ende 1798 lebten im „vereinigten“ Stipshausen 196 Einwohner
An der Stelle drängt sich die Frage auf: Wann wurden Stebeshusen und Schmerlebach eine kommunale Einheit? Vermutlich war es, als die Franzosen den Kanton Rhaunen gründeten, zu dem 36 Gemeinden rund um den Idarwald zusammengefasst wurden. Nach der neuen revolutionären Zeitrechnung wurde am 20. Germinal VII (das war der 9. April 1798) die Verwaltung für die Munizipalität in ihr Amt eingeführt. Das mag der Stichtag gewesen sein, als in Stipshausen zusammenwuchs, was zusammengehört. Zumindest wurde die Allodialschätzung zum salm-kyrburgischen Besitz für das Jahr 1797 noch separat für das Ingericht Stipshausen (Schmerlebach) ausgewiesen. Ende April 1798 zählte man im „vereinigten“ Stipshausen 196 Einwohner.

Was ist, außer der Erinnerung, dass es Schmerlebach einmal gegeben hat, in Stipshausen vom früheren Ort erhalten geblieben? Wie so oft spielt hier ein Flurname eine entscheidende Rolle: Im preußischen Urkataster, das für Stipshausen ab 1829/30 angelegt wurde, heißt der südwestliche Ortsteil „Stipshausen im Henggericht“. Hierbei kann man noch deutlich erkennen, dass das frühere Ingericht für den Namen Pate gestanden hat. In der Flurkarte des Jahres 1910 ist das „t“ verschwunden. Nun heißt es nur noch „Stipshausen im Hengerich.“ Für das „königlich-preußische Katasteramt zu Berncastel“ war das Ingericht Stipshausen wohl schon im Dunkel der Geschichte verschwunden. Dabei blieb es auch bei der Neufassung der Flurkarte 1961 – Stipshausen im Henggerich heißt es nun. Bei diesem Flurnamen ist es bis heute geblieben.
Gab es ein Kloster Schmerlebach?
In alten Erzählungen taucht immer wieder ein Kloster bei Stipshausen auf. Einmal soll es mit der Heilig-Geist-Kapelle im Idarwald in Verbindung stehen, ein anderes Mal wird die Nähe zur Gerwertsmühle ins Gespräch gebracht. So will Peter Schwenk während seiner Militärzeit im Jahr 1848 in Saarlouis eine Nachricht gefunden haben, wonach unten im Tal das Kloster Schmergelbach gestanden habe. Das hat Abraham Kessler niedergeschrieben, der von 1882 bis 1894 als Lehrer in Stipshausen tätig war. Weiter heißt es: „Die eine der beiden Nonnen in dem Kloster ‚Schmergelbach‘ hat, wie genannter Schwenk gelesen hat, eine Reise nach Mainz unternommen. Als sie nun nicht mehr rückkehrte, ist die andere aus Gram gestorben.“ Allerdings gab es in Unterfranken bei Hösbach in der Diözese Würzburg ein Nonnenkloster mit Namen Schmerlenbach.
Als Stiebser und Schmerlebacher sich zofften
Erik Zimmermann hat in seinem Buch zur Geschichte der evangelischen Gemeinden Hottenbach und Stipshausen eine kuriose Geschichte aufgegriffen. Es geht um die Besetzung der Pfarrstelle der Stiebser Kirche, zu der auch die Schmerlebacher gepfarrt waren. Während den Stipshausener Angehörigen des Hochgerichtes Rhaunen befohlen wurde, den im Juli 1752 vom Trierer Erzbischofs eingesetzten Hottenbacher Pfarrer Johann Christian Simon als Pfarrer zu akzeptieren, wurde dies den Schmerlebacher von ihrer Herrschaft verboten. Nicht genug, dass es konfessionelle Streitigkeiten zwischen Katholiken und Protestanten gegeben hat, wurde damit auch ein Keil in die protestantische Pfarrgemeinde getrieben. Da verschlossen oder blockierten die Schmerlebacher schon mal die Kirchentür, sodass der Pfarrer nicht in die Kirche kam. Oder sie ließen Simon, von Hottenbach kommend, erst gar nicht über Schmerlebacher Gemarkung reiten. Dass ausgerechnet ein katholischer Bischof einen evangelischen Pfarrer einsetzen konnte, hat mit dem herrschaftlichen Kollaturrecht zu tun, dem Recht der Gemeinde, den Pfarrer zu präsentieren.