Idar-Oberstein – Seit dem Sommer dieses Jahres haben Zweijährige einen Rechtsanspruch auf einen Platz in einer Kindertagesstätte, der allerdings bislang nicht immer eingelöst werden kann. Von Jahr 2013 an wird dieser Rechtsanspruch auf einjährige Kinder ausgeweitet. Das stellt nicht nur die Träger vor große organisatorische, räumliche und personelle Herausforderungen, sondern auch die pädagogischen Fachkräfte sind mit ganz neuen Aufgaben konfrontiert, auf die sie in ihrer Ausbildung nur völlig unzureichend vorbereitet wurden. Zu einer vom Jugendamt Idar-Oberstein organisierten Fachtagung mit dem Titel „Das Beste für die Jüngsten“ kamen rund 150 Erzieherinnen aus dem Kreisgebiet, dem Hunsrück, von der Mosel, den Kreisen Bad Kreuznach und Kusel sowie Vertreter von Kita-Trägern, um über die veränderten Bedingungen und deren Konsequenzen zu sprechen.
Xenia Roth, Referentin für Kindertagesbetreuung des rheinland-pfälzischen Ministeriums für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur, berichtete über den Ausbau der Kita-Plätze, der im Zuge der verbindlichen Aufnahme von Zweijährigen notwendig geworden war. Trotz erheblicher Bemühungen könnten derzeit noch nicht die gesamte Nachfrage befriedigt werden, wobei es dabei erhebliche regionale Unterschiede gebe. Idar-Oberstein und der Kreis Birkenfeld würden sich in dieser Hinsicht im Mittelfeld bewegen, erläuterte Xenia Roth.
Auf einen drohenden Mangel an qualifizierten Fachkräften wies Professor Dr. Daniela Braun von der Fachhochschule hin, in den kommenden Jahren würden mehr Erzieherinnen aus dem Dienst ausscheiden als Nachwuchs rekrutiert werden könne. Gleichzeitig würden die Anforderungen an die Kita-Pädagogik steigen, da die Zusammensetzung der Kindern im Hinblick auf Alter, sozialer Herkunft und kulturellem Hintergrund deutlich heterogener werden werde. Einerseits würde das frühere Eintrittsalter große Entwicklungschancen für die Kinder beinhalten, etwa im Hinblick auf Selbstständigkeit. Andererseits sei es gerade dann notwendig, auch auf die Älteren verstärkt zu achten, da die Kleinsten naturgemäß am meisten Aufmerksamkeit beanspruchen würden. In vielen Punkten sei ein grundlegendes Umdenken für die pädagogischen Fachkräfte notwendig. „So gelten etwa nicht mehr alle Regeln für alle Kinder“, nannte sie ein Beispiel, wie etwa durch die stärkere Altersmischung bislang eherne Regeln des Kindergartenalltags in Frage gestellt würden.
Auch Dieter Schmidt, Leiter des Jugendamtes Idar-Oberstein, sieht einen bedrohlichen Fachkräftemangel auf die Kitas zukommen. „Im Hinblick auf die demografische Entwicklung haben viele im Erzieherberuf keine Zukunft mehr gesehen. Hinzu kam, dass die Ausbildungszeit auf insgesamt fünf Jahre verlängert wurde“, erklärt er. „Aber jetzt ist der Bedarf durch die Vermehrung von Ganztagsplätzen und die Öffnung für neue Altergruppen gewachsen.“ Hinzu kommt eine mangelhafte Ausstattung der Kindergärten für die neuen Anforderungen. „Die zusätzlich zur Verfügung gestellten Bundesmittel reichen bei weitem nicht aus, um die Kindertagesstätten so auszugestalten, dass Zweijährige und bald auch Einjährige wirklich optimal betreut werden können“, befürchtet Sabine Dalheimer-Mayer, Kita-Fachberaterin der Kirchenkreise Birkenfeld, Trier und Simmern-Trarbach. Jörg Staiber