Das hätte dem verstorbenen Hans-Dieter Krieger gefallen: Bei hochsommerlichen Temperaturen gestalteten die Bachwagge und die Speedbottles am Freitagabend einen gemeinsamen Open-Air-Konzertabend auf dem Schleiferplatz. Beide sind Kulturpreisträger der Stadt Idar-Oberstein und feierten mit dem Doppelkonzert ihr 20-jähriges Bestehen. Entstanden ist die Idee, als die „Bottles“ (zu Deutsch: Flaschen) beim Neujahrsempfang der Stadt im Januar den Preis überreicht bekamen, den die Bachwagge (auf Englisch: Rolling Stones) 2020 entgegennahmen. Und obwohl die Musik unterschiedlicher nicht sein kann: Das Experiment ist geglückt!
Es wurde getanzt, mitgesungen und geschunkelt. Und auch als die Speedbottles im zweiten Teil des Abends mit ihrem Hochgeschwindigkeits-Gitarren-Rock’n’Roll übernahmen, gab es keine unkontrollierten Fluchtbewegungen. Im Gegenteil: Die etwas älteren Bachwagge-Fans blieben brav sitzen und wippten sogar mit den Füßen mit. Nur der ein oder andere suchte einen Platz ein wenig weiter hinten oder schob sich vorsichtshalber ein zusammengeknäueltes Tempo in die Gehörgänge. Sebastian „Sebbie“ Groß’ Befürchtung „Eesch glaab, mir spiele loo de Platz leer“, bewahrheitete sich nicht.

Das hing wohl auch damit zusammen, dass die älteste Boyband der Welt und die erfolgreichste Live-Rockband der Stadt einen Wahnsinnsübergang hinlegten, indem sie den Bachwagge-Klassiker „Reimanns Karl“ gemeinsam performten, er ging vom gemeinsamen a-Capella-Gesang in einen wilden Rocksong über. Am Ende ihres Konzerts griffen die Bottles das Thema erneut auf und jammten minutenlang: „Reimanns Karl is dead“ – bevor die Bachwagge, die ebenfalls brav ausgeharrt hatten, erneut auf die Bühne kamen, in ihren Signaturesong erneut mit einstimmten, um sich schließlich bei ihren Bühnenpartnern überschwänglich zu bedanken. Das beruhte auf Gegenseitigkeit, die auf eine Gegeneinladung hinauslief: „Nachdem wir jetzt in Eurem Hood (zu Deutsch: in Eurem Viertel, gemeint war der Schleiferplatz) gespielt haben, laden wir Euch zum Gegenbesuch in unsere Stammkneipe beim Shorty in Bärenbach ein“, übermittelten Sebastian Groß und Thomas Jurgies den Bachwagge. Man darf also gespannt sein, das Kapitel „Speedwagge“ ist noch nicht zu Ende geschrieben!

Es war ein Abend der Emotionen. Denn Sänger Groß, die Gitarristen Jurgies, David von Berg, David Gemmel und Adrian Gemmel an den Drums verabschiedeten sich nach zwölf gemeinsamen Jahren von ihrem Bassisten Simon Seul. Der junge Familienvater, der an diesem Abend bei „Reimanns Karl“ das Gesangsmikro übernahm, will künftig ein wenig kürzertreten und eigenen Projekten nachgehen. Auch die Auftritte der Bachwagge sind seit ein paar Monaten nicht ohne Wehmut, verstarben doch mit Bernd Cullmann und Hans-Dieter Krieger zwei wichtige Mitglieder und Sänger.
Doch auch so ließen die Sänger um Chorleiter Gerhard Busch es sich nicht nehmen, trotz schweißtreibender Temperaturen zum Beginn des Doppelkonzerts zwei Stunden lang (mit einer kurzen Pause) ihre Mundartlieder in Idarer Platt, alte Schlager und Gassenhauer darzubieten - sehr zum Gefallen ihres treuen Publikums. „Musik ist Trumpf“, der Titelsong von Peter Frankenfelds Musiksendung aus einer Zeit, als es die Bottles-Mitglieder noch gar nicht gab, durfte da nicht fehlen. „Singen verbindet“, sagte Moderator und Sänger Michael Thiel. Eine andere Zeile eines Bachwagge-Liedes unterschreiben auch die jungen Rocker aus dem Daal: „Was kann’s Schöneres geben, als Musikant zu sein?“ Am Ende gab es viel Applaus für Busch, Thiel, Wolfgang Schapperth, Manfred Baumhardt, Peter Bohrer, Hans Müller und Reiner Pick. Zugaben wurden gefordert und natürlich auch gespielt.
Das Doppelkonzert wurde unterstützt von der Stadtverwaltung und City Mood sowie den beiden Anliegergaststätten Brasserie und Brauhaus, die Getränke- und Essensstände aufgebaut hatten, und dem Weinhaus Stüber. Am Ende waren sich alle einig: Solche Initiativen sollte es öfter geben.